AFAIK 010 – Käse reift…
…Whisky auch… und Wein… und Obst… und…
Unter einem Reifungsprozess versteht man die Veränderung eines Produkts während der Lagerung durch chemische, biologische oder physikalische Prozesse.
So verändert Käse bei passender Lagerung seine geschmacklichen und auch haptischen Eigenschaften vor allem durch biochemische Prozesse, an denen Mikroorganismen beteiligt sind. Ein wesentlicher Faktor sind hier die Umwelteinflüsse (Licht, Luftfeuchtigkeit, Temperatur etc.). Es passiert aber im Endeffekt chemisch etwas mit einigen Bestandteilen des Produkts.
Wenn Whisky im Fass reift, so ist das weniger ein chemischer Prozess… der Whisky (der ja auch nicht unerhebliche Mengen eines sehr guten Lösungsmittels… Ethanol… also Allohol enthält) nimmt aromatische Bestandteile aus dem Holz des Fasses auf… und verändert damit seinen Geschmack. Es kommen also Aromabestandteile hinzu.
Bei Wein ist es ähnlich, wobei da durchaus auch noch chemische (auch biochemische) Prozesse hinzukommen können.
Bei Flüssigkeiten findet zusätzlich noch eine „physikalische Reifung“ statt. Wobei das Wort eigentlich nicht passt, denn landläufig versteht man unter einer Reifung doch eine chemische Veränderung, die zu einer Änderung der Eigenschaften führt. Die „physikalische Reifung“ besteht in der Verteilung der Inhaltsstoffe innerhalb der Flüssigkeit. Denkbar optimal wäre eine absolut gleichmäßige Verteilung (völlige Durchmischung) der Bestandteile. Dieser Zustand ist rein theoretisch, aber man kann diesem Idealzustand schon recht nahe kommen, indem man einfach die physikalischen Kräfte wirken lässt, bis ein Maximum an Entropie (Unordnung) erreicht ist.
Was ist jetzt mit dem Liquid?
Nun, bei Liquid beschränkt sich die „Reifung“ nur auf die gleichmäßige Durchmengung, also das Erreichen maximaler Entropie. Dies erledigen physikalische Kräfte und die Zeit für uns. Durch die Eigenbewegung der Moleküle wird die Verteilung der Aromabestandteile immer besser. Den Zeitfaktor kann man verkürzen, indem man bei den physikalischen Kräften ein wenig auf‘s Gaspedal tritt. Das kann durch ordentliches Rühren (wer größere Mengen anmischt, dem sei ein normaler Handmixer ans Herz gelegt), durch Schütteln oder durch Wärme (nicht kochen, das Zeug… nur relativ warm stellen) geschehen. Aber eine „Reifung“ durch chemische Prozesse… die findet nicht statt (Erläuterungen findet man hier: DAMPFERmagazin, Ausgabe 09/2014, ab Seite 14: Aromen – Sind wir nicht alle ein bisschen „Grenouille“?).
Achtung! Ein Hinweis noch: Es gibt Aromen, die nicht durch perfekte Löslichkeit in den Hauptbestandteilen des Liquids glänzen (PG, VG, Wasser). Das erkennt man daran, dass sich bei Liquids mit solchen Aromabestandteilen das Aroma ggf. in sichtbaren Phasen absetzt. Hier bewirken die physikalischen Kräfte und die Zeit eher das Gegenteil (das gilt natürlich nicht für weitere andere, besser lösliche Aromabestandteile in dem Liquid). In solchen Fällen hilft nur kräftiges Schütteln vor dem Gebrauch… man muss aber damit leben, dass der schlecht lösliche Bestandteil dann halt nicht optimal im Liquid verteilt sein wird.
Mir fällt jetzt auch keine „bessere“ Vokabel für den Prozess beim Liquid ein… „Reifung“ ist noch am besten („vollständige Durchmischung“ klingt einfach zu gestelzt). Man sollte sich aber im Klaren sein, dass chemisch da nahezu nix passiert.
http://wwwex.physik.uni-ulm.de/lehre/gk2-2007/node31.html
[el57f68747dc99b]
Wenn da chemisch bei Liquids nix passiert, wieso kommt es dann, das es Aromen gibt, die einen mehr oder weniger deutlichen Farbumschlag haben und warum schmecken manche frisch angesetzte Liquids gar nicht gut und nach 2-3 Wochen oder Monaten saulecker?
Wenn ich mich recht erinner, hatte die italienische Dampferaromenfirma auf ihrer Webseite angebeben, das durchaus chemische Prozesse ablaufen und diese auch benannt.
Auch aus persönlicher Erfahrung bin ich davon überzeugt, dass chemische Prozesse in manchen Liquids ablaufen müssen, bis das Liquid fertig ist, woraus die ersten zwei Fragen resultieren.
Kannst du deine Auffassung belegen?
Leider funktioniert das mit dem Verweis auf die PDF-Ausgabe des DAMPFERmagazins nicht mehr.
Den ausführlichen Artikel dazu findet man jetzt hier: http://nebelkraehe.eu/2016/05/aromen-sind-wir-nicht-alle-ein-bisschen-grenouille/
Das Nachdunkeln hat andere Gründe. Es mag einige wenige Aromenbestandteile geben, die bei Zimmertemperatur (oder so bis 100° C) miteinander reagieren… das sind aber eher Exoten… und selbst da laufen die chemischen Reaktionen in nur ganz geringem Maße ab.
So morgen ist #dampfdiday und weil ich letztens über dieses für mich sehr interessante AFAIK gestolpert bin, wirst du morgen nominiert.
LG Elli „Lilith“
Ja PepeCyB, ich wäre auch dafür, dass wir trotzdem von „Reifung“ sprechen.
Aber gut, dass Du nochmal klar gestellt hast, dass es sich nur um Jargon anstelle von „vollst. Durchmischung“ handelt.