Dampfer-Allerlei #3 – Wer? Bung!

allerlei

Es treibt Blüten… das TabakerzeugnisG… und sogar das JuSchG, ohne dass letzteres überhaupt Knospen hat.

Der erste YouTube Kanal hat dicht gemacht, Gockel-Gruppen werden geschlossen (teilweise begründet mit dem Inkrafttreten des neuen JuSchG am 01.04.2016), Forenbetreiber spielen mit dem Gedanken an eine Altersprüfung und eine geschlossene Form… oder vielleicht auch an das Dichtmachen.

Warum? Weil Werbung ja nun verboten wird und weil der Verkauf und das Überlassen von Dampfkram an Minderjährige verboten ist.

Ich versuche jetzt hier mal rasch, auch ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen…

Wo fange ich an?

Am besten beim JuSchG, denn da bin ich ganz schnell fertig. Das liegt daran, dass im alten, wie auch neuen Jugendschutzgesetz keine Regelung bezüglich der Werbung für Tabakwaren (jetzt neu – und nicht mit Perwoll gewaschen – „andere nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse“) existiert. Es ist (noch) nicht verboten, für diese Produkte zu werben (mit Einschränkungen bisher für Tabakprodukte… teilweise freiwillige Selbstbeschränkung). Und es ist auch nicht verboten, diese Werbung so zu zeigen, dass Minderjährige sie wahrnehmen können. Wird also eine Plattform geschlossen und das damit begründet, es geschehe wegen des JuSchG, dann ist das Mumpitz.
Erfolgt die Schließung, um zeitlichen Vorlauf für das Inkrafttreten des TabakerzeugnisG zu haben und die Plattform dafür vorzubereiten, dann wäre das eine logische Erklärung.

Also nochmal: Werbeverbot im JuSchG -> Fehlanzeige. Verbot, Jugendlichen Inhalte über das Dampfen zugänglich zu machen (Lesen in Foren, in SN etc.) -> ebenfalls Fehlanzeige.
Minderjährigen ab dem 01.04.2016 Dampfkram zu überlassen (für „umme“ oder gegen Geld) -> verboten aufgrund des JuSchG; da hat das TabakerzeugnisG absolut nix mit zu tun.

Und nun mal zum Werbeverbot, das mit dem Inkrafttreten des TabakerzeugnisG zuschlägt.

Kurz gesagt (diesmal vorneweg): Werbung („Reklame“) für Dampfkram wird verboten.

§ 19 TabakerzeugnisG
Verbot der Hörfunkwerbung, der Werbung in Druckerzeugnissen und in Diensten
der Informationsgesellschaft, Verbot des Sponsorings

(1) Es ist verboten, für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten oder Nachfüllbehälter im Hörfunk zu werben.

(2) Es ist verboten, für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten oder Nachfüllbehälter in der Presse oder in einer anderen gedruckten Veröffentlichung zu werben. Abweichend von Satz 1 darf in einer gedruckten Veröffentlichung geworben werden,
1. die ausschließlich für im Handel mit Tabakerzeugnissen oder elektronischen Zigaretten oder Nachfüllbehältern tätige Personen bestimmt ist,
2. die in einem Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, gedruckt und herausgegeben wird, sofern diese Veröffentlichung nicht hauptsächlich für den Markt in der Europäischen Union bestimmt ist.

(3) Absatz 2 gilt für die Werbung in Diensten der Informationsgesellschaft entsprechend.

(4) Es ist verboten, Hörfunkprogramme zur Förderung des Verkaufs von Tabakerzeugnissen, elektronischen Zigaretten oder Nachfüllbehältern zu sponsern.

(5) Es ist verboten, eine Veranstaltung oder Aktivität mit dem Ziel oder der direkten oder indirekten Wirkung zu sponsern, den Verkauf von Tabakerzeugnissen, elektronischen Zigaretten oder Nachfüllbehältern zu fördern, wenn
1. an der Veranstaltung oder Aktivität mehrere Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind,
2. die Veranstaltung oder Aktivität in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union stattfindet oder
3. die Veranstaltung oder Aktivität eine sonstige grenzüberschreitende Wirkung hat.

Das wird jetzt zerpflückt!

1. Hörfunkwerbung („Jetzt die tolle neue E-Pfrunzel Futura kaufen und die Manneskraft kehrt im Nu zurück!“) ist nicht mehr erlaubt. Ich persönlich habe aber auch noch keine (bewusst) gehört. Gibt es das? Im Radio?

2. Werbung in Presse oder anderen gedruckten Veröffentlichungen ist nicht mehr erlaubt. Hier geht es also um Druckerzeugnisse, in denen keine „Werbe-Annoncen“ mehr erscheinen dürfen, es sei denn, es handelt sich um Fachpublikationen ausschließlich(!) für Handel und Hersteller.

3. Jetzt wird’s etwas komplizierter. Was für gedruckte Veröffentlichungen gilt, gilt ebenfalls für die „Dienste der Informationsgesellschaft“. Kann jetzt jemand aus dem Ärmel schütteln, was diese „Dienste der Informationsgesellschaft“ sind? Da muss man schon recherchieren.
In der Richtlinie 2000/31/EG (ja, wieder mal was von unseren Freunden in der EU) ist dieser Begriff definiert.

Artikel 2 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
a) „Dienste der Informationsgesellschaft“ Dienste im Sinne von Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie 98/34/EG in der Fassung der Richtlinie 98/48/EG (-> Wortlaut);

…aha… also zur Richtlinie 98/34/EG hupfen…

Für diese Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:
1. …
2. ‚Dienst‘: eine Dienstleistung der Informationsgesellschaft, d. h. jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung.
Im Sinne dieser Definition bezeichnet der Ausdruck
– ‚im Fernabsatz erbrachte Dienstleistung‘ eine Dienstleistung, die ohne gleichzeitige physische Anwesenheit der Vertragsparteien erbracht wird;
– ‚elektronisch erbrachte Dienstleistung‘ eine Dienstleistung, die mittels Geräten für die elektronische Verarbeitung (einschließlich digitaler Kompression) und Speicherung von Daten am Ausgangspunkt gesendet und am Endpunkt empfangen wird und die vollständig über Draht, über Funk, auf optischem oder anderem elektromagnetischem Wege gesendet, weitergeleitet und empfangen wird;
– ‚auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung‘ eine Dienstleistung, die durch die Übertragung von Daten auf individuelle Anforderung erbracht wird.
Eine Beispielliste der nicht unter diese Definition fallenden Dienste findet sich in Anhang V.
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ANHANG V
Beispielliste der nicht unter Artikel 1 Nummer 2 Unterabsatz 2 fallenden Dienste
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3. Nicht ‚auf individuellen Abruf eines Empfängers‘ erbrachte Dienste
Dienste, die im Wege einer Übertragung von Daten ohne individuellen Abruf gleichzeitig für eine unbegrenzte Zahl von einzelnen Empfängern erbracht werden (Punkt-zu-Mehrpunkt-Übertragung):
a) Fernsehdienste (einschließlich zeitversetzter Video-Abruf) nach Artikel 1 Buchstabe a) der Richtlinie 89/552/EWG;
b) Hörfunkdienste;
c) Teletext (über Fernsehsignal).

Um die Sache nun komplett unübersichtlich zu machen, findet man eine entsprechende Definition auch noch im E-Commerce-Gesetz (ECG):

§ 3 ECG (E-Commerce-Gesetz)

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeuten:

Dienst der Informationsgesellschaft: ein in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz auf individuellen Abruf des Empfängers bereitgestellter Dienst (§ 1 Abs. 1 Z 2 Notifikationsgesetz 1999), insbesondere der Online-Vertrieb von Waren und Dienstleistungen, Online-Informationsangebote, die Online-Werbung, elektronische Suchmaschinen und Datenabfragemöglichkeiten sowie Dienste, die Informationen über ein elektronisches Netz übermitteln, die den Zugang zu einem solchen vermitteln oder die Informationen eines Nutzers speichern;
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Nun mag man auf die Idee kommen, es seien damit „Dienste“ gemeint, die nur individuell auf Abruf angeboten würden. Damit würden Foren, Blogs, Gruppen, YT-Kanäle etc. nicht unter das Verbot fallen. Allerdings gelten auch private Websites und Blogs als Telemedien. Damit sind also diese „Dienste“ ebenfalls mit drin und unterliegen dem Verbot aus § 19 TabakerzeugnisG. YouTube-Kanäle wären hier beinahe noch „davongekommen“, sie rutschen aber durch § 20 (Verbot der Werbung in audiovisuellen Mediendiensten) TabakerzeugnisG mit rein. „Audiovisuelle Mediendienste“ sind Fernsehen und audiovisuelle Abrufmediendienste (Video-on-Demand-Angebote, Beiträge in Mediatheken…). Dazu findet man die Definitionen und Begründungen in der Richtlinie 2010/13/EU, die ich hier nicht auch noch zerpflücken möchte.

Das „qualitative Werbeverbot“ aus § 21 TabakerzeugnisG betrifft wiederum die Foren, Blogs, Gruppen etc. nicht direkt, weil es hier um die Ausgestaltung der „werblichen Informationen“ geht. Darf man in einem Medium sowieso nicht werben, so ist es unerheblich, wie die Werbung ausgestaltet sein dürfte.

Also weder in Foren, noch in SN-Gruppen, noch in Blogs, noch in YouTube-Kanälen und ähnlichen Plattformen darf Werbung gemacht werden. Werbung gemacht, bedeutet aber „nur“ Werbung „geschaltet“.

Was ist denn nun „Werbung“?

Die juristische Definition wird aus der Richtlinie 2006/114/EG hergeleitet (Artikel 2 a). Dort ist Werbung definiert als…

„jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, zu fördern“

Und genau in diesem Text ist der „Knackpunkt“ versteckt… das „Ziel“. Damit ist nämlich die „klassische“ Werbung gemeint… was man als „Reklame“ oder auch „Werbeannonce“ (Bannerwerbung etc. pp. was auch immer… scheiß die Wand an…) versteht.
Damit ist nicht der Erfahrungsaustausch über bestimmte Produkte gemeint, sofern er nicht das Ziel hat, den Absatz dieses Produkts zu fördern. Damit ist auch nicht das „Review“ also die Vorstellung und der Test eines Produkts, sofern es nicht das Ziel hat, den Absatz des Produkts zu fördern. Es ist dahingehend auch scheißegal, ob der Reviewer oder der „Erfahrungsaustauscher“ oder „Produktempfehler“ das Produkt, über das er schreibt, gekauft oder geschenkt oder überlassen bekommen hat. Die Zielrichtung ist ausschlaggebend… und die ließe sich nur durch eine nachweisbare „Verbandelung“ mit dem Händler / Hersteller begründen. Reviewer müssen künftig ein wenig mehr Acht darauf geben, dass ihre Reviews nicht wie „Werbesendungen“ aus dem Nachmittagsprogramm aussehen und die Verantwortlichen (und auch die Schreiber) bei Erfahrungsaustausch sollten das auch im Hinterkopf haben. Kommt ein wenig Arbeit z. B. auf Forenbetreiber und Moderatoren zu, wobei das auch nicht zu eng ausgelegt werden sollte (Keine Paranoia entwickeln!). Interessant für die Betroffenen, was „Schleichwerbung“ anbelangt, ist ein Urteil des EuGH (vom 9.6.2011, Az. C-52/10). Da wird klargestellt, dass es nicht auf eine Bezahlung oder kostenlose Überlassung des „Auftraggebers“ geht, sondern um den Auftrag!

Nochmal zusammengefasst: Werbung („Reklame“, „Annoncen“, „Werbe-Banner“…) ist auf sämtlichen üblichen Plattformen aufgrund des TabakerzeugnisG nicht mehr erlaubt (da hat das JuSchG keine Aktie dran).
Produktvorstellungen, Anleitungen, Erfahrungsaustausch, Empfehlungen, Ratschläge, Reviews etc. sind, sofern sie keine kommerziellen Ziele verfolgen, weiterhin erlaubt. Wenn eine Plattform durch Werbung finanziert wird (selbstverständlich keine Dampf-Werbung, sondern irgendwas… Penispumpen fallen mir immer als erstes ein, weiß auch nicht warum…), dann ist das auch unschädlich, sofern es sich um erlaubte Werbeinhalte handelt (ok… keine Pumpe… sag ich mal: Werbung für ein Abo von „Das Güldene Blött“…).

Und ganz zum Schluss nochmal: Es ist absolut nicht verboten, Informationen so anzubieten, dass auch Minderjährige Zugang dazu haben könnten. Weder durch das JuSchG noch durch das TabakerzeugnisG.

Wer jetzt sein Angebot trotzdem einstampft, der ist selbst Schuld, mag sich als „Märtyrer“ fühlen, wird aber beim Suchen nach den „Jungfrauen zur Belohnung“ arg enttäuscht werden. 😉 😀

 

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