Change.org… nicht Euer Ernst, oder?

Die Einschläge von tatsächlichen oder geplanten Aromenverboten für Liquids kommen immer näher. Und auch im politischen Berlin denkt man offenbar auch immer intensiver über eine solche Maßnahme der Regulierung nach. Alles für den Schutz der Jugend. Ok… zu dem Thema schreib ich jetzt nix.

Na, jedenfalls ist es höchste Zeit, in der Hinsicht auch proaktiv etwas zu unternehmen (wenn es erstmal ein Verbot gibt, wird es nur schwerlich wieder rückgängig zu machen sein).

Ich hatte eigentlich gedacht, zu dem Thema mal ein wenig Bewegung beim BVRA beobachten zu können. Immerhin gab es ja eine „Zuckung“ nach meinem offenen Brief und einen weiteren nichtssagenden Artikel.

Es sieht aber so aus, als käme da nichts… oder sie machen es mit „geheimdienstlichen Mitteln“ und können und dürfen darüber nichts verlauten lassen, weil sie jeden, der etwas davon mitbekommt, erschießen müssten.

Vom BfTG vernimmt man zu dem Thema auch nix.

Doch vor kurzem wurde ich nun auf eine Aktion des VdeH aufmerksam. Eine Petition. Grundsätzlich keine schlechte Idee, weil man damit auch die Konsumenten mit ins Boot holt… und nur gemeinsam besteht irgendwie eine Aussicht, die Katastrophe zu verhindern.

Jetzt mal ein paar Dinge, wie ich Petitionen sehe und wann und wie ich sie für sinnvoll halte. Alles Sachen, die ich anlässlich anderer Petitionen schon einmal geschrieben habe… aber es soll sich ja nun keiner durch mein Blog wühlen müssen.

Das Petitionsrecht ist in Deutschland durch das Grundgesetz garantiert. Das Recht, sich mit Anliegen an die Volksvertretung zu wenden ist in Artikel 17 GG festgeschrieben. Und Artikel 45c GG bestimmt, dass der Bundestag einen Petitionsausschuss für Petitionen gem. Art. 17 GG bestellen muss.

Die rechtlichen Grundlagen sind in Deutschland, gelinde gesagt äußerst dürftig, lückenhaft und teilweise recht alt. Vor allem aber schwer zu finden. Es gibt ein Gesetz über die Befugnisse des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages mit der letzten Änderung aus dem Jahr 2004. Das gibt aber nix her, was das eigentliche Verfahren bezüglich einer Petition anbelangt. Und dann gibt es noch die Grundsätze des Petitionsausschusses über die Behandlung von Bitten und Beschwerden (Verfahrensgrundsätze) vom 15.01.2014, sowie Informationen zu Petitionsrecht und Petitionsverfahren im Datenhandbuch des Bundestages vom 18.11.2019.

Maßgeblich für den Verfahrensablauf sind die „Grundsätze des Petitionsausschusses“. In diesen ist recht ordentlich beschrieben, wie eine Petition ablaufen muss und wie sie behandelt wird.

Ursprünglich war es für eine erfolgreiche Petition erforderlich, innerhalb einer Frist von vier Wochen mindestens 50.000 Unterstützungen (also Unterzeichnungen) zu sammeln. Diese Vorgaben wurden mit Wirkung vom 1. Juli 2024 auf 30.000 Unterstützungen innerhalb von sechs Wochen angepasst .

Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten, eine Petition durchzuführen und einzureichen. Einmal gibt es einige freie Online-Petitionsplattformen, die von verschiedenen Organisationen (private Anbieter) angeboten werden. Zu den bekanntesten gehören openPetition, Avaaz, weACT von Campact und Change.org.

Eine Petition, die über ein solches privates Petitionsportal durchgeführt werden, haben grundsätzlich erst einmal keine wirkliche Relevanz. Sie können ernsthaft eigentlich nur eine öffentliche Wirkung entfalten, indem sie zeigen, dass eine große Anzahl von Menschen ein gleiches Anliegen teilt. Das kann Einfluss auf die öffentliche Meinung haben und auf diese Weise vielleicht sogar mittelbare politische Wirkung entfalten (wenn Politiker dadurch sehen, dass ein bestimmtes Anliegen von einer großen Zahl Bürger – also auch Wähler – vorgetragen wird).

Theoretisch könnte eine solche Sammlung von Unterstützungen nach dem geltenden Recht und den Grundsätzen auch wie eine reguläre Petition behandelt werden. Allerdings findet das in der Realität faktisch nie statt. Das Problem ist nämlich, dass es für den Petitionsausschuss keinerlei Möglichkeit gibt, zu überprüfen, ob die abgegebenen Unterstützungen tatsächlich echt sind. Außerdem genießen etliche dieser Plattformen einen selbst verschuldeten schlechten Ruf. Es fehlt an der Reputation, um ernstgenommen zu werden.

Die sinnvollste und erfolgversprechendste Möglichkeit einer Petition an den deutschen Bundestag ist die Nutzung des Petitionsportals des Bundestages. Wird die Petition dort zugelassen und erreicht in der sechswöchigen Frist das Quorum von mindestens 30.000 Unterstützungen, so muss sich der Petitionsausschuss damit befassen. Die Echtheit der Unterstützungen wird dadurch gewährleistet, dass eine Registrierung beim Petitionsportal erforderlich ist. Will man etwas erreichen, ist das der gangbare Weg. Eine solche Petition entfaltet nicht nur politische Wirkung, sondern natürlich – ebenso wie die bei Privaten durchgeführten Petitionen – eine öffentliche Wirkung. Unterzeichnet man eine Petition beim offiziellen Portal, dann ist die Stimme nicht von vornherein für die Mülltonne.

Eine weitere Möglichkeit wäre, als Petent selbst eine Webseite zum Sammeln von Unterstützungen zu bauen. Dabei könnte man darauf achten, dass die Echtheit der einzelnen Unterstützungen nicht angezweifelt würde. Theoretisch. Also praktisch wahrscheinlich auch. Aber nicht wirklich. Denn dafür müsste man einiges an Daten von den Unterstützern sammeln und speichern… und das wirklich datenschutzkonform zu machen ist der blanke Horror. Ich würde das nie im Leben machen wollen.

Also muss man sich überlegen, was man mit der geplanten Petition erreichen möchte. Möchte man vor allem ein öffentlich wirksames Statement setzen, dann ist ein privates Petitionsportal durchaus gut nutzbar. Die Hürden für die Mitzeichnung sind geringer, denn die Unterstützer müssen sich nicht registrieren oder irgendwie „ausweisen“. Für eine Einreichung beim Petitionsausschuss taugt eine solche Petition aber eher nicht.

Geht es nur oder (neben dem öffentlichen Signal) auch darum, die erfolgreiche Petition beim Petitionsausschuss zu Gehör zu bringen, dann führt kein Weg am offiziellen Petitionsportal des Bundestages vorbei.

Entschließt man sich für eine reine „Signalwirkungs-Petition“ und will dafür eines der offenen Petitionsportale nutzen, dann sollte man die Plattform aber auch mit Bedacht wählen. Einmal, um die Seriosität der Petition sicherzustellen, und andererseits auch, um die Daten der Unterstützer, welche man zur Teilnahme animiert, bestmöglich zu schützen bzw. den Schutz dieser Daten halbwegs sicherzustellen.

Und von den genannten freien Portalen gibt es nur eine einzige, welche diese beiden Punkte gut erfüllt: openPetition.

Zu den wirklich beschissenen Plattformen, die überdies einen miesen Ruf genießen, gehört auf jeden Fall Change.org!

Und nun zurück zur Petition des VdeH…

Schaut man auf die Kampagnenseite

Wir lieben Geschmack (arch)

sieht man auf den ersten Blick auf der Grafik, dass die Petition bei Change.org durchgeführt (arch) wird.

Ach du Scheiße! Was jetzt? Das meinen die doch nicht ernst, oder?

Ausgerechnet Change.org, die Plattform, welche im Jahr 2016 mit dem Big Brother Award „ausgezeichnet“ wurde, weil sie Schindluder mit den Daten der Petenten und Unterstützer treiben, weil sie die Daten nicht nur selbst nutzen, sie in den USA speichern, sondern sie auch noch an andere verhökern.

Eine Plattform, bei der es möglich ist, sich über dubiose Kanäle jede Menge Unterstützungen aus aller Herren Länder einzukaufen und deren Petitionen nahezu immer vom Petitionsausschuss in die Tonne gekloppt werden.

Grundsätzlich ist die Kampagnenseite des VdeH echt gut gemacht. Sie vermittelt die Fakten, zeigt das Problem und die Gefahr auf, führt Daten inklusive Quellen an und ist wirklich einladend.

Sie wirkt auch nicht wie eine typische Seite einen furztrockenen Händlerverbands, sondern zielt sehr gut auf die eigentlichen Adressaten, nämlich die Konsumenten, ab.

Im Abschnitt „Mehr über die Petition“ gibt es aber ein paar deutliche Schwächen. So wird zu Beispiel bei „Wie viele Stimmen braucht Ihr?“ gesagt, dass keine bestimmte Anzahl erforderlich ist. Das ist schon einmal ein Hinweis darauf, dass eine Einreichung nicht wirklich geplant ist bzw. erhofft wird. Dann wird fantasiert, dass sich die Politik aber ab 30.000 Stimmen mit der Petition befassen müsse. Na ja. Befassen klingt jetzt hochtrabend und weckt große Erwartungen. Müssen müssen die aber gar nix. Wenn da was von Change.org kommt, dann landet das im Schredder und es ergeht ein Bescheid über die Ablehnung, ohne dass eine Begründung mitgeliefert werden muss. Hier wird mal mächtig was aufgeblasen, was von vornherein zum Platzen verurteilt ist.

Und dann noch die Frage: „Bis wann geht die Petition?“ Auch hier wird offensichtlich, dass man nicht mit einer Einreichung beim Petitionsausschuss rechnet und den wahrscheinlich auch nicht beabsichtigt. Denn für die Einreichung muss das Quorum von mindestens 30.000 Unterstützungen innerhalb von sechs Wochen ab Start der Petition erreicht werden. Punkt. Aus. Ende. There are no exceptions.

Es sieht also so aus, als ginge es wirklich nur um die Signalwirkung. Nur damit lockt man keinen Dampfer hinter dem Pfrunzel hervor, um dabei mitzumachen. „Zuletzt“ ist nämlich eh vorbei… und die Hoffnung bei den Konsumenten schon lange gestorben. Zumindest was das Suchen der Öffentlichkeit für unsere Anliegen betrifft. Mit einer echten Petition, die dann womöglich im Bundestag behandelt wird, könnte man die Nutzer schon noch irgendwie (mit viel Getrommel) dazu bewegen, mitzumachen. Aber das scheint ja nicht die Absicht zu sein.

Wenn es aber nur um die Signalwirkung geht, weshalb dann so ein Shithole wie Change.org? Die gleiche Wirkung hätte man mit openPetition auch erreichen können, die Sache würde aber seriöser aussehen und man würde die Daten der Unterstützer nicht einer Drecksfirma zu Fraß und zum Verhökern vor die Füße werfen.

Allerdings muss man dabei auch noch im Hinterkopf behalten, welche Außenwirkung eine Petition auf einem dieser Portale wirklich hat. Selbst wenn sie es schaffen würden, innerhalb kurzer Zeit ne halbe Million Unterstützungen zu sammeln, würde niemand davon wirklich Kenntnis nehmen. Solche Petitionen werden im Ergebnis einfach nicht gesehen. Da schreibt keiner drüber. Mal ehrlich: Wann hat in jüngerer Vergangenheit jemand von Euch etwas über eine Petition von Change.org gelesen, die sehr viele Stimmen gesammelt hat? Also jetzt außerhalb der Webseite von Change.org? Na? Seht Ihr!

Da hilft auch eine Pressemeldung des Verbands nicht, denn die Pressemeldungen landen eh irgendwo auf Medien, die eigentlich niemand liest (außer mir… aber auch nur deshalb, weil ich solche Artikel automatisiert sammeln lasse).

Hätte der VdeH wenigstens die seriöse Plattform openPetition gewählt, dann hätte ich darüber geschrieben und sogar selbst unterzeichnet. Aber Change.org? Nein, nie im Leben! Echt nicht! Und ich empfehle es auch niemandem, die Petition zu unterzeichnen, sondern warne ausdrücklich davor. Nicht, weil die Mühe eh für’n Arsch ist, sondern vor allem, weil man damit eine Plattform unterstützt, die es echt nicht verdient hat und weil man denen dann auch noch die eigenen Daten in den gierigen Schlund wirft. Macht das nicht! Bitte!

Die selbe Kampagnen-Seite zu einer richtigen Petition beim Petitionsportal des deutschen Bundestags… und ich wäre begeistert. Ich hätte sofort gezeichnet. Und ich hätte die Werbetrommel dafür gerührt… bis zur Besinnungslosigkeit… überall wo man es hören möchte und überall, wo man es nicht hören möchte.

Und das, obwohl es vom Händlerverband kommt und ich mit diesen Verbänden nicht gerade glücklich bin. Das wäre mal eine Aktion gewesen, die wirklich für beide Parteien wichtig und wertvoll ist.

Aber so? Verkackt!

Schade drum!

Warum machen die das denn? Keine Ahnung. Ich hätte eigentlich gedacht, dass in dem Verband auch genügend Leute sitzen, die Ahnung haben und die ausreichend Verstand haben, eine solche Aktion nicht schon im Ansatz zu verhunzen. Ob ich mich da geirrt habe?

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