Hygiene und der Nichtdampferschutz

Fachgeschäft für Ehehygiene… DAS schießt mir immer durch den Kopf, wenn ich von der Innenraumhygienekommission höre. Wer nicht weiß, was ein Fachgeschäft für Ehehygiene ist… nun… da kann man Zubehör und Spielzeug und so’n Kram… so für „das eheliche Beiwohnen“ (kann man auch für das nicht-eheliche Beiwohnen benutzen… aber eigentlich soll es für Abwechslung und Freude beim ehelichen Sex sorgen… also daher der Name) erwerben… der Gürtel des Sternbildes Orion ist nach einer dieser Fachgeschäftsketten benannt. Bin sicher das die Shops schon da waren, bevor die Sterne geboren wurden.

Na aber nun mal Spaß beiseite… es ist nämlich nicht spaßig, um was es im Folgenden geht.

Ist ja schon ein paar Tage her, dass die Meldung über die Stellungnahme der Innenraumhygienekommission durch das Web geisterte. Ich will das auch nicht einfach nur aufwärmen, sondern ein wenig den Irrsinn dieser Forderung anhand eines Beispiels aus der Argumentation aufzeigen. Und ich gebe zu bedenken… wenn der Gesetzgeber der Empfehlung folgt und das Dampfen in das Bundesnichtraucherschutzgesetz aufnimmt, dann hat das unangenehme Nebeneffekte für die Sache des E-Dampfens. Einmal kann es zu einer Steilvorlage für die Raucherschutzgesetzgebung der einzelnen Bundesländer werden (die gerichtliche Watsch’n, die es ja einmal gab, bezog sich doch nur darauf, dass das Dampfen mit dem Rauchen in einem solchen Gesetz gleichgestellt wurde… aber es ist den Ländern durchaus möglich ein Dampfverbot in eigenen Paragraphen neu einzubauen… sie müssen halt nur die Gleichsetzung mit dem Rauchen vermeiden)… und dann kommt als weiterer mieser Faktor dazu, dass in einem weiteren Gesetz das E-Dampfen in EINE Schublade mit dem Tabakrauchen geworfen wird… es wird wieder ein Stück „Nähe“ mehr hergestellt, die uns den Kampf für den freien Dampf weiter erschwert.

In der Empfehlung der EhehygieneInnenraumhygienekommission steht

Darüber hinaus lag nach zweistündigem E-Zigaretten-Gebrauch Propylenglykol in der Raumluft in einer Konzentration vor, die den vorläufigen Richtwert I (RW I) von 0,07 mg/m³ um etwa das Dreifache überschritt. Aus Gründen der Vorsorge sollte dies vermieden werden.

Quelle: https://link.springer.com…

Das ist also eins der Argumente dafür, dass Nichtraucher vor dem bösen Dampf der E-Dampfer mittels eines Bundesgesetzes geschützt werden müssen. Sie beziehen sich da auf „vorläufige Richtwerte“ für Propylenglykol (PG)… das klingt wichtig… das klingt so, als gäbe es sowas wie Grenzwerte, ab denen einen PG umbringen könnte… Richtwerte… und die schauen wir uns jetzt mal an.

Die vorläufige Festsetzung der Richtwerte I und II für PG datiert aus dem Jahr 2013. Seitdem ist es offensichtlich NICHT gelungen, PG eine gesundheitsgefährdende Wirkung nachzuweisen, ansonsten wären tatsächliche Richtwerte festgelegt worden.

Das verwundert nicht, wenn man sich einmal folgenden WAHNSINN vor Augen führt:

Als Richtwert I für PG wurde der Wert von 0.07 mg/m3 festgelegt. Richtwert I wird als Vorsorgerichtwert bezeichnet und beschreibt die Konzentration eines Stoffes in der Innenraumluft, bei der bei einer Einzelstoffbetrachtung nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch dann keine gesundheitliche Beeinträchtigung zu erwarten ist, wenn ein Mensch diesem Stoff lebenslang ausgesetzt ist.

Als Richtwert II für PG wurde der Wert von 0.7 mg/m3 festgelegt. Richtwert II stellt die Konzentration eines Stoffes dar, bei deren Erreichen beziehungsweise Überschreiten unverzüglich zu handeln ist, um Gesundheitsschäden zu vermeiden.

Argument für die Empfehlung war übrigens Richtwert I!

Nun nehmen wir einmal ein weiteres Beispiel… sogar für einen Richtwert, der bereits festgelegt WURDE. Paukentrommeln! Blechplattenscheppern! Es ist Gewitter! Die Beleuchtung wird gedimmt!

F O R M A L D E H Y D ! ! !

Formaldehyd ist jetzt kein „Obstwässerchen“, sondern eine sehr unangenehme und giftige (selbst in geringeren Konzentrationen), sowie ätzende Substanz. Mit dem Zeug ist nicht zu spaßen! Außerdem ist es als „wahrscheinlich karzinogen“ eingestuft.
Weil das Zeug also recht brisant ist, gibt es auch einen netten Strauß an H- und P-Sätzen dafür (also Maßnahmen, zum Schutz): H: 301+311+331​‐​314​‐​317​‐​335​‐​341​‐​350​‐​370 / P: 201​‐​260​‐​280​‐​301+310​‐​330​‐​303+361+353​‐​304+340​‐​310​‐​305+351+338​‐​308+310​‐​403+233 und auf dem Pülleken (oder Kanistern oder Tanks oder Sonstewas) sind Gefahrstoffkennzeichen festgelegt… nämlich diese hier:

Jetzt schauen wir mal, was die Innenraumluftpfleger so festgelegt haben… für Formaldehyd…

Richtwert I ist 0.1 mg/m3. Nein, ich bin nicht mit dem Dezimalpunkt verrutscht! Null-Komma-Eins ist richtig! Das bedeutet, nach Ansicht der Luftverbesserer im Auftrag des Königs darf man in einem Raum 1.43mal so viel Formaldehyd haben, als PG, damit man keinem Risiko ausgesetzt ist. PG ist also knapp anderthalbfach gefährlicher als Formaldehyd. Alles klar… da würde es sich doch anbieten, Formaldehyd auch als Lebensmittelzusatzstoff zuzulassen, wie es bei PG der Fall ist.

Richtwert II… hmmm… also auf einen Richtwert II konnten sich die Luftfilter nicht einigen… also sie konnten sich nicht festlegen… weil das… ääääh… schwierig ist. Für den Richtwert I hat man ein wenig mit einem anderen Wert herumgerechnet, seltsame Faktoren genommen… und ist auf die 0.1 mg/m3 gekommen. Der herangezogene Wert ist der NOAEL (NOAEC) und die höchste Dosis, bei der keine schädlichen (toxischen) Befunde beobachtet werden. NOAEL / NOAEC = No observed adverse effect level / concentration. Im Anlehnung der Einschätzung der WHO (unsere guuuuten Freunde) geht man von einem NOAEC von 0.63 mg/m3 aus… also einem Wert, der ungefähr dem des Richtwerts II für PG entspricht. PG ist also quasi genau so tödlich, wie Formaldehyd. Nun wissen wir mal bescheid.

Was übrigens die Kennzeichnungspflicht für Gefahrstoffe anbelangt… der Antrag, dies auch für PG vorzuschreiben ist ja gerade erst von der ECHA abgelehnt worden (https://echa.europa.eu/documents/10162/22867731/annex_rac_seac_en.pdf/b18b01c2-7016-f0c8-fdf5-26584ed63f93) … also die meinen, da braucht es KEINE Zeichen (vergleicht mal mit Formaldehyd, bitte).

Ach… Formaldehyd hat übrigens einen MAK-Wert (den PG nicht hat, weil es als unbedenklich angesehen wird), der bei 0.37 mg/ml liegt… also fast 5.3x höher, als der vorläufige Richtwert I für PG.

Was kann man also mit diesen beiden Richtwerten (I und II) für PG machen… nun, wenn ich unhöflich wäre, dann würde ich mir einen Verantwortlichen des Umweltbundesamtes schnappen und ihm die Richtwerte rektal einverleiben, bis sie am Zäpfchen kitzeln. Weil ich aber nicht unhöflich bin (also meistens), sage ich, den können sie sich mal an den Hut stecken!

Ein vollkommen realitätsferner und willkürlicher, sowie keinem Vergleich statthaltender Wert wird als ARGUMENT genommen, wenn die Luftpolierer fordern, der Konsum von E-Zigaretten solle unbedingt ins Bundesnichtraucherschutzgesetz aufgenommen werden. Abgesehen davon, dass es eh keine Passivdampfgefahr für Dritte gibt.

BTW: Die Gruppe, die die vorläufigen Richtwerte festgelegt hat und die LuftsauberFrauenMänner teilen sich übrigens ein Bett (wo wir wieder bei der Ehehygiene angekommen wären)… das ist nämlich alles irgendwie ein und dieselbe Suppe in der Terrine, die sich Umweltbundesamt nennt. Sie haben sich also quasi selbst Werte als Argument ausgedacht, mit denen sie ihre Empfehlung begründen. Cool!

Da aber zu befürchten ist, dass das Umweltbundesamt sein Gewicht bei der Gesetzgebung in die Waagschale werfen wird, wo schon die dicken Goldmünzen der Pharmalobby liegen, ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Mist vielleicht doch in die Gesetzesrolle gekritzelt wird. Dagegen müssen wir uns irgendwie wehren!

 

 

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2 Antworten zu „Hygiene und der Nichtdampferschutz“

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