Five o’Clock – Tea Time
Das Tee-Experiment – Teil 1
Hier geht es nun an das nächste Experiment mit extrahierten natürlichen Aromen. Eigentlich war das gar nicht geplant, je mehr ich mich aber mit dem Thema Schwarztee-Extrakt beschäftigt habe, um so interessanter wurde die Sache für mich.
Ich lasse mich zwar überraschen, was daraus wird (bleibt mir ja eh nix anderes übrig), aber ich habe große und begründete Hoffnung, dass mir das Zeug letztlich schmecken wird.
Völlig klar, dass ich mich zunächst über die Inhaltsstoffe von Schwarztee informiert habe. Das war recht einfach, weil es zahlreiche Studien zu den Inhaltsstoffen und ihren Wirkungen gibt.
Allgemein bekannt ist, dass schwarzer Tee Koffein enthält. Hinzu kommen zahlreiche ätherische Öle, die für den grundsätzlichen Geschmack verantwortlich sind. Etliche sind bekannt, aber die Zusammensetzung unterscheidet sich von Teesorte zu Teesorte. Insgesamt handelt es sich auf jeden Fall um gesundheitlich unbedenkliche Stoffe (insbesondere in der ausgesprochen geringen Konzentration, in der sie im Tee vorkommen). Weitere Inhaltsstoffe sind Theobromin, Theophyllin, (-)-Epigallocatechin, Catechin,y(+)-Epicatechin, (-)-Epigallocatechingallat, (-)-Gallocatechingallat, (-)-Epicatechingallat,
(-)-Catechingallat, Theaflavin, Theaflavin-3-Gallat, Theaflavin-3′-Gallat und Theaflavin-3,3′-Digallat.
Wow! Das klingt jetzt gefährlich!!! Tee ist ja ein wahrer Chemikaliencocktail (schöne Grüße an Monika)…
Aber: ENTWARNUNG! So „gefährlich“ das klingen mag, das sind allesamt Inhaltsstoffe, die sich auch in vielen pflanzlichen Lebensmitteln, Früchten oder Obst finden und in den geringen Menge ausnahmslos positive gesundheitliche Auswirkungen haben.
Ein Mazerat von Schwarztee enthält (abgesehen von der Gefahr, dass bestimmte Teesorten durchaus Spuren von Pestiziden enthalten können… man muss halt darauf achten, welchen Tee man kauft) keine Stoffe, die gesundheitlich bedenklich sind. Vom Koffein wird kaum etwas in Lösung gehen (Ihr wisst ja… Koffein und Löslichkeit in einem Satz… fast ein Widerspruch in sich selbst) und wohl kaum oberhalb der Nachweisgrenze liegen. Schlimm wäre es aber ohnehin nicht… siehe: Das Koffein-Experiment.
Weil Glycerin nicht zu den perfekten Lösungsmitteln gehört und ich das Experiment ohne Verwendung von Ethanol durchführen möchte, habe ich mich entschlossen, auch hier ausschließlich Propylenglycol einzusetzen. Und es wird eine Kaltextraktion, also Mazeration. Im Labor zu Analysezwecken wird Tee entweder mit Wasser, meist aber mit einem Ethanol-Wasser-Gemisch (80:20) durch Heißextraktion extrahiert. Da es mir aber darum geht, einen möglichst großen Teil der enthaltenen Inhaltsstoffe – insbesondere der ätherischen Öle, die ja den Tee-Geschmack ausmachen – zu extrahieren, wird also mazeriert… und wieder mal zwölf Wochen gewartet (für die Ungeduldigen… es geht auch, nur drei Monate zu warten 😉 😀 ).
Für die klassische Teezubereitung (was ja eine Heißextraktion ist) verwendet man ca. zwei Gramm (einen Teelöffel voll) Schwarztee auf ungefähr 250 ml Wasser. Ich möchte aber ein Aromen“konzentrat“ haben (also zumindest ein konzentrierteres Aroma), weshalb ich 10 Gramm Tee in 100 ml PG einlegen werde.
Stellt sich nun noch die Frage, welchen Tee ich nehme. Nach reiflicher Überlegung greife ich auf meinen Lieblings-Assam zurück, weil der ein schön kräftiges, leicht malziges Aroma hat.
Ich habe den hier als Gunpowder-Tea vorzuliegen… die Teeblättchen sind also zu kleinen Kügelchen gerollt. Bei der Extraktion (also beim Tee-Aufgießen… so richtig in der Kanne) rollen sich diese auf… es sind also relativ große Stücke. Für meine Mazeration werde ich den Tee also zumindest ein wenig mörsern, um eine größere Oberfläche für das Lösungsmittel zu erreichen. Weil ich das unmittelbar vor dem Einlegen mache, ist auch nicht zu befürchten, dass sich einige flüchtige Aromenbestandteile vorher aus dem Staub machen.
Na, wenn ich die Zeit finde, dann geht es morgen los und es folgt dann der zweite Teil.
Two leaves and a bud
Das Tee-Experiment Teil 2
Bin heute (17. Nov. 2017) zur Tat geschritten und habe das „Teechen“ aufgesetzt.
Dazu habe ich die angekündigten 15 mg Assam B.O.P. abgewogen
und anschließend möglichst fein gemörsert.
Das nun feine Pulver kam in das obligatorische kleine Marmeladenglas und wurde mit 100 ml PG übergossen.
Danach habe ich kräftig durchgeschüttelt und es entstand eine ziemlich schwarze Plörre, die nun für 12 Wochen (mit täglichem Durchschütteln) stehen bleibt.
Was auffällt… nach einigen Stunden setzt sich ein wesentlicher Teil des Teepulvers unten im Glas ab, die Flüssigkeit darüber ist aber auch noch recht dunkel und getrübt. Es sind eindeutig Schwebeteilchen vorhanden, die eventuell eine mehrfache Filterung erforderlich machen.
Ganz wenig nicht zermörserte Teeblatt-Kügelchen schwimmen an der Oberfläche. Von der Menge her zu vernachlässigen, zumal sie auch komplett mit PG benetzt sind.
Long, long it’s been…
Das Tee-Experiment Teil 3
Nach zwölf Wochen Wartezeit, mit anfangs täglichem Durchschütteln, nach der Hälfte der Wartezeit einmal wöchentlich, habe ich den Ansatz in Augenschein genommen und zur Probe mal ein Tröpfchen auf die Zunge gegeben. Das Extrakt war noch relativ hell und einen Tee-Geschmack konnte man feststellen, er war aber ausgesprochen dünn, obwohl es aus dem Glas duftete, als habe man einen Assam zu lange ziehen gelassen… es roch sehr kräftig nach Schwarztee.
Also habe ich mich entschlossen, dem Ansatz noch mehr Zeit zu geben. Es kamen weitere zwölf Wochen dazu, in denen ich einmal wöchentlich durchgeschüttelt habe.
Weitere zwei Wochen habe ich den Ansatz dann völlig in Ruhe gelassen, um dem Pulver die Möglichkeit zu geben, sich am Boden des Glases abzusetzen.
Dann habe ich wieder meinen Trichter genommen und das Extrakt durch eine Feinstrumpfhose vorgefiltert.
Ich konnte dabei feststellen, dass sich kaum noch sichtbare Schwebteilchen in der Flüssigkeit befanden. Im Glas blieb ein ca. fünf Millimeter dicker, fester Bodensatz zurück, der auch durch Schräghalten nicht in Bewegung kommen wollte. Der Tee hat sich als puddingartiger Schlamm abgesetzt… also kein Wunder, dass sich kaum Schwebteilchen zeigten.
Trotzdem habe ich das Extrakt noch durch den Kaffeefilter laufen lassen, was ca. vier Stunden in Anspruch genommen hat.
Das Filterpapier habe ich – um mal zu schauen – mit Wasser abgespült und dieses aufgefangen. Das Wasser habe ich auf einen weißen Porzellanteller gegeben und verdunsten lassen. Was da dann letztlich als Rückstand übriggeblieben ist, war nicht der Rede wert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich noch relevante feste Teilchen im Extrakt befinden.
Das Extrakt ist tiefschwarz und recht zähflüssig. Es riecht sehr intensiv nach schwarzem Tee.
Nun musste ich nur noch die Verdünnung und die Dosierung ausprobieren.
Once upon a time…
Das Tee-Experiment Teil 4
Ein weiteres halbes Jahr ist ins Land gegangen. Nach dem Filtrieren des Extrakts habe ich mit reinem PG drei Aromen angesetzt: einmal 1:4, einmal 1:6 und schließlich einmal 1:8.
Diesen Aromen habe ich drei Monate Zeit gegeben, um „vorzureifen“… das Aroma sollte sich möglichst gut verteilen. Dann habe ich Liquids angesetzt. Wie für mich üblich als Traditionale (55/35/10 – PG/VG/Wasser). Diesen Liquids habe ich dann noch einmal einen Monat „Reifezeit“ gegönnt.
Das Liquid mit dem 1:4-Ansatz und 1% Aromazugabe ist schon sehr kräftig. Sehr, sehr kräftig. Man müsste weniger nehmen. Mit dem 1:8-Aroma hingegen kam es bei 1% beinahe schon zu dünn. Man konnte zwar schmecken, dass es schwarzer Tee ist, aber es kam wie „verwässert“.
Für mich als optimal hat sich das Aroma 1:6 herausgestellt. Mit 1 – 1,5% bekommt man ein hervorragendes Tee-Liquid, das wirklich so schmeckt, wie eine gute Tasse Assam. Mit Sweetener (Ethylmaltol, 1,2%) wird der Geschmack noch abgerundet.
Man kann also auf diese Weise, die im Endeffekt ein ganzes Jahr Zeit frisst (aber wenig Arbeit macht), ein Schwarztee-Aroma herstellen, das geschmacklich jeden Teekenner aufmerken lässt. Ich bin extrem positiv überrascht und werde zwischendurch ganz sicher ab und an auch mal „Schwarztee“ dampfen.