Keine Panik auf der Tita… äääh… dem „Dampfer“!

Es geistert eine Meldung durch die Medien (bislang nicht in den wirklichen MSM), die mit einigen Fehlinterpretationen einhergeht… es geht um W E R B U N G.

Da hat es Ende März eine Influencerin bei Instagram (und mit eigenem „Blog“) erwischt… sie bekam eine Abmahnung von einem Wettbewerbshüterundbeschützerverband, sollte knapp 180 Öre zahlen und eine Unterlassungserklärung unterzeichnen.

Vorgeworfen wurden ihr Verstöße gegen § 5a VI UWG und § 6 I TMG.

Das wollte sie nicht auf sich sitzen lassen und drum hat sie sich gewehrt. Die Geschichte landete beim Landgericht Berlin und dort hat sie eine einstweilige Verfügung „kassiert“. Das war schon Ende Mai, aber jetzt haben einige Medien das Thema erst aufgegriffen und verwurstet. Aufmerksam wurde ich durch einen Blogbeitrag von Henning Uhle, der wohl auch erst durch die Meldungen mit den Titeln (ein paar Beispiele) „Der Fall Vreni Frost – Müssen wir bald jedes Bild auf Instagram kennzeichnen?“ [1], „Urteil gegen Bloggerin Muss jetzt jeder seine Instagram-Posts als Werbung markieren?“ [2], „Transparenz im Influencer Marketing: Wenn die Kennzeichnungspflicht ad adsurdum geführt wird“ [3], „Gefährliches Instagram-Urteil: Ihr macht unser Internet kaputt“ [4], „Absurdes Instagram-Urteil: Wenn Juristen das Internet nicht verstehen“ [5] , auf den Fall aufmerksam wurde.

Da Henning E-Dampfer ist und aus diesem Grund in seinem Beitrag auch ein Beispiel aus der E-Dampf-Welt brachte, war mein Interesse geweckt. Aus den Veröffentlichungen zu der Sache hat er wohl gefolgert, dass da was schief gelaufen sein müsste und dass das Urteil jetzt bedeuten würde, jeder Hashtag mit dem Namen eines Marktteilnehmers (unabhängig von der Branche) sei nun „Werbung“ und müsse als solche gekennzeichnet werden, ansonsten wäre es unlauterer Wettbewerb.

Diese Fehlinterpretation kann man ihm auch nicht übel nehmen, denn die vereinzelten Pressemeldungen zeichneten eben genau dieses Bild… und in seinem Beispiel vermutete er nun, dass er in einem Blogpost womöglich keinen Hersteller eines Dampfgeräts, dass er sich gekauft hat und das er toll findet, nennen dürfe, ohne das als Werbung zu kennzeichnen (und dann dürfe er das wieder nicht, weil ja Produktwerbung für E-Dampf-Artikel generell verboten ist).

Na… und so habe ich angefangen, zu suchen, um mal die Verfügung und vor allem die Begründung nachlesen zu können. Auf meine Nachfrage hat mir Henning einen Tipp gegeben und so konnte ich mal in das Urteil reinschauen… und ich kann ENTWARNUNG geben. Die Medien, die dem Gericht Ahnungslosigkeit unterstellt haben und die Falschmeldung, jeder Hashtag eines Marktteilnehmers sei nun Werbung, haben die Verfügung wohl nicht richtig gelesen oder es fehlte ihnen der juristische Sachverstand.

Aber jetzt erstmal dazu, um was es eigentlich ging:

Die „Bloggerin“ und Instagram-Influencerin V. Frost ist… ja… na eben eine Influencerin. Sie verdient ihr Geld damit, für Produkte zu werben, geht dafür Kooperationsverträge ein und „bloggt“ Werbebeiträge (die… so ist das bei Influencern… wie Blog-Posts aussehen, aber eigentlich knallharte Werbung sind, auch wenn man das beim Lesen nicht so direkt merken mag… sie klingen eher wie Erfahrungsberichte mit Empfehlungen). Diese kennzeichnet sie allerdings auch korrekt als Werbung. Damit wäre sie auf der sicheren Seite.

Nun fiel aber dem abmahnenden Verband auf, dass sie bei Instagram drei Bilder gepostet hat, die sie als unerlaubte, weil nicht gekennzeichnete, Werbung einordneten. An den Bildern an sich war zunächst nix auszusetzen… es war halt Mode zu sehen (sie hatte ja selbstverständlich was an) und es waren Gegenstände abgebildet. Ein Klick auf das Bild blendete dann aber Hashtags ein, mit denen Klamotten und Kram mit einem Hashtag des Herstellers / Anbieters versehen wurden… und ein Klick auf diese Hashtags führte jetzt nicht dazu, dass der Interessierte eine Liste von Beiträgen präsentiert bekam, die auch mit diesem Hashtag gekennzeichnet sind (SO funktioniert das eigentlich mit Hashtags… und DAS ist auch deren SINN), sondern es führte jeweils zu der Webseite bzw. der Instagram-Seite des jeweiligen Herstellers. Und genau DAS stieß dem Verband bitter auf. [6]

Die Influencerin sah sich aber im Recht, was ich auch zunächst einmal nachvollziehen kann. Sie ist nämlich, was Werbebeiträge anbelangt, ausgesprochen gewissenhaft und kennzeichnet diese immer als „Werbung“. Sie vertrat die Meinung, das Setzen von Hashtags sei eben keine Werbung, weil sie das in den beanstandeten Fällen eben nicht im Auftrag der Hersteller getan habe und für diese Posts von diesen auch keine Entlohnung bekäme. Die (na ja… ich sag mal blöde) Ausrede war, dass sie die Hashtags nur eingefügt habe, weil sie nicht von ihren zigtausend Followern einzeln gefragt werden wollte, was das denn für ein tolles T-Shirt sei, was sie da anhabe. Deshalb ging sie gegen die Abmahnung vor und nun musste das Gericht entscheiden. [7]

Und das Gericht hat entschieden… mit eventuell weitreichenden Folgen für alle Influencer… NICHT jedoch für alle Blogger (insbesondere nicht-kommerzielle). Dass nun einige Medien daraus gemacht haben, jeder Hashtag mit dem Namen eines Marktteilnehmers sei (insbesondere bei Instagram) nun Werbung und müsse entsprechend (so überhaupt erlaubt) gekennzeichnet werden, liegt nun entweder daran, dass das Urteil entweder nicht gelesen wurde oder eben nicht verstanden. Das Gericht hat nämlich NICHT so geurteilt. Hier wurde durch die Richter, denen mangelndes Verständnis bezüglich des Internet und der Sozialen Netzwerke unterstellt wurde, sogar sehr genau differenziert. Das Gericht sagt NICHT, dass solche Hashtags grundsätzlich Werbung (konkret kommerzielle Kommunikation) sind. Im vorliegenden Fall haben sie das aber so eingestuft, weil die „Bloggerin“ eben keine Privatperson mehr ist, wenn sie auf ihren überwiegend kommerziell genutzten Plattformen etwas veröffentlicht. Die Influencerin bestreitet ihren Lebensunterhalt unter Nutzung dieser Plattformen… sie ist quasi eine Werbeagentur. Daraus macht sie auch kein Geheimnis… und nicht zuletzt hat sie ihr „Internet-Büro“ in den Räumen einer Marketing-Firma, mit der sie auch sonst wohl „verwoben“ ist.

Wenn sie nun auf einem Bild Produkte zeigt und diese mit Hashtags versieht, die auch noch auf die Internet-Präsenzen der Hersteller verweisen, so stuft das Gericht dies eben sehr wohl als kommerzielle Kommunikation ein, auch wenn sie für diesen konkreten Fall keinen Auftrag des Herstellers hat. Ihr Handeln – insbesondere durch die direkte Verlinkung – hat Werbecharakter und muss deshalb als Werbung gekennzeichnet werden. Auch das „Schlupfloch“ eines „redaktionellen Beitrags“ wurde nicht anerkannt, weil (was ja tatsächlich auch nicht anders einzuordnen ist) die Bilder nun wirklich nicht den Charakter eines redaktionellen Beitrags haben.

Kurz zusammengefasst: Wer mit seiner Internet-Präsenz nahezu ausschließlich Marketing betreibt und damit Geld verdient, der muss damit leben, dass auch Beiträge, die nicht als Werbung gedacht sind, aber mit Hashtags (vielleicht sogar noch mit Direktlink zu einem Hersteller) aus Namen von Marktteilnehmern versehen sind, den Regeln für kommerzielle Kommunikation unterfallen.

Für Blogger im Allgemeinen und für E-Dampf-Blogger (-YouTuber, -Instagramer, -Wasweißicher) bedeutet das aber, dass auch weiterhin Hashtags von Marktteilnehmern, deren direkte Nennung und auch das Verlinken dieser erlaubt ist, ohne das als Werbung zu kennzeichnen… natürlich NUR, wenn es sich nicht tatsächlich um einen Werbebeitrag (im Auftrag des und mit Vergütung vom Marktteilnehmer) handelt.

Kein Grund zur Panik!

Ach ja… eine Bitte noch: Hört damit auf, Influencer als „Blogger“ zu bezeichnen! Das sind keine Blogger, das sind schlicht Werbetreibende (was jetzt nicht negativ gemeint ist… ist halt deren Job)!

 

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[1] https://www.refinery29.de/vreni-frost-instagram-werbung-abmahnung
[2] https://www.berliner-zeitung.de/digital/urteil-gegen-bloggerin-muss-jetzt-jeder-seine-instagram-posts-als-werbung-markieren–30645568
[3] http://juvelt.com/transparenz-im-influencer-marketing-wenn-die-kennzeichnungspflicht-ad-adsurdum-gefuhrt-wird/
[4] https://www.mobilegeeks.de/artikel/gefaehrliches-instagram-urteil-ihr-macht-unser-internet-kaputt/
[5] https://www.basicthinking.de/blog/2018/06/18/absurdes-urteil-instagram-vreni-frost/
[6] https://www.neverever.me/abmahnung-verband-sozialer-wettbewerb/
[7] https://www.neverever.me/meine-abmahnung-ein-erster-zwischenstand/

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