Das „E“ und eine kleine Geschichtsstunde

E-Zigarette“ liest und hört man überall (obwohl das eine umgangssprachlich falsche Bezeichnung für „E-Dampfgerät“ ist). Wofür steht das „E“?

Nun, generell handelt es sich bei einem solchen Gerät um einen Liquidverdampfer (Liquidvernebler), der mit elektrischer Energie betrieben wird (die elektrische Energie wird in Wärmeenergie umgewandelt, die letztlich das Vernebeln verursacht). Vor ein paar Jahren, als die Dampferei noch jung und „unverdorben“ war, sprachen die meisten auch von „elektrischer Zigarette“. Weil jedoch unsere Muttersprache eh nicht mehr wirklich wichtig zu sein scheint und viele Wendungen nach und nach verschleifen, wurde nach und nach immer öfter auch(!) von „elektronischer“ Zigarette gesprochen. Das mag auch(!) dem Umstand geschuldet sein, dass immer mehr E-Dampfgeräte mit verbauter Elektronik auf dem Markt erschienen und die Geräte ohne verbaute Elektronik ein wenig in den Hintergrund gedrängt haben. Aber auch eine E-Dampfe mit eingebauter Elektronik ist natürlich eine „elektrische“ Zigarette, denn es geht (s. o.) dabei um die Energie, die zum Vernebeln zum Einsatz kommt.

Wäre das „elektronisch“ wörtlich zu nehmen, dann würden ja theoretisch alle „nicht-elektronischen“ Dampfgeräte gar nicht in der Diskussion sein. Ist natürlich Quatsch.

Der falsche Sprachgebrauch hat es sogar geschafft, in die gesetzlichen Regelungen Einzug zu halten. So steht im Artikel 2 Nr. 16 Richtlinie 2014/40/EU (TPD2) „elektronische Zigarette“. Nun mag man auf die Idee kommen, das sei vielleicht ein Übersetzungsfehler (soll ja vorkommen, wenn jemand, der eigentlich guter Übersetzer ist, Texte zu einer Thematik übersetzt, von der er aber keine Ahnung hat). Ist aber nicht so…

Im französischen Text steht

«cigarette électronique» und NICHT «cigarette électrique»

… im englischen Text steht

‘electronic cigarette’ und NICHT ‘electrical cigarette’

… und im spanischen Text steht

«cigarrillo electrónico» und NICHT «cigarrillo eléctrico»

Da wurde also kein Übersetzungsfehler begangen, sondern ein begrifflicher Fehler. DER wird aber in der Definition sofort wieder ausgemerzt:

„…ein Erzeugnis, das zum Konsum nikotinhaltigen Dampfes mittels eines Mundstücks verwendet werden kann…“

Keine Rede mehr von „Elektronik“. Auch ein Dampfgerät, das ohne Elektronik daherkommt, fällt unter diese Definition und wird damit sprachlich zu einer „elektronischen“ Zigarette.

Wenn man jetzt Krümel kackt… und ein Gerät entwickelt, das mit kleinen glühenden Kohlen im Verdampfersockel das Liquid zum Verdampfen bringt, das man dann durch ein Mundstück inhalieren kann… ja dann würde nach dieser Definition sogar dieses Gerät (ganz ohne Elektronik und Elektrik, nur mit fossilen Brennstoffen) auch als „elektronische“ Zigarette angesehen werden.

Ok… ist jetzt Blödsinn (aber wenn man es genau nimmt, wäre es so)…

Und genau diesen Begriff hat man z. B. in Deutschland – unter Verweis auf diese Definition – in die Gesetze und Verordnungen übernommen. Findet man in §§ 13ff TabakerzG, Abschnitt 2 (§§ 24ff) TabakerzV und im § 10 JuSchG.

So ist klar… spricht man von einer „elektronischen“ Zigarette, ist ein mit elektrischer Energie betriebenes Gerät, also eher eine „elektrische“ Zigarette gemeint. Darunter fallen alle Geräte mit verbauter Elektronik, aber auch Geräte ohne eingebaute Elektronik.
Auch ungeregelte, rein mechanische E-Dampfgeräte sind also im Sinne der Definition (und des Sprachgebrauchs) „E-Zigaretten“ bzw. „elektronische“ Zigaretten.
Nun mal ein wenig zur Geschichte…

Was international mit dem Start der Vermarktung der E-Dampfgeräte auf den Markt kam, war ein ausgesprochen überschaubares Warenangebot. Es handelte sich um kleine, dünne Geräte, die von wenigen (meist) asiatischen Herstellern vermarktet wurden. Die meisten kamen mit einer Elektronik daher (z. B. um die Spannung des i. d. R. fest verbauten Akkus zu regeln, die affige „Glut-Leuchtdiode“ – falls vorhanden – anzusteuern und um den Strom mittels eines Unterdruckschalters beim Ziehen zu schalten). Das waren jetzt keine hoch komplizierten Schaltungen… aber es war schon Elektronik.

Die Geräte waren schwer zu bekommen, seinerzeit vergleichsweise teuer… was dazu führte, dass sich viele „Jungdampfer“ Gedanken darüber machten, wie sie an solch ein Gerät kommen könnten… und wie sie ggf. die Kosten dämpfen konnten. So gab es viele „Pioniere“, die sich die Energieversorgung (und bald auch einen selbst bestückbaren Verdampfer… aber das ist ein anderes Thema) selbst bauten. Einen Unterdruck-Schalter einzubauen… nun, das war für die Heimwerkstatt eher schwer lösbar… aber auch nicht wirklich notwendig. Da die Verdampfer (aufgrund der Tatsache, dass sie nahezu ausschließlich mit Kanthal- oder auch mal NiCr-Heizdrähten betrieben wurden) auf eine Spannung so zwischen 3.2 und 3.7 Volt ausgelegt waren, lag die Verwendung von Industrieakkus nahe. Auf eine Regelung wurde aber verzichtet (sowas wurde später durch „missbrauchte“ Regelmodule nachgerüstet… aber war eher selten)… es waren rein mechanische und ungeregelte Geräte. Gab da tolle Sachen… nicht nur Boxen… schaut mal bei Philgoods älteren Videos rein… da findet Ihr einen Selbstbau, der aus einer Gewürzdose (Aromat oder sowas) besteht.

Und dann gab es (weltweit) begnadete Bastler oder gar Leute vom Fach, die solche Akkuträger etwas professioneller designten und herstellten (nicht jeder hat ne Drehmaschine im Keller). Die Dinger sahen dann schon eher so aus, wie die E-Dampfgeräte, die wir heute kennen. Sie waren stabil und zuverlässig… und etliche diese Tüftler haben das dann zu ihrem Geschäft gemacht. So entstanden die ersten E-Dampfschmieden.

Es kamen dann auch andere Leute auf den Trichter, solche Geräte mit einer Elektronik zu versehen (die Lavatube… die Provari… und nach und nach mehr), welche die Spannung stabil hielten oder diese sogar einstellbar machten. Dazu wurden entweder vorhandene Module umgebastelt oder einfache Schaltungen selbst entworfen… bis dann, erst seit wenigen Jahren, die ganze moderne Elektronik Einzug hielt.

Aber über viele Jahre war eine „E-Zigarette“ (wenn es denn keine Cigalike oder ein Kombigerät aus Chinopsien war) ein Dingen ohne Elektronik… aber trotzdem eine „E-Zigarette“. Ohne diese Tüftler (damals war das echt noch mit Gefahren verbunden… heute sind mechanische AT deutlich sicherer) gäbe es die E-Dampferei in der Form, wie wir sie heute kennen, wohl noch nicht.
Als Fazit nochmal: Auch ungeregelte, mechanische E-Dampfgeräte sind „E-Zigaretten“ (wenn man sie denn unbedingt so nennen mag)… und sie sind genauso ungefährlich, wie „tragbare Dampfcomputer“, sofern man nicht irgendwelchen Scheiß damit veranstaltet.

Die Leute, die solche Geräte verwenden sind auch keine „Freaks“ oder verrückte Bastler… und auch ein blutiger Anfänger kann solche Geräte verwenden, ohne sich die Gliedmaßen wegzusprengen. Es passiert im echten Leben auch kaum mal ein Unfall mit E-Dampfgeräten… das scheint nur so, weil solche Vorfälle wie irre überall veröffentlicht und dann noch durch uns selbst – ebenfalls wie irre – geteilt werden. Ein gutes Beispiel ist meine „Zahnzählung„… die mit sieben Zähnen anfing… und durch die verschiedenen Medien jetzt weit über hundert Zähnen liegt. 😉

 


*** UPDATE ***

Was das „E“ anbelangt gab es einen schönen Kommentar von „Brummer“ in der Dampfer-Mischpoche, den ich hier mit seiner Genehmigung anhänge:

Einspruch, jetzt werden wir mal pingelig.
Man erkennt eindeutig, dass die Macher solcher Gesetze wahllos etwas übernommen haben
(einen Begriff von Herstellern und Händlern, die Zigarettenraucher ansprechen wollten),
ohne sich fachlich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
In der Fachsprache steht das „E“ weder für elektronisch, noch für elektrisch.
Wenn erwas elektrisch wäre, würden man bei Berührung ugs. einen gewischt bekommen,
mit entsprechender elektr. Spannung einen Stromschlag.
„E“ wird für „Elektro“ verwendet. Beispiele:
E-Motor = Elektromotor
E-Bike = Elektrobike
E-Auto = Elektroauto
Umgangssprach ist das ja alles o.k., von Gesetzestexten erwarte jedoch eine korrekte
Bezeichnung ( unabhängig von „Zigarette“).

4 Antworten zu „Das „E“ und eine kleine Geschichtsstunde“

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