Dieser Artikel erschien ursprünglich im DAMPFERmagazin-Online-Portal.
Seit einiger Zeit ist als neue Wickelfaser Bambus-Schnur erhältlich. Die Idee gibt es schon eine Weile und ist nun endgültig auch zu uns herüber geschwappt. Gut so… sonst gäbe es ja nichts für mich zu experimentieren. Die ganze Geschichte rund um Bambus-Schnur hatte ich zunächst zwar zur Kenntnis genommen, aber nicht wirklich verfolgt. Mit Watte und Baumwoll-Schnur war und bin ich so zufrieden, dass ich mich nicht näher damit befasst habe. Überdies sah es bezüglich der Verfügbarkeit nicht ganz so gut aus. In einem niederländischen Shop kann man nun (wenn verfügbar) auch geringere Mengen erwerben. Vorher war nur der Kauf kilometerlanger Knäuel möglich… wobei… teuer war das trotzdem nicht! Um so erfreuter war ich, als mich „Junker“ aus dem DAMPFERboard und der DAMPFERmagazin-Redaktion von ein paar Wochen darauf ansprach. Er hatte eine größere Menge der Bambus-Faser bekommen und fragte mich, ob ich davon etwas zum Experimentieren und Begutachten haben wolle. Klar! Nix wie her damit! Und so hat ein gutes Stück dieser Faser den Weg nach Süd-Ungarn gefunden und ist in meine Hände geraten. Nochmal vielen Dank für die Warenprobe, Schorsch und Manni!
Die Schnur ist im Vergleich zu den bisher von mir genutzten Fasern sehr dünn. Ich musste sofort an das Häkelgarn meiner Frau denken, das sie zum Filet-Häkeln verwendet. Die Farbe ist ein helles Beige und die Oberfläche ist sehr glatt, beinahe seidig. Nun hatte ich zuvor schon aus Neugier das Video von Dirk „Obi“ Oberhaus zum Thema Bambusschnur gesehen und wusste, was da auf mich zu kommt. Als erster Verdampfer musste der FeV2 her halten. Den betreibe ich nun schon seit einiger Zeit mit Baumwoll-Garn, weil ich das Gefühl habe, dass Watte aufgrund der horizontalen Lage und den leicht darauf drückenden Dochten doch recht schnell „in sich zusammen sackt“ und der Nachfluss dann nicht mehr stimmt. Mit Watte kann ich den FeV2 problemlos ungefähr drei Tage betreiben, danach macht sich zunehmend ein Liquidabriss (eher Liquid-Mangel) bemerkbar, den man zwar durch Zuhalten des Luftlochs für eine gewisse Zeit wieder beseitigen kann, der aber immer öfter auftritt. Mit neuer Watte bestückt, ist das Problem dann beseitigt. Baumwoll-Garn hingegen hält da deutlich länger durch und ich muss es meist erst austauschen, wenn die Microcoil ohnehin einen 3börn nötig hat. Was lag also näher, als den FeV2 mit der Bambus-Schnur zu bestücken. Das Einfädeln mittels Draht ist absolut unproblematisch… die sehr glatte Oberfläche des Garns ist dabei sicher auch ein entscheidender Faktor. Vor Inbetriebnahme wurde die Faser und die Wicklung schon einmal mit Liquid benetzt… und dann kam der Test. Bei den ersten vier bis fünf Zügen habe ich einen leichten Beigeschmack feststellen können. Der war aber nicht so unangenehm, wie man es von verschiedenen Glas- oder Silikatfasern kennt, die nicht restlos von Schlichte befreit sind. Ich würde den Geschmack als ein wenig „karamellig“ bezeichnen. Nach einigen Zügen ist er, wie gesagt, weg und ich konnte keine Geschmackseinbußen gegenüber Watte oder Baumwoll-Garn feststellen. Der Nachfluss ist ebenfalls vergleichbar gut.
Als nächster Verdampfer wurde der Taifun GT mit dem neuen Garn bestückt. Auch er funktioniert damit genau gut, wie mit Watte (bei der richtigen Dosierung) oder Baumwoll-Garn. Die Installation war auch wieder kinderleicht. Gleiches gilt für den Kayfun. Im Zuge meines Reviews der Eviva diente auch sie als Versuchsobjekt. Dass sie damit sehr gut betrieben werden kann, ist aber nichts besonderes, weil sie ohnehin völlig unkompliziert ist.
Schließlich habe ich noch die Euforia mit der Bambus-Schnur versehen. Hier habe ich allerdings keine Microcoil-Wicklung verwendet, sondern ganz klassisch mit Faser, Wickelhilfe und Kombidraht gewickelt. Die Kanäle der Euforia sind mit zehn Fäden der Bambus-Schnur perfekt ausgefüllt. Und weil ich garstig bin und die Griechen bei hohen Leistungen dann doch gerne mal ein wenig liquidarm werden, habe ich (ausnahmsweise) eine 0.7 Ohm Wicklung gemacht, damit ich bei vollem ungeregeltem Akku ein Stück über die 20 Watt hinaus komme. Die Bambus-Schnur ist bisher die einzige Faser, bei der es nicht ein Mal zu einem Dryhit kam. Auch neigt die Schnur in der Euforia (ich schätze bei den anderen Verdampfern dieses Prinzips wird es nicht anders sein) absolut nicht zum Absaufen. Hier macht sie echt eine gute Figur… die neue Schnur… ich reim hier nur… 😉
Nun mal zum Material selbst. Wenn man Bambus-Schnur oder Bambus-Garn liest, dann denkt man vielleicht zunächst, dass es sich um eine reine Naturfaser handelt. Aber nein… es sitzen da keine ausgebeuteten armen Arbeiter und schneiden mit einer Nagelschere lange Streifen aus Bambus-Rohren! Bambus-Fasern, die zur Herstellung der Schnur dienen könnten haben eine ganz gemeine Eigenschaft: Die Zellulose-Fasern von Bambus sind nur 2 – 3 mm lang und können deshalb nicht zu einem Faden versponnen werden. Bambus-Garn ist Viskose-Garn! Es wird hierfür lediglich als Rohstoff für die Gewinnung der Viskose halt Bambus verwendet. Aber es ist damit keine Naturfaser im eigentlichen Sinn. Sie wird nur aus einem Naturprodukt hergestellt. Daraus folgt allerdings, dass sich Bambus-Garn nicht von anderen Viskose-Garnen unterscheidet. Die Eigenschaften sind nahezu gleich (Abweichungen können von der Methode des Spinnens und Verdrillens herrühren, diese sind aber nicht abhängig von der Wahl des Rohstoffes). Und da kommen wir jetzt zu einem Punkt… besser gesagt, zu einem Gerücht, das sich immer noch hartnäckig in weiten Teilen der Community hält: Viskose darf man nicht zum Dampfen benutzen. Vermutlich rührt diese Fehlmeinung daher, dass Viskose in der Tat ein Kunstfaser ist… und wenn man Kunstfaser hört, denkt man automatisch an Nylon, Polyethylen und Konsorten… und stellt sich vor, wie die Faser in der Wicklung zu einem schwarzen, geschmolzenen Tropfen mutiert und man giftige Gase einatmet. Ja! Bitte keine Nylonfasern oder ähnliche Fasern zum Dampfen verwenden! Viskose ist aber letztlich nichts anderes als eine Zellulose-Faser. Und nun ratet mal, woraus Baumwolle besteht? Richtig! Zellulose! Der Unterschied ist nur die Gewinnung der Faser. Auf diesen Aspekt gehe ich aber in meinem Artikel „Sauber und diskret!“ (Viel Spaß beim Raten, wer da der Protagonist der Story ist…) Jedenfalls kann man Viskose-Fasern sehr wohl bedenkenlos (nochmal der Verweis auf den anderen Artikel, wo ich das noch näher ausführe) zum Dampfen benutzen. Bei einem echte 3börn verbrennt auch Viskose zu der gleichen fluffigen Asche, wie Baumwolle. Ist ja quasi auch das Gleiche, was da verbrennt. Bambusgarn ist also ein geeigneter und gut funktionierender Liquid-Träger, den man in sehr vielen Verdampfern sinnvoll einsetzen kann. Ein Vorteil ist die hohe Reproduzierbarkeit der Wicklungen, weil es sich um viele einzelne Fäden handelt, die eingefädelt werden. Wenn man einmal die optimale Zahl an Fäden herausgefunden hat, dann kann man bei einem Faserwechsel davon ausgehen, wieder ein identisches Ergebnis zu bekommen, sofern man wieder die gleiche Zahl an Fäden verwendet. Außerdem lässt sich die Faser mit Hilfe eines Drahtes sehr gut und leicht einfädeln, weil sie eine glatte Oberfläche hat und gut gleitet. Und nun… psssssst! Nicht weitersagen! Das ist kein Alleinstellungsmerkmal! Wie ich anfangs schon einmal erwähnte, erinnerte mich die Bambus-Schnur sofort an das Häkelgarn meiner Frau. Sie verwendet gerne die türkische Ören Bayan. Also schleiche ich mich an die Tüte mit der Häkelwolle und greife mir so ein Knäuel. Tatsache, das 50er noch etwas dünner aber schön glatt ist es auch… nur dass es halt weiß ist. Danach habe ich mich natürlich auf Recherche begeben, um heraus zu finden, woraus das Garn denn besteht. Es gibt ja auch Garne aus richtigen Kunstfasern. Bei der, die ich hier habe (Art.-Nr. 5760) handelt es sich allerdings um reine Baumwolle. Diese ist durch Mazeration (Veredelungsverfahren) so schön glatt. Ich habe ein Stück Garn entzündet und sie verbrannte wie Baumwoll-Watte und -Faser ebenfalls zu leichter Asche. Na, und dann habe ich mal im FeV2 das Bambus-Garn gegen Ören Bayan ausgetauscht und festgestellt, dass man nichts feststellt. Ich jedenfalls konnte keinen Unterschied in Geschmack und Transport- sowie Leitfähigkeit feststellen. Somit brauche ich nicht zu warten, dass Bambus-Schnur endlich wieder irgendwo erhältlich ist. Ich hab erst mal genug. Ohnehin werde ich diese Faser nur in den GG-artigen Griechen einsetzen, weil sie dort in meinen Augen wirkliche Vorteile gegenüber allen anderen Fasern bringt. Es gibt halt für jede Faser den passenden Verdampfer und für jeden Verdampfer die passende Faser. Etliche bestücke ich auch weiterhin mit Watte… allerdings seit neuestem sauber und diskret… und viele andere mit Baumwoll-Schnur (die nahezu überall wirklich gut funktioniert und in einigen Verdampfern hervorragend). Und wenn ich mal sentimental werde, dann schnappe ich mir ein Stück Ortmann und wickle den Taifun in der Watte-Version damit.
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