Konsumentenverband: Grundsätzlich ist es besser, auf Nikotin zu verzichten.

Ja… und auf Sex, Süßigkeiten, Fleisch, Urlaubsreisen, geheizte Wohnungen… UND auf Mitgliedschaften in Konsumentenverbänden!

So, der musste jetzt erstmal sein. Weshalb? Dazu kommen wir später… aber da ist mir der Hut echt hochgegangen.

Jedenfalls hat der BVRA mal wieder eine neue Umfrage auf den Weg gebracht. Diesmal geht es um den Nikotinkonsum.

Das Thema der Konsumentenbefragung ist die Nutzung von Nikotin in E-Zigaretten. Nicht nur die aktuelle Verbrauchsmenge und eine eventuelle Reduzierung, sondern auch die Gründe für eine anhaltende Nikotinnutzung interessieren uns hierbei.

Quelle: BVRA

Nach eigenen Angaben hat der BVRA verschiedene „Institute“ (was auch immer) angeschrieben und nach gewünschten Daten gefragt. Es erfolgte wohl kein Feedback. Das ist verständlich, denn wenn es sich um „wissenschaftliche Organisationen“ handelte, dann haben die kein wirkliches Interesse an einer Laienveranstaltung. Die machen ihre Erhebungen selbst, weil sie dann viel besser steuern können, was als Ergebnis herauskommt.

Aber so gar kein Feedback ist womöglich auch ein Zeichen dafür, dass der BVRA bei ihnen einfach nicht auf der Liste relevanter Organisationen steht.

Trotzdem wollen sie die Ergebnisse nach der Auswertung all diesen „Instituten“ zu Verfügung stellen. Darauf werden diese wohl sehnsüchtig warten.

Die Umfrage soll klären, „ob die Zigaretten-Abhängigkeit nicht nur durch eine andere ersetzt wird“.

Die ersten drei Fragen sind recht unverfänglich und die dritte (nach der Nikotinstärke des Liquids beim Einstieg) sogar ganz interessant. Das kann Argumente gegen eine – der Flurfunk hat was aufgeschnappt – kommende weitergehende Beschränkung der maximalen Niktinstärke liefern.

Schon bei der vierten Frage tauchen aber Widersprüche und Ungereimtheiten auf. Die Erläuterung: „In den meisten Fallen sinkt die gewollte Nikotinkonzentration in den Liquids, je länger man dampft.

Man wird bei der Einleitung nun erwarten, dass es in der Frage darum geht, ob man die Nikotinkonzentration reduziert hat… nicht aber, ob man insgesamt weniger Nikotin konsumiert.

Die „Weisheit“, dass man die Nikotinkonzentration senkt, resultiert ohnehin eher aus der schon weiter zurückliegenden Entwicklung des E-Dampfens. Die Atomizer der ersten und zweiten… ja auch noch der dritten Generation waren technisch noch weit von dem entfernt, was es heute auf dem Markt gibt und vor allem auf MTL-Dampfen ausgelegt. Eine der treibenden Kräfte bei der Wahl der Nikotinkonzentration des Liquids ist und bleibt der Throathit. Wer vor dem Einstieg ins Dampfen geraucht hat (also so ziemlich jeder), der war an einen Druck auf den Bronchien beim Inhalieren gewöhnt. Und der wollte das auch beim Dampfen erleben. Bei den geringen Leistungen der ersten Generationen von Verneblern konnte diese Gefühl nur durch eine hohe Nikotinkonzentration erreicht werden. Der tatsächliche Bedarf an Nikotin für den „passenden“ Throathit pendelte sich dann bereits in den ersten Wochen des Dampfens ein. Als dann das DTL aus Fernost auch nach Europa herüberschwappte und die Geräte leistungsfähiger wurden, sank die erforderliche Nikotinkonzentration der Liquids. In der Regel nicht freiwillig. Wer von einer eGo auf einen Selbstwicker-Tröpfler mit ausreichend geringem Widerstand umstieg, um damit Leistungen von 50, 60, 70 Watt zu erreichen und die Lunge direkt mit fettem Dampf zu füllen, merkte sehr schnell, dass z.B. 16 oder 18 mg/ml dazu geeignet sind, dass sich die Lunge nach außen stülpt. Das führte dann dazu, dass die übliche Nikotinkonzentration bei Liquids im Durchschnitt sank. Aber das bedeutete nicht, dass die Gesamtmenge des konsumierten Nikotins gleichzeitig abnahm. Der Verbrauch an Liquid stieg ohnehin durch die höhere Leistung an.

Die Fragestellung ist aber eine völlig andere: „Hat sich Dein Nikotinkonsum seit dem Umstieg reduziert?

Hier geht es nicht um die Nikotinkonzentration, sondern um die Konsum-Gesamtmenge. Wer die Frage aufmerksam liest und die Einleitung beiseite schiebt, der wird sehr wahrscheinlich antworten, dass sich der Konsum nicht (oder kaum) reduziert hat. Stichwort: Selbsttitration. Nach ein paar Wochen konsumiert man so viel Nikotin, wie der Körper fordert. Das ändert sich auch nicht. Die meisten werden die Frage aber im Zusammenhang mit der Einleitung sehen und falsch verstehen. Und dementsprechend falsch antworten. Nicht ihr Fehler. Fehler des Fragestellers! Die Fragestellung ist suggestiv und irreführend. Kann in die Kategorie unsauberes wissenschaftliches Arbeiten.

Die fünfte Frage wird mit einem möglichen Kompensationsverhalten eingeleitet. Sie zielt also darauf ab, ob man bei reduzierter Nikotinkonzentration im Liquid (gemäß der Einleitung der vorherigen Frage) dann einfach mehr Liquid konsumiert. Was übrigens nicht unbedingt bedeutet, dass man öfter zieht… bei DTL mit mehr Leistung, ist der Verbrauch an sich schon höher. Der Trend zum MTL ist mit ca. einem Jahr relativ neu. Er ist einerseits der Marktdynamik geschuldet. Die meisten Hersteller in der Branche setzen auf MTL Systeme (Einweg E-Zigaretten und Mehrweg Podsysteme). Andererseits ist der MTL Trend den gestiegenen Preisen der Flüssigkeiten geschuldet, die durch die Liquidsteuer nun auch noch ordentlich nachziehen. Wer MTL mit geringer Nikotinkonzentration dampft, der muss halt öfter „nuckeln“.

Und genau danach wird gefragt… ob man öfter zieht. Nicht, ob man mehr Liquid verbraucht.

In Kombination geben die beiden Fragen also gar nichts her, weil hier einfach unsauber gefragt wurde. Äpfel und Birnen halt. Dazu kommt. Diese Befragung erreicht nicht mal einen großen Teil der Online-Blase. Die Teile der Blase sind aber eine Randgruppe in der Randgruppe. Die letzte Befragung des BVRA ergab, dass über 80% der Befragten Teilnehmer Selbstwickler nutzen. Das ist eine vollständige Verzerrung und kann keine Aussagen wissenschaftlicher Gütekriterien standhalten. Die Ergebnisse der Befragung müssten den drei Hauptkriterien wissenschaftflichen Arbeitens Rechnung tragen: Objektivität, Reliabilität und Validität. Würde die Befragung bei den Mainstream-Dampfern, die auch in zunehmendem Maße Einweg-E-Zigaretten mit überwiegend 18mg und 20 mg Nikotionsalz nutzen, durchgeführt werden, würden schon mal sehr wahrscheinlich nicht deckungsgleiche Resultate erzielt werden.

Die beiden nächsten Fragen beziehen sich nun auf die Nikotinkonzentration bei MTL oder DTL Nutzung. Wären Frage drei und vier korrekt formuliert gestellt worden, dann hätte man daran etwas ablesen können. Etwas, das zwar schon seit Jahren bekannt ist (Selbsttitration), aber was man nicht oft genug herausheben kann, um gegen Regulierungen bezüglich der Nikotinhöchstkonzentration zu argumentieren. Eine solche mögliche Beschränkung wäre nämlich ein Booster für die Steuer, weil ja Volumen und nicht Nikotinmenge besteuert wird. Eine weitere Einschränkung der Höchstkonzentration würde nämlich dazu führen, dass man (egal, ob MTL oder DTL) wesentlich mehr Flüssigkeit benötigt, um seinen Nikotinbedarf zu decken… was letztlich noch mehr ins Geld ginge.

Die achte Frage ist in Hinblick auf die Selbsttitration auch interessant. Sie ist vor allem spannend, was die Antworten von Dual-Usern betrifft. Abgehakt.

Frage neun soll die Gründe dafür abfragen, weshalb man überhaupt weiter Nikotin konsumiert. Hier kann alles herauskommen. Die Frage ist insofern „gefährlich“, weil hier, gerade bei eher spontaner und nicht überdachter Beantwortung, die Behauptung bestärkt werden könnte, dass Nikotin stark abhängig macht. Das, was man eigentlich wissen möchte (wie ich vermute) hätte man feiner granuliert herausarbeiten müssen. Das ist nicht so einfach, aber machbar.

Und nun kommt Frage zehn!

Einleitung: „Nikotin ist ein Stoff, der in seinem Abhängigkeitspotential stark diskutiert wird.

Jau, stimmt. Die Genussverächter (zu denen z.B. auch die ANTZ gehören) vertreten eher die Meinung, dass man auf Stoffe, die auch nur zu einer geringfügigen Abhängigkeit führen (wie halt auch Nikotin) besser verzichten sollte. Die Genussmittelliebhaber (zu denen wir Dampfer gehören) sehen das anders. Für sie ist das geringe Abhängigkeitspotenzial kein Problem. Die Abhängigkeit bei reinem Nikotinkonsum (also ohne zu rauchen) ist so gering, dass ein Ausstieg leicht möglich wäre… wobei es keinen vernünftigen Grund dafür gibt, sofern man nicht einer Risikogruppe angehört.

Weiter dann in der Einleitung zur Frage: „Grundsätzlich ist es besser, auf Nikotin zu

verzichten.

Rummms! Hier haut der Konsumentenverband für „rauchfreie Alternativen“ einen knallharten ANTZ-Spruch raus. Hätte so auch vom dkfz., dem BfR, der DHS, vom Forum Rauchfrei oder direkt von Johannes Spatz kommen können.

Was soll denn der Scheiß? Wer legt denn fest, dass man besser auf den Konsum von Nikotin verzichten sollte? Will man hier ums Verrecken „seriös“ für die Entscheider und die Gegner klingen? Ich weiß es nicht UND ich verstehe es auch nicht.

Die Frage lautet dann:

Möchtest Du Deinen Nikotinkonsum auf 0 reduzieren?

Nette Frage. Aber ohne wirkliche Erläuterungen und gerade, wenn sie auf Einsteiger trifft, hochgefährlich. Es gehen nämlich immer noch viele Raucher mit dem Gedanken ans Dampfen, letztlich auch den Nikotinkonsum einzustellen. Sie sehen es als Therapiemittel und nicht als Harm Reduction, die den weiteren (harmlosen) Genussmittelkonsum auf Dauer erlaubt. Viele aus dieser Personengruppe werden früher oder später von der Realität eingeholt… und sie dampfen weiter auch mit Nikotin. Das ist auch nicht schlimm, weil – für gesunde Menschen – harmlos. Die Frage ist also eine Frage, ob das Dampfen als Therapie zu Nikotinentwöhnung (nicht zur Raucherentwöhnung) taugt. Die Ergebnisse können nur, völlig egal, wie sie ausfallen, nach hinten losgehen. Entscheidend ist nämlich, was der Befragende daraus macht. Bei der letzten Umfrage wurden die Resultate dazu genutzt, im Rahmen der kleinen Anfrage über die Linken (denen Fragen mit auf den Weg gegeben wurden) die Bundesregierung damit zu behelligen, was denn mit den Bunkerbeständen der Dampfer aus der Blase ist.

Tja und mit genau dieser völlig irren Aussage und der mehr als riskanten Frage ist man dann auch schon durch.

Ich persönlich frage mich, WAS um aller Welt man denn mit den Fragen für neue Erkenntnisse erhalten will bzw. welche eh schon bekannten Erkenntnisse man damit untermauern möchte.

Mit den Erfahrung der vergangenen Umfragen des BVRA und den überwiegend unglücklichen Interpretationen und Schlüssen, erwarte ich da wenig Gutes.

Die Ergebnisse werden wieder nicht einmal annähernd repräsentativ sein. Unabhängig von der Zahl der Teilnehmer. Das liegt schlicht und ergreifend daran, dass man, wie bereits erwähnt, nur die Randgruppe einer Randgruppe erreicht, um sich die Fragen beantworten zu lassen. Schaut man mal in der Online-Blase, dort wo man es sehen kann, es also öffentlich ist, wird man feststellen, dass der Altersdurchschnitt schon recht hoch ist. Die sogenannten Boomer und Millenials sind überrepräsentiert. Sie stellen die Mehrheit der etablierten Blase (also nicht die Adepten irgendwelcher Social-Media-“Stars“). Wirft man nun z.B. einen Blick auf die aktuelle DEBRA-Studie, muss man aber feststellen, dass im Querschnitt, also in der Realität, die Gruppe besagter Blasen-Bewohner ungefähr genau so groß ist, wie die der jungen Menschen (14 – 24 Jahre zusammengenommen). Bei einer Umfrage in der „Rentner-Blase“ erreicht man also nur die Hälfte einer repräsentativen Gruppe. Damit wird das Ergebnis immer deutlich verzerrt sein.

Was außerdem wirklich an der Erhebung fehlt: Der BVRA deutet nicht im Ansatz an, WAS er mit den Zahlen erreichen möchte, was sie zeigen sollen (damit meine ich nicht, dass das Ergebnis vorher festgelegt werden soll, sondern welche Frage mit den Daten geklärt werden soll). Selbst bei – oft begründet kritisierten – Studien aus dem „gegnerischen Lager“ wird aber genau das angegeben: die Fragestellung und was man herausfinden möchte. Gehört halt zu sauberer wissenschaftlicher Arbeit.

Man hat das Gefühl, es wird erst einmal wild gefragt… und dann kann man schauen, was man mit den Ergebnissen so macht. Oder es gibt (davon gehe ich aus) schon gewisse Vorstellungen davon (im Hinterkopf), was man zeigen möchte, es wurde nur versäumt, daraus ein fest umrissenes und schlüssiges Konzept zu erarbeiten, welches dann in sinnvolle Fragen gepackt wird.

Eine handwerkliche Schwäche möchte ich auch noch ansprechen. Die Mehrfachteilnahme wird nicht verhindert. Sicher muss man dabei auch immer die DSGVO im Auge behalten, aber es ließe sich trotzdem rechtskonform machen. Man muss sich nur die Erlaubnis beim Teilnehmer einholen. Da die Umfrage auf dem Server des Vereins gehostet ist, stellt das keine große Hürde dar und ist mit der DSGVO vereinbar. Wird aber nicht gemacht.

Eine Erhebung mit dieser Datenbasis (Blase in der Blase), nicht präzise und aufeinander abgestimmte Fragen und mögliche X-Fach-Teilnahme wird keinen wirklich überzeugen. Wobei… wenn die Interpretation der Daten durch den Durchführenden denn doch irgendwie in die Pläne der Entscheider passt, dann wird es vermutlich leider wieder dankbar aufgenommen.

2 Antworten zu „Konsumentenverband: Grundsätzlich ist es besser, auf Nikotin zu verzichten.“

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