Bei aller „Einsicht“

In den „Kompromissänderungsvorschlägen“ hat das BECA-Komitee NICHTS, aber auch GAR NICHTS positives zum Thema E-Dampfen als Möglichkeit der Krebsbekämpfung geschrieben.

Die „Einsicht“ besteht lediglich in ihrer „Festlegung“, dass das Dampfen einigen Rauchern ermöglichen könnte, mit dem Rauchen aufzuhören:

considers that electronic cigarettes could allow some smokers to progressively quit smoking

ist der Ansicht, dass elektronische Zigaretten es einigen Rauchern ermöglichen könnten, schrittweise mit dem Rauchen aufzuhören

Die Einschränkungen in diesem einen Satz sind rekordverdächtig. Erstmal sind es nur ein paar vereinzelte Raucher, die es mit dem Dampfen schaffen könnten, das Tabakrauchen zu lassen… und dann ist das nicht sicher, sondern nur eine entfernte Möglichkeit.

Und es ist klar, worauf das Dampfen mit diesem einen Satz reduziert wird (ein Beleg dafür, dass es so ist, kommt gleich): eine Raucherentwöhnungstherapie! Genussmittel? Harm Reduction durch dauerhafte Substitution? Nö! Nur eine medizinische Therapie!

Damit das Dampfen in dieser Hinsicht nun auch möglichst erfolglos bleibt oder als „Medikament unter vielen“ wahrgenommen wird, machen sie tolle Vorschläge, das sicherzustellen:

considers at the same time that e-cigarettes should not be attractive for minors and non-smokers; therefore, calls on the Commission to evaluate, in the framework of the Tobacco Products Directive, which flavours in e-cigarettes are in particular attractive to minors and non-smokers, and propose a ban on these, as well as on all characteristic flavours in heated tobacco products and novel tobacco products

ist gleichzeitig der Auffassung, dass E-Zigaretten für Minderjährige und Nichtraucher nicht attraktiv sein sollten; fordert daher die Kommission auf, im Rahmen der Richtlinie über Tabakerzeugnisse zu bewerten, welche Aromen in E-Zigaretten für Minderjährige und Nichtraucher besonders attraktiv sind, und ein Verbot dieser Aromen sowie aller charakteristischen Aromen in erhitzten Tabakerzeugnissen und neuartigen Tabakerzeugnissen vorzuschlagen

Nicht attraktiv für Minderjährige? Geschenkt!

Nicht attraktiv für Nichtraucher? WIESO denn? Ach ja, klar, es soll ja nur eine Therapie sein und deshalb sollte kein Nichtraucher das neue Medikament „missbrauchen“, selbst wenn es ihm nicht schadet und er sich dabei wohlfühlt. (da isse wieder, die Reduzierung auf die Therapie).

Und Aromen, die sind es, die das Dampfen so riskant macht. Nicht, weil sie selbst schaden, sondern weil auch Nichtraucher und Kinderlein den Geschmack mögen könnten.

Hier wird ein Aromenverbot „begründet“ (mit den guten alten, längst überholten Argumenten, die auf dem Aspekt „Verführung“ fußen) und es wird auch gleich mal vorgeschlagen, das in einer kommenden TPD3 festzuschreiben.

Und jetzt bitte nicht wieder FALSCH VERSTEHEN! Es geht nicht darum, Aromen an sich zu verbieten. Das wäre gar nicht umsetzbar. Es sind Lebensmittelaromen. Nein, es geht nur darum, Geschmacksrichtung von fertigen Liquids und — so wurden ja auch Aromamischungen und Short-Long-Rängeläng-Ding-Dong-Flüssigkeiten z.B. in Deutschland in die Steuerrichtlinie reingequetscht — speziellen Dampfer-Aromen (also auch solche, die explizit für das Dampfen angeboten werden) zu verbieten.

Das würde also dazu führen, dass „attraktive“ Geschmacksrichtungen (und attraktiv ist alles außer Tabakgeschmack und vielleicht Lebertranaroma) als Fertigliquids, Fills, Aromamischungen im Dampf-Handel und bei Pods und Wegwerfdampfen (Disposables) verschwinden werden.

Genau die Produkte sind es aber, die ein Überleben des Dampfermarkts unter Umständen überhaupt noch möglich machen könnten. Wir müssen uns zwingen, einmal das Periskop aus unserer Dampfer-Freak-Blase auszufahren und zu schauen, wer denn die paar hunderttausend Dampfer z.B. in Deutschland sind. Das sind eben nicht die Blasenbewohner wie wir… das sind Leute, die einfach (und möglichst einfach) so dampfen, wie sie früher geraucht haben. Die erlauben dem Markt das Überleben. Und auch die mögen lieber „Käsekuchen“ als „Kamelscheiße“… kaufen also Geschmacksrichtungen, die für sie attraktiv sind. Fallen die weg, fallen nach und nach auch die Konsumenten weg… und neue kommen dann auch kaum nach. Nur mit weggefallenen und nicht dazukommenden Kunden kann der Handel kein Geld verdienen… aber der Handel kann nur bestehen, wenn der Händler damit die Miete bezahlen und den Kühlschrank füllen kann. Also bleibt nur noch Big-T übrig, denen das egal ist, ob viel Dampfkram aus ihrem Portfolio verkauft wird.

Und falls das noch nicht genügt, findet man in dem Schreibeschrieb noch…

an increase and an upward convergence in minimum excise duties for all tobacco products and their final market price, which would improve prevention by reducing tobacco uptake and use, notably among current smokers, and prevent young Page 6 of 106 people from starting smoking

Anhebung und Angleichung der Mindestverbrauchsteuern auf alle Tabakprodukte und des Endpreises auf dem Markt, um die Prävention zu verbessern, indem die Aufnahme und der Konsum von Tabakwaren, insbesondere unter den derzeitigen Rauchern, verringert und junge Menschen davon abgehalten werden, mit dem Rauchen zu beginnen

Steuern… also MINDESTsteuern möglichst rauf (Deutschland ist da ja schon oben mit dabei), um den Endpreis auch auf ein Mindestmaß zu heben, welches das Dampfen unattraktiv macht (für alle… ist ja auch logisch… man soll ja nach erfolgreicher Entwöhnung auch nicht weiter dampfen).

Hier wird nicht explizit das Dampfen angesprochen, aber bewusst „Tabakprodukte“ geschrieben… und Dampf-Produkte stufen sie auch als Tabakprodukte ein.

a requirement for standardised plain packaging and the obligation to include health warnings on 80 % of the front and back of the packaging of tobacco products, including pictorial warnings

eine Vorschrift für standardisierte, unbedruckte Verpackungen und die Verpflichtung, 80 % der Vorder- und Rückseite der Verpackungen von Tabakerzeugnissen mit gesundheitsbezogenen Warnhinweisen zu versehen, einschließlich bildlicher Warnhinweise

Packungen also „plain“ mit ordentlich Warnungen drauf und „Schockbildern“. Bin mal gespannt, welche „Schockbilder“ es fürs Dampfen geben soll. Vielleicht eine schlammbraun oder giftgrün eingefärbte „Dampferlunge“ oder doch auch ein verfaultes Bein, das einfach als „Dampferbein“ deklariert wird. Ach neee, jetzt fällts mir ein… man nehme einfach ein paar EVALI-Pressefotos (Covid-19 geht auch, man sieht ja von außen nicht, ob ein Virus oder Dampf da drin ist) von Patienten im Intensivbett mit Beatmung… das isses doch.

Und nun noch einmal aus der Blase heraustreten: Plain Packaging und „Schockbilder“ haben beim Rauchen so gut wie nix bewirkt. Weil das Rauchen über Jahrhunderte etabliert ist. Es geht nicht um die Packung, sondern um den Inhalt… und was da drin ist, weiß jeder.

Weil aber der Normalodampfermarkt (die o.g. „Einfach-nur-Dampfer”) noch nicht über so lange Zeit etabliert ist und der Erfolg des Dampfens davon abhängt, dass er wächst und möglichst viele Raucher umsteigen, werden diese Maßnahmen mehr Erfolg haben. Viele wissen nämlich nicht, was in der Packung ist… für die ist die Packung wichtig.

Jetzt mag man meinen, das sei ja nur der Plan zur Krebsbekämpfung, also nicht so wichtig.

Falsch gedacht! Erstmal ist der BECA-Plan unglaublich hoch angesiedelt… und was da zu „Tabakwaren“ drinsteht wird bei der Revision der TPD2 (die dann in einer TPD3 mündet) Beachtung finden. Zumal auch rund um die TPD2-Revision genau diese Ideen schon angeklungen sind.

Ich fürchte, wir müssen uns damit abfinden, dass das E-Dampfen mittelfristig eher eine absolute Nische sein wird und letztlich auch verschwinden (also was Neudampfer und frische Umsteiger anbelangt).

Verschwindet es oder wird es so stark behindert (kein Handel, kein Nachschub), bleibt uns dann nur, uns selbst zu helfen. Es wird in Zukunft keiner mehr darum herumkommen, sich mit dem Selbstmischen zu befassen. Deshalb empfehle ich, das JETZT SCHON zu tun… denn Übung macht den Meister, Ausprobieren nimmt Ängste und Routine erleichtert vieles.

Wo Ihr Euch informiert, ist dabei völlig egal. Ich hatte kürzlich ein Guide dazu in der Nebelkrähe veröffentlicht… und jetzt gibt es die recht neue Seite Vapicon, die sich die Sache auf die Fahnen geschrieben hat und vielversprechend aussieht.

Sucht Euch nach und nach schon einmal Lebensmittelaromen (außerhalb des expliziten Dampfer-Markts), mit denen Ihr dauerhaft glücklich werden könnt. Organisiert Euch (legal, illegal, scheißegal) Nikotin für den Bunker oder denkt über Koffein nach. Fangt mit dem Selbstmischen an, damit Ihr damit weiterdampfen könnt, wenn es den Markt von den Füßen reißt.

Die Software ist gar nicht so das Problem. Viel problematischer wird es mit der Hardware. Die wird dann nämlich irgendwann auch kaum noch zu bekommen sein, wenn der Handel verschwindet (Big-T wird keine guten Akkuträger oder gar Selbstwickler, vielleicht nicht einmal offene Systeme für Euch anbieten). Hier besteht nur die Möglichkeit, sich mit langlebiger Hardware einzudecken und darauf zu hoffen, dass in der Szene der Pioniergeist wieder stärker wird, was Selbstbauprojekte und Gemeinschaftsprojekte anbelangt.

3 Antworten zu „Bei aller „Einsicht““

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