Aufgeschnappt – Aber trotzdem…

Wie zu erwarten… die Reaktionen auf meinen Artikel „Du sollst nicht dampfen?“ waren geteilt. Zuspruch kam teilweise aus Ecken, bei denen ich nicht damit gerechnet hatte. Aber es kamen, wenn auch nicht sofort, die politisch korrekten Dampfer hervorgekrochen.

Dann liest man Aussagen wie: „Nun ist zum Glück das Nikotin der einzige Giftstoff den ich noch konsumiere.“

Was ein Blödsinn… ein bekannter Toxikologe (Toxikologie ist die Lehre von den Giftstoffen, den Vergiftungen und deren Behandlung) hat das vor gar nicht so langer Zeit sehr gut auf den Punkt gebracht… ich dachte, alle Dampfer würden die Ausarbeitung kennen. Kurz gesagt: Die Giftigkeit eines Stoffes hängt immer von der Dosis ab. Es ist wissenschaftlich nicht korrekt, von einem Giftstoff zu sprechen, ohne die toxische Dosis zu nennen [1].

Klar ist Nikotin ab einer bestimmten Dosis giftig. In der Menge, die man mit dem Dampfen zu sich nimmt, ist es aber nicht toxisch… es ist nicht giftig und in der Dosis schlicht kein Gift.

Lässt man die Dosis weg und nennt Nikotin ein Gift, dann müsste man sagen, dass man mit dem Dampfen mindestens vier Giftstoffe zu sich nimmt. Denn… Propylenglycol ist in hoher Dosis toxisch, Glycerin ebenfalls… und sogar Wasser (es droht beim Konsum größerer Mengen Wasser in relativ kurzer Zeit eine hypotone Hyperhydratation [2]… man kann daran sterben… im Volksmund nennt man das „Wasservergiftung“). Das sagt aber keiner… keiner kommt auf die Idee zu betonen, PG, VG und Wasser seien ja Giftstoffe, die man beim Dampfen inhaliert. Sagt man nicht, weils zu wenig ist, um daraus „Giftstoffe“ zu machen. Aber bei Nikotin hat die Erziehung durch Medien, Institutionen und Politik halt funktioniert. Wer sich für besonders „seriös“ hält, sagt, dass Nikotin ein Gift ist. Ich glaube, denen kann man nicht mehr helfen.

Oder es wird steif und fest behauptet, Nikotin würde „süchtig“ machen. Stimmt sogar… eine gewisse Abhängigkeit kann (muss nicht) allein durch Nikotin entstehen… vergleichbar mit der Abhängigkeit nach Koffein. Und auch wenn dann behauptet wird, es sei doch das Nikotin, was beim Tabakrauchen „süchtig“ macht, wird die Behauptung davon nicht wahrer. Die Abhängigkeit beim Tabakrauchen wird nicht vom Nikotin alleine ausgelöst, sondern von bestimmten Stoffe im Tabakrauch… sogenannten Monoaminooxidase-Hemmern (MAOH). Wirksam sind hier Harmane und Norharmane (werden in der Medizin auch als Antidepressiva eingesetzt). Diese Stoffe verhindern den Abbau der durch das Nikotin ausgeschütteten Botenstoffe Dopamin und Serotonin. Dafür kommt es dann aber zu einem schlagartigen Abbau dieser Botenstoffe, wodurch das starke Verlangen nach weiterer Nikotin-Zufuhr hervorgerufen wird. [3]

Im Dampf sind keine MAOH vorhanden. Die Anflutung und der Abbau der Botenstoffe verlaufen „flacher“ und es entsteht nicht mehr der Drang nach schnellem Nikotin-Nachschub. Die „Sucht“ ist überwunden. Wer vom Rauchen aufs Dampfen umsteigt (komplett), der hat die MAOH nach ca. zwei Wochen abgebaut.

Abgesehen davon ist es aber auch völlig unproblematisch, eine Abhängigkeit von einem unschädlichen Stoff zu haben, der überdies auch noch positive Effekte hat (alles beim gesunden Menschen). Aber Fakt ist, dass die „Sucht“ beim Tabakkonsum besteht, beim Dampfen aber quasi nicht. Wer das Gegenteil behauptet, quatscht die jahrelang verbreiteten Lügen der ANTZ nach. Ich hatte eigentlich angenommen, dass diese Fakten zumindest bei den eingefleischten Dampfern aus der „Blase“ bekannt sind. Aber entweder ist es doch nicht so oder es handelt sich letztlich doch um ausgemachte „Dampf-Leugner“ (sowas ähnliches wie Corona-Leugner oder Klima-Leugner 😉 😀 ).

Neueste Masche ist, das Dampfen, also die inhalative Handlung, als „Verhaltenssucht“ zu bezeichnen. Wer das tut, hat sich mit dem Phänomen der Verhaltenssucht nicht wirklich befasst. Der Spaß am Inhalieren ist mit Sicherheit keine Verhaltenssucht, sondern eine Verhaltensgewohnheit. Ein Blick in die ICD10-Codes [4] erläutert, was tatsächlich eine Verhaltenssucht ist (F63.-):

Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle

              In dieser Kategorie sind verschiedene nicht an anderer Stelle klassifizierbare Verhaltensstörungen zusammengefasst. Sie sind durch wiederholte Handlungen ohne vernünftige Motivation gekennzeichnet, die nicht kontrolliert werden können und die meist die Interessen des betroffenen Patienten oder anderer Menschen schädigen. Der betroffene Patient berichtet von impulshaftem Verhalten. Die Ursachen dieser Störungen sind unklar, sie sind wegen deskriptiver Ähnlichkeiten hier gemeinsam aufgeführt, nicht weil sie andere wichtige Merkmale teilen.

Hinweis: Hier sind ausschließlich substanzunabhängige Verhaltensstörungen gemeint!

Und noch eine Klarstellung (die eigentlich nicht nötig ist, denn mein Artikel war in der Hinsicht recht klar und nachvollziehbar): Es geht mir nicht darum, dass wir Dampfer nun Nichtraucher dazu drängen oder überreden sollten, mit dem Dampfen anzufangen… nein… aber wir sollten sie auch NICHT DAVOR WARNEN, dies zu tun, denn es gibt schlicht keinen Grund dafür.


Nicotine – the basics https://web.archive.org/web/20170505022221/http://www.bernd-mayer.com/nicotine-the-basics/

[1] Ist Nikotin ein Gift? https://archive.org/details/IstNikotinEinGift

[2] Hyperhydratation https://flexikon.doccheck.com/de/Hyperhydratation

[3] Inhibition of Monoamine Oxidases Desensitizes 5-HT1A Autoreceptors and Allows Nicotine to Induce a Neurochemical and Behavioral Sensitization https://www.jneurosci.org/content/29/4/987

[4] F63.- Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle https://www.dimdi.de/static/de/klassifikationen/icd/icd-10-gm/kode-suche/htmlgm2020/block-f60-f69.htm#F63

Aufgeschnappt

Themen aus der Dampferszene… aufgeschnappt und kommentiert.

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