Deklarationsfanatiker

Auf der Facebook-Seite der Gruppe eines Konsumentenverbandes bin ich über eine Diskussion gestolpert, die mich echt entsetzt hat. Begonnen hat das mit einer (in meinen Augen bewusst) „unverfänglich“ gestellten Frage, wie der Verband denn zur Deklarationspflicht für Inhaltsstoffe in Liquids stünde, ob „Schritte“ geplant seien, die für mehr Transparenz führen würden.

Die völlig logische Gegenfrage war, was der Verband denn da machen solle. Dem Gegenfragenden war ganz sicher klar, worauf der Threadersteller hinaus wollte, aber die Ausgangsfrage war bewusst so unverbindlich gehalten, dass nahezu jede Antwort, ohne konkret nachzuhaken, auch wieder „falsch“ gewesen wäre. Schnell fanden sich andere Teilnehmer, die zunächst gar nicht auf die Gegenfrage eingingen, sondern schon recht patzig verkündeten, diese Gegenfrage müsse nicht vom Fragesteller beantwortet werden, das müssten die „Experten“ des Verbandes doch selbst viel besser wissen.

Schnell stellte sich heraus, dass es darum geht, dass der Verband sich für eine umfassende Deklarationspflicht für Inhaltsstoffe von Liquids einsetzen solle und die Wirtschaftsteilnehmer und den Gesetzgeber davon überzeugen.

Also wieder einmal eine Diskussion, die sich darum dreht, dass Liquidhersteller ihre Rezepte bis ins letzte Detail offenlegen sollen… es geht dabei nicht um eine verbindliche Deklarationspflicht. Denn die gibt es ja schon. Kann jeder nachlesen, steht so in § 27 TabakerzV. Was die Deklaration der Aromen anbelangt, wird, weil es dafür keine spezielle Regelung gibt, analog zur Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln verfahren: Bei zusammengesetzten Zutaten, die weniger als zwei Prozent ausmachen und deren Zusammensetzung rechtlich definiert ist, ist eine genaue Aufschlüsselung nicht notwendig.

Wäre es anders, müsste man 10 ml Liquid in Literflaschen verkaufen, weil viele Aromen und Aromenmischungen aus sehr vielen Einzelstoffen bestehen. Es würde aber trotzdem keiner kapieren, was da z.B. mit 4-Allyl-1,2-dimethoxybenzol-Methyleugenol gemeint ist… und niemand könnte abschätzen, ob das vielleicht nicht so gesund ist.

Gäbe es eine solchermaßen detaillierte Deklarationspflicht, wäre das auch das Ende der Liquidbranche, denn die Rezepte sind es, was die Einzigartigkeit bestimmter Liquids ausmacht. Das ist ein Geschäftsgeheimnis… und das soll es auch sein. Wer etwas anderes fordert, der nimmt damit in Kauf, dass der Markt zusammenbricht. Und der ist auch damit einverstanden, dass es keine Weiterentwicklung, keine neuen Geschmackskreationen mehr gibt, denn wer seinen Lebensunterhalt mit Liquidherstellung verdient, hätte dann kaum noch Grund, etwas besonderes zu kreieren.

Dann tauchte in der Diskussion noch die „schlaue“ Behauptung auf, es gäbe bei Rezepturen von Lebensmitteln kein wirkliches Betriebsgeheimnis, man müsse nur bei der Prüfbehörde nachfragen und bekäme die komplette und detaillierte Analyse frei Haus geliefert. Aha… und deshalb gibt es „x“ Colasorten, die eben nicht wie das Original schmecken. Die Hersteller waren bisher zu blöde, einfach mal bei der Behörde das Rezept anzufordern, oder was? Besagter Schlaumeier treibt es dann auch noch so weit, sich quasi eine detaillierte Positivliste für die Inhaltsstoffe zu wünschen. Eine Positivliste im eigentlichen Sinne gibt es zwar nicht, aber es ist ganz klar im TabakerzG definiert, was drin sein darf (§ 13 Abs. 1 Nr. 3): „nur Inhaltsstoffe verwendet werden, die in erhitzter und nicht erhitzter Form kein Risiko für die menschliche Gesundheit darstellen“. Damit ist alles gesagt. Die (in seinen Augen zu kurze) Negativliste der TabakerzV ist auch ausreichend und teilweise sogar zu weit gefasst.

Wer von einer Positivliste träumt, träumt auch vom Ende des Dampfens, denn die würde (zumindest anfangs… und damit über Jahre) die Vielfalt komplett beenden und es bestünde die Gefahr, dass wichtige Zutaten vorsätzlich ausgeklammert würden, um den Erfolg des E-Dampfens zu behindern.

Insgesamt ist es derzeit nicht besonders schlau, von Verbraucherorganisationen für das E-Dampfen Engagement bezüglich der Deklarationspflicht zu fordern. Es gibt ganz andere Baustellen, um die sich die Verbände kümmern müssen. Die Einschläge kommen immer näher, in EU-Ländern werden Aromenbeschränkungen und umfassende Aromenverbote durchgesetzt, die eventuell auch Eingang in die TPD3 finden können, auch Leistungsbeschränkungen für mobile Liquidvernebler sind im Gespräch, Steuern, um die Menschen vom Dampfen abzuhalten, Handelsbeschränkungen (Versandhandelsverbote, Verbot des grenzüberschreitenden Handels), und weitergehende Dampfverbote. Das sind Dinge, die auf der Türschwelle stehen und die mit den Hufen scharren… DAS sind die Dinge, um die sich die Verbände kümmern müssen. Wenn das schief geht, ist das Dampfen faktisch gestorben und dann braucht es auch keine Inhaltsstofflisten, die einen halben Meter lang sind, mehr. Und… die Inhaltsstoffe sind schon sehr gut geregelt… einen absoluten Schutz von womöglich nicht vollkommen unbedenklichen Inhaltsstoffe kann jeder ganz einfach selbst erreichen: einfach mit dem Dampfen aufhören.

Die Deklarationsfanatiker mögen nur eine kleine Gruppe sein, aber sie machen trotzdem „Lärm“. Und damit spielen sie den Gegnern des Dampfens nebenbei noch in die Karten und liefern diesen weitere Argumente.

Und wem dieses Thema wichtig ist, der ist bei den Konsumentenverbänden derzeit falsch aufgehoben… der sollte sich an Verbraucherschutzorganisationen wenden… und dabei bedenken, dass daraus die Zerstörung des E-Dampfens resultieren kann.

Wem es aber um die Zukunft des Dampfens geht, dem sei geraten, sich einem der Verbände anzuschließen!

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