Eine Falschmeldung und ein paar Überlegungen

Kurzfristige Panik in Teilen der Szene löste die Falschmeldung der Tagesthemen vom heutigen Tag aus. Fälschlich wurde behauptet, dass nunmehr Aromen „in E-Zigaretten“ verboten seien.

Quelle: Tagesschau, 23.06.2023, 07:07 Uhr

Nein, so weit sind wir noch (!) nicht.

Der Fehler wurde schon von anderen bereits im November 2022 gemacht. Er resultiert vermutlich aus schlechten Übersetzungsfähigkeiten und/oder den Unzulänglichkeiten vom Gockel-Tranzlähter gepaart mit Unwissenheit bezüglich des Themas.

Die Meldung wurde aber wohl schon korrigiert, nicht zuletzt weil die beiden Händlerverbände schnell reagiert haben.

Also… kein Grund zur Panik. Das Dampfen ist von DIESER Gesetzesänderung nicht betroffen. Es betrifft nur die Tabaktoaster.

Und nun mal ein paar Gedanken und Fakten zu der Sache…

Das Aromenverbot für die Heater erfolgt auf Grundlage der TPD2 (Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG).

Von einem Aromenverbot steht da zwar nichts drin… und die TPD2 ist nun auch nicht geändert worden. War auch gar nicht erforderlich. Das funktioniert über sogenannte delegierte Rechtsakte, die an verschiedenen Stellen der TPD2 ausdrücklich erlaubt wurden.

Ein delegierter Rechtsakt ist ein Mechanismus, welcher es der EU-Kommission erlaubt, Regelungen einer bestehenden Verordnung zu konkretisieren oder zu verändern. Dafür ist kein so aufwendiges Prozedere wie beim Erlass einer Verordnung nötig. In der Praxis gehen solche Rechtsakte recht reibungslos durch, obwohl es sogar die Möglichkeit für Stellungnahmen gibt. Bei den Toastern hat das super geklappt und es gibt noch viele weitere Beispiele.

Tja… und Artikel 20 TPD2 enthält die Erlaubnis für delegierte Rechtsakte:

Artikel 20

Elektronische Zigaretten

(11) Falls eine zuständige Behörde bei elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern, die den Anforderungen dieses Artikels entsprechen, feststellt oder hinreichend Anlass zur Besorgnis hat, dass bestimmte elektronische Zigaretten oder bestimmte Nachfüllbehälter oder eine Art von elektronischer Zigarette oder von Nachfüllbehälter eine ernsthafte Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen könnte, kann sie geeignete vorläufige Maßnahmen ergreifen. Sie unterrichtet die Kommission und die zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten unverzüglich über die ergriffenen Maßnahmen und übermittelt ihnen alle zugrunde liegenden Daten. Die Kommission stellt so bald wie möglich nach Erhalt dieser Informationen fest, ob die vorläufige Maßnahme gerechtfertigt ist. Die Kommission unterrichtet den betreffenden Mitgliedstaat über ihre Schlussfolgerungen, damit der Mitgliedstaat die angemessenen Folgemaßnahmen ergreifen kann.

Wurde das Inverkehrbringen bestimmter elektronischer Zigaretten oder bestimmter Nachfüllbehälter oder einer Art von elektronischer Zigarette oder von Nachfüllbehältern in Anwendung von Unterabsatz 1 dieses Absatzes in mindestens drei Mitgliedstaaten aus hinreichend berechtigten Gründen verboten, so wird der Kommission die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 27 delegierte Rechtsakte zu erlassen, um dieses Verbot auf alle Mitgliedstaaten auszudehnen, sofern die Ausdehnung gerechtfertigt und verhältnismäßig ist.

Hervorhebungen durch mich

Es gibt also die Möglichkeit, bestimmte Pfrunzeln und Nachfüllbehälter zu verbieten. So könnte ein Mitgliedsstaat auf die Idee kommen, alle Dampfen mit schwarzem Mundstück zu verbieten. Sie müssten das entsprechend begründen und der EU melden. Nun… bei diesem Beispiel ginge das (obwohl kaum noch was undenkbar ist in der EU) nach hinten los. Das würde untersagt, weil es keine, aber so gar keine Gründe gibt, weshalb schwarze Mundstücke irgendwie gefährlich sein könnten. Aber bleiben wir mal bei diesem blödsinnigen Beispiel und tun einfach so, dass die EU das abnickt, weil es gut genug begründet ist. Dann gilt in dem Land — im Einklang mit der TPD2 — ein Verbot von Pfrunzeln mit schwarzen Mundstücken. Ein Nachbarland kriegt das mit und meint: „Ja, da haben die völlig recht, schwarze Mundstücke sind ja mal so völlig unverantwortlich. Lasst uns die auch verbieten.“ Gesagt — getan — Verbot formuliert, ungefähr genau so begründet, wie der Nachbarstaat das auch gemacht hat… und auch das geht durch. Ein anderer Mitgliedsstaat der EU sieht das und meint nun auch, schwarze Mundstücke verbieten zu wollen. Und macht es so, wie der zweite Staat. Zack… sind es drei.

Und ab dem Zeitpunkt ist der Moment gekommen, wo die Kommission einen delegierten Rechtsakt dazu verabschieden kann, der das Verbot schwarzer Mundstücke für alle EU-Mitgliedsstaaten verbindlich zur Pflicht macht. Alle anderen EU-Staaten müssten innerhalb einer bestimmten Frist das Schwarze-Mundstück-Verbot in ihre nationale Gesetzgebung aufnehmen.

Und nun mal zurück zu denkbaren und realistischen Szenarien… nehmen wir mal das Verbot von Aromen beim Dampfen. Vorbefüllte Pfrunzeln und Liquids mit bestimmten Aromen (z.B. alles außer Tabakgeschmack) wären „bestimmte bzw. eine Art von E-Zigaretten bzw. Nachfüllbehältern“, die man verbieten könnte. Und genau das ist schon in einigen EU-Ländern geschehen. Übrigens… in WEIT MEHR ALS DREI Ländern. Und die Verbote wurden der Kommission mitgeteilt und die hat keine Beanstandungen gehabt. Das sind also Verbote, die mit der TPD2 konform gehen.

Die Kommission könnte also jederzeit einen delegierten Rechtsakt verabschieden, der EU-weit bestimmte Aromen (z.B. alles außer Tabakgeschmack) verbietet. Dann käme es und wir könnten nix machen.

Ich persönlich warte schon drauf… das kommt… vermutlich noch bevor Deutschland selbst darauf kommt, ein solches Verbot lokal durchzuziehen.

Das würde dann mit ziemlicher Sicherheit auch Dampf-Aromen zum Selbstmischen betreffen. Na ja… dann würden Selbstmischer halt Aromen kaufen, die nicht explizit fürs Dampfen angeboten werden. In Deutschland wären wir aber in einer besonderen Situation. Mit dem Kauf und der Verwendung allgemeiner Lebensmittelaromen (die nicht einfach so verboten werden können) würden wir die Gesetzesänderung umgehen… aber durch die Verwendung gegen das TabStG verstoßen, weil wir sie umwidmen und Substitute ohne Erlaubnis herstellen würden. Während der Niederländer also ein sonstiges Lebensmittelaroma in sein Selbstgemischtes kippt und damit legal handelt, würde sich der Deutsche, ein paar hundert Meter weiter damit strafbar machen (das Entdeckungsrisiko ist gleich null, ändert aber nichts an der Tatsache, dass er eine Straftat begeht).

Wir leben in interessanten Zeiten… 😉 😀

Eine Antwort zu „Eine Falschmeldung und ein paar Überlegungen“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

* Mit der Nutzung dieses Formulars erklärst du dich mit der Speicherung und Verarbeitung deiner Daten durch diese Website einverstanden. Bitte dazu die Datenschutzerklärung beachten.