Lenkung, Luxus oder Verbrauch?

In der aktuellen Diskussion um die Einführung der Nikotin-im-Liquid-Steuer auf nikotinhaltige Verbrauchsflüssigkeiten für mobile Liquidzerstäuber liest und hört man doch recht oft das Argument, wir dürften, um als „Verhandlungspartner“ des Finanzministeriums ernstgenommen zu werden, eine Steuer nicht komplett ausschließen. Die Steuer sei ohnehin unumgänglich und es sei auch eine ganz normale Sache, dass früher oder später Steuern auf unsere Liquids erhoben würden, weil das Dampfen ja Genussmittelkonsum sei… und „Genussmittelsteuern“ gäbe es ja überall. Wir seien nur seriös, wenn wir die Notwendigkeit einer Steuer eingestehen würden.

Nun, daran ist vieles falsch und die gesamte Argumentation geht an der eigentlichen Sache auch noch ordentlich vorbei.

Luxussteuer

Fangen wir mal mit der „Genussmittelsteuer“ an. Diesen Begriff gibt es so eigentlich nicht… das fällt unter die sogenannten Luxussteuern. Diese wird auf Güter oder Dienstleistungen erhoben, die als „Luxus“ gelten und soll Steuereinnahmen in die Staatskasse spülen und gleichzeitig die „Wohlhabenden“ mehr belasten, weil diese sich mehr „Luxus“ gönnen (können). Die Hundesteuer war z.B. ursprünglich eine Luxussteuer (heute zählt sie zu den Aufwandssteuern). Dann gab es mal eine Perückensteuer (sic!), weil man die Kunsthaarkappen als Luxus ansah, die Sektsteuer (heute Schaumweinsteuer, die heute auch nicht mehr als Luxussteuer, sondern als reine Verbrauchsteuer eingeordnet wird) und noch einige andere skurril klingende Steuern. Luxussteuern als solche gibt es heute faktisch nicht mehr.

Verbrauchsteuer

Die wenigen ehemaligen Luxussteuern sind heute reine Verbrauchsteuern. Diese dienen in erster Linie dem Zweck, Kohle ins Steuersäckl zu spülen. Es ist eine wesentliche Einnahmequelle für den Staat, ohne irgendwelche anderen Zwecke zu erfüllen, ohne Zweckbindung. Verbrauchsteuern in Deutschland sind die Energiesteuer, die Stromsteuer, die Zwischenerzeugnissteuer (eine Steuer auf Produkte, die weder Schnaps, noch Wein sind, sondern irgendwo dazwischen anzusiedeln… auf jeden Fall aber mit Alk), die Tabaksteuer, die Kaffeesteuer, die Biersteuer, die Alkoholsteuer (ehemals Branntweinsteuer), die Schaumweinsteuer (ehemals Sektsteuer) und ganz frisch die Alkopopsteuer.

Lenkungssteuer

Dann gibt es die sogenannten Lenkungssteuern. Der Hauptzweck von Lenkungssteuern ist nicht das Generieren von Steuereinnahmen. Sie dienen in erster Linie dazu, den Verbraucher in eine bestimmte Richtung zu lenken, ihn zu einem Verhalten zu bewegen oder von einem Verhalten abzuhalten, ihn quasi zu „erziehen“.

Zu den Lenkungssteuern zählt man z.B. die Alkoholsteuer und die Tabaksteuer.

Zwittersteuern

Wer jetzt Einspruch erhebt und meint, das könne gar nicht sein, ich hätte doch diese Steuern schon den Verbrauchsteuern zugeordnet, der liegt falsch. Tabak- und Alkoholsteuern sind quasi „Zwitter“, also Verbrauch- UND Lenkungssteuern. Es geht bei diesen Steuern darum, die Bürger vom Konsum abzuhalten, weil die Produkte eine schädliche Wirkung haben. Gleichzeitig werden diese Produkte in so großer Menge konsumiert, dass sie ordentlich Geld für den Staat einbringen. Das ist der zweite Zweck. Hier ist die Politik zerrissen. Einerseits behaupten sie, sie wollten die Menschen von schädlichem Verhalten abhalten, andererseits brauchen sie aber auch die kräftigen Einnahmen. Sie müssen ein Gleichgewicht finden, das verhindert, dass zu viele Bürger vom Konsum abgehalten werden und damit die Steuereinnahmen einbrechen, aber gleichzeitig müssen sie so tun, als ginge es ihnen vor allem um den Schutz der Bürger. Die Steuern dürfen nicht zu hoch sein, müssen aber hoch genug sein. Ein ausgesprochen falsches Spiel, denn wenn die Schädlichkeit für die Regierenden so bedeutend wäre, wie sie heucheln, müssten sie die Steuern so hoch setzen, dass es zu einem signifikanten Rückgang des Konsums käme… scheiß auf die Einnahmen. Aber Geld stinkt nicht, weshalb so nicht verfahren wird.

Was ist die geplante Steuer?

Und nun kommen wir zu der geplanten Nikotin-im-Liquidsteuer (NikSteuer), die mit ins Tabaksteuergesetz soll.

Ursprünglich war die erste Begründung, es gehe auch darum, die Steuereinnahmen zu erhöhen. Corona hat halt gewaltige Löcher in den Haushalt gerissen… da muss man was tun.

Milchmädchenrechnung

Und im Entwurf zum Gesetz rechnen sich die Herrschaften die geplante NikSteuer auch gleich mal so richtig schön und fantasieren von 896 Millionen Euro Steuereinnahmen im Jahr 2026. Die Rechnung ist Bullshit, weil sie einerseits an der Realität (tatsächlicher Nikotinkonsum) vorbeigeht und dann auch noch Zuwächse bei den Dampfer-Zahlen von jetzt ca. 2,5 Millionen Nutzern auf 4,1 Millionen Nutzer 2026 voraussagen, was vollkommen hirnrissig ist. Bei der geplanten ersten Stufe erhöhen sich die Kosten schon so immens, dass 1. viele Dampfer (vor allem die gerade umgestiegenen und die Otto-Normal-Dampfer) wieder zur Tabakzigarette zurückkehren werden (ist halt günstiger) und dass 2. umsteigewillige Raucher von einem Umstieg aufgrund der Kosten abgehalten werden. Der Einbruch bei den Nutzerzahlen und der Umsatzrückgang werden für ein Verdorren des Marktes sorgen, weshalb die tatsächliche Zahl der Konsumenten noch weiter zurückgehen wird. Ich prognostiziere einen Rückgang auf vielleicht 200.000 Konsumenten bis 2026, was bei 4 Cent pro ml dann um die 20 Millionen Euro Steuereinnahmen ausmachen wird. Also um Steuereinnahmen geht es nicht (oder die sind so doof und glauben ihrer Fantasierechnung wirklich)!

Es ist nur eine Lenkungssteuer!

Liest man den Gesetzentwurf, stößt man auch ganz schnell auf den eigentlichen Grund für die Einführung der NikSteuer: Lenkung!

Eine Besteuerung dieser nikotinhaltigen Substanzen ist auch vor dem Hintergrund des bestehenden Gefährdungspotenzials geboten. Die Bundesregierung beobachtet kontinuierlich die Entwicklung des Forschungsstandes zu den Risiken der E-Zigaretten. Mit einem von der Bundesregierung beauftragten Review hat das Deutsche Krebsforschungszentrum (dkfz) einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der Forschung zu möglichen Auswirkungen des Konsums u. a. von E-Zigaretten erarbeitet. Die vorliegenden Daten zeigen, dass E-Zigaretten im Vergleich zu Tabakzigaretten weniger Schadstoffe im Aerosol enthalten. Sie sind jedoch trotzdem keine harmlosen Konsumprodukte und können schwerwiegende Krankheiten verursachen. Die gesundheitlichen Folgen des Langzeitkonsums von auf dem deutschen Markt zugelassenen E-Zigaretten lassen sich nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen derzeit noch nicht abschließend bewerten.

Quelle: Re­fe­ren­ten­ent­wurf ei­nes Ge­set­zes zur Mo­der­ni­sie­rung des Ta­bak­steu­er­ge­set­zes (Ta­bak­steu­er­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setz – TabSt­MoG)

Die unreifen und unselbstständigen Untertanen sollen vom Konsum der „ach so gefährlichen E-Zigarette“ abgehalten werden. Schließlich sind das keine „harmlosen Konsumprodukte“, sondern sie können schwerwiegende Erkrankungen verursachen… sagt das dkfz. Und was die sagen, muss ja stimmen! Der Staat will uns erziehen! Wir sollen nicht dampfen! Und setz Dich gerade hin am Tisch, hörste?

Die NikSteuer ist also eine reine Lenkungssteuer! Für eine Verbrauchsteuer sind die Einnahmen einfach zu mickrig.

Na und nun mal dazu, dass wir ja unbedingt Einsicht zeigen sollen und klar machen, dass eine Steuer unumgänglich ist.

Ginge es um eine Verbrauchsteuer (die gleichzeitig Lenkungssteuer ist), könnten wir auch gar nicht gegen die Steuer argumentieren und nur versuchen, sie so gering wie möglich zu halten. Wenn der Staat Geld braucht, dann können wir wenig dagegenhalten.

Aber die NikSteuer ist, wie ich dargelegt habe (viel zu geringe Einnahmen… deswegen wurden schon verschiedene andere Verbrauchsteuern gekippt… weil der Verwaltungsaufwand höher ist, als die zu erwartenden Einnahmen), im Kern eine reine Lenkungssteuer.

Dem können wir nicht zustimmen!

Und DEM können wir ABSOLUT NICHT ZUSTIMMEN! Es gibt nämlich keinen Grund dafür, die Bürger zum Dampf-Verzicht zu erziehen. Die angeführten Begründungen sind nichts als Lügen und bloße Behauptungen die auf Argumenten der ANTZ fußen. Der aktuelle wissenschaftlich Forschungsstand lässt eine Lenkungssteuer schlicht nicht zu, weil es nichts zu lenken gibt.

Wenn wir jetzt sagen, wir sehen ein, dass es eine (Lenkungs-) Steuer geben muss und wir Vorschläge machen, dann gestehen wir ein, dass das Dampfen „schwerwiegende Krankheiten verursachen können“.

Also bitte… wer eine Steuer will, der kann ja nach dem Kauf jedes Produktes einen selbst festgelegten Prozentsatz direkt ans Finanzministerium überweisen… aber sagt nicht, die Dampfe sei so schädlich, dass die Leute vom Konsum abgehalten werden müssen… Ihr stellt Euch damit mit den ANTZ auf eine Stufe.

Verhandlungspartner oder Einhorn?

Und jetzt noch was zum „Verhandlungspartner“…

Wer meint, wir Konsumenten oder wir Konsumentenverbände wären „Verhandlungspartner“ für das Finanzministerium, sollte einfach liegen bleiben und fein weiterträumen von Regenbögen, Einhörnern und fliegenden Elefanten.

Wir sind ein Scheiß fürs Ministerium! Selbst die Händlerverbände (also die reinen Dampfer-Verbände) sind ein Scheiß… die sind viel zu leichtgewichtig, um tatsächlich irgendwas konkret „verhandeln“ zu können. Außerdem verhandelt das Finanzministerium nicht mit den Untertanen über Steuern. Die erheben die einfach. Friss oder stirb! Direkten Einfluss können nur die wirklich großen Lobbys nehmen, die mit viel Geld und unmittelbaren Verbindungen zu politischen Entscheidungsträgern, und Lobbys für Wirtschaftszweige in denen die Politiker eh (als Nebenjob) drinsitzen… oder deren Väter, Mütter, Brüder, Schwestern, Pfroinde… oder von wo die Politiker kommen und wohin sie gehen, sobald sie ordentlich abgesahnt haben.

Unsere Möglichkeiten

Was die Verbände tun können ist:

  1. Den tatsächlichen Entscheidungsträgern eindeutig unsere Position darlegen (KEINE Steuern und schon GAR KEINE auf die Geräte).
  2. Anderen Politikern erläutern, dass wir keine Steuer wollen, dass die Berechnungen für die Verbrauchsteuereinnahmen völlig aus der Luft gegriffen sind und dass es keinen Grund für eine Lenkung gibt. Dafür müssen wir die größtenteils komplett ahnungslosen Volksvertreter aufklären und unsere Argumente selbstverständlich belegen.

4 Antworten zu „Lenkung, Luxus oder Verbrauch?“

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