Denkt bitte mal 5 Minuten nach

Gestern „durfte“ ich den ersten Teil der Artikelreihe „BfTG fragt nach“1 lesen… mit Antworten von „die Linke“ zu Fragen bezüglich des Dampfens.

Hat mich nicht überrascht, was da so geäußert wurde. Und ich vermute, dass die Antworten bei allen anderen Parteien halbwegs ähnlich aussehen werden. Die deutlichsten Unterschiede wird es wohl bei der Besteuerung geben… aber auch das sind nur Feinheiten… und ändern wird sich an der Steuer voraussichtlich künftig auch nix.

Ansonsten ist die Essenz doch immer gleich: Streng reguliert werden muss das Dampfen in jedem Fall. Womöglich muss man ein wenig Rücksicht auf das geringere Schadenspotential nehmen. Wer hochgradig tabakabhängig ist, der soll durchaus das Dampfen für einen Rauchstopp nutzen dürfen. Die Jugend muss geschützt werden. Dafür muss man auch über Aromenverbote nachdenken, denn dem Raucher ist es ja egal, ob es nach Tabak schmeckt. Dampfen als Mittel zur THR? Ja, wenn’s sein muss. Dampfen als Raucherentwicklungsmittel? Ja, zur Not, wenn andere Mittel nicht helfen. Aber schädlich ist es trotzdem und streng reguliert werden muss es auch. Um die Jugend zu schützen muss es auf jeden Fall eingeschränkt werden. Nicht nur der Verkauf, sondern auch die Geschmacksvielfalt.

Weder in einer der Fragen des BfTG, noch in einer der Antworten der Partei kommt auch nur im Ansatz der Aspekt des Genussmittels zum Tragen. Auch das BfTG propagiert die Produkte, für die es einsteht, ausschließlich als Mittel zur THR und als Raucherentwöhnungstherapie.

An dem Punkt habe ich mich gefragt, wieso dieser Aspekt so komplett ausgeklammert wird? Ist Genuss was Schlimmes, etwas Verwerfliches, eine Schwäche? Muss man sich schämen, wenn man ein Genussmittel konsumiert? Und muss man sich schämen, wenn man das eigene Produkt als Genussmittel anbietet?

Sicher ist das Argument, dass man mit dem Dampfen das Rauchen aufgeben kann, ein gutes… zumal das Rauchen einen wirklich schlechten Ruf hat. Aber weshalb muss man sich denn komplett darauf beschränken?

Völlig klar… gegen das Dampfen wurde von verschiedensten Seiten von Anfang an hart gekämpft. Und da ist es gut, wenn man neben dem Argument der Unschädlichkeit (dem ja eh stets widersprochen wird) noch mit dem Therapieansatz kommen kann. Darüber wurden die positiven Aspekte des Genussmittels schlicht vergessen. Und das BfTG steht nicht alleine da. Auch in Konsumentenkreisen hat sich diese Verengung etabliert.

Nun mag man denken, das sei kein Drama. Die Argumente wären alleine doch schon ausreichend, das Dampfen zu verteidigen.

Nun… da kommt dann der zweite Artikel2, der mir gestern ins Auge sprang, in Spiel. Da geht es um die Pläne der britischen Regierung, rauchfrei zu werden. Der Plan ist einfach und (von einer gewissen Warte aus betrachtet) auch genial. Das Mindestalter für den Erwerb von Tabakwaren soll ab 2027 jährlich um ein Jahr angehoben werden. Bedeutet: Das Mindestalter für den Kippenkauf ist im Jahr 2027 19 Jahre. Dumm für den, der 2009 geboren wurde und der eigentlich im Jahr 2027 seine erste Zigarre kaufen wollte. Geht nicht. Er ist ein Jahr zu jung. Also noch ein Jahr warten… aber… ach… im Jahr darauf beträgt das Mindestalter nun schon 20 Jahre. Wieder ein Jahr zu jung. Und so geht die Geschichte weiter…

Wer 2009 oder später geboren wurde, wird in UK niemals im Leben Tabakwaren kaufen dürfen.

Um mal den Irrsinn zu verdeutlichen:

Spät, aber nicht zu spät, wird unser Möchtegern-Paffer, im Alter von 28 Jahren erstmals Vater… eine Tochter erblickt das Licht der Welt. Na… da raucht man traditionell doch eine Zigarre. Er nix wie ab in den Laden… doch dort bekommt er, nachdem er seinen Ausweis vorzeigen musste, die Auskunft: „Nein, mein Junge, die darfst Du nicht kaufen. Dafür bist Du noch zu klein…“

Das bedeutet, dass die Raucher in Großbritannien nach und nach aussterben. Es wird keine mehr geben.

Wenn nun das Dampfen nur und ausschließlich als Entwöhnungstherapie oder THR-Mittel angesehen wird, dann gibt es keinen Grund mehr, dass es dieses Produkt überhaupt noch gibt. Und die Befürworter des Dampfens haben absolut kein Argument mehr auf ihrer Seite. (Abgesehen davon, dass es durchaus Überlegungen gibt, das Erwerbsalter dort auch für Vaping-Produkte anzuwenden).

Und damit sind Entwöhnung und THR eben nicht mehr ausreichend, das Dampfen zu verteidigen.

Man mag vielleicht denken, die Pläne der UK-Regierung sind doch gar nicht so schlimm. Es wird nur verhindert, dass neue Raucher-Generationen entstehen.

Na ja… ich halte die Sache für extrem übergriffig. In Hinblick auf den Genuss von Tabakwaren wird das gesamte Volk entmündigt. Es wird erwachsenen Menschen… Menschen, die wählen, die Auto fahren, ein Flugzeug fliegen, heiraten und Kinder in die Welt setzen dürfen, ihr gesamtes Hab und Gut in der Spielbank verzocken dürfen, die Waffen kaufen und besitzen dürfen… nicht gestattet, eine eigene Entscheidung über den Konsum eines Genussmittels zu entscheiden… unabhängig davon, ob es riskant ist, oder nicht.

Das Konzept der britischen Regierung wird mit Sicherheit von vielen anderen europäischen Ländern mit großem Interesse beobachtet (zumal es ja auch schon in anderen Ländern ähnliche Konzepte gibt, z.B. in Neuseeland). Und ich fürchte, einige werden es sich zum Vorbild nehmen. Vorteil für die Regierungen: Man bringt damit nicht diejenigen gegen sich auf, die schon Raucher sind.

Und deshalb ist es wirklich wichtig, das Dampfen ganz herausstechend als harmlosen Genussmittelkonsum anzupreisen. Denn das ist es in erster Linie. Die positiven Nebeneffekte sind, dass man damit das Rauchen aufgeben kann und dass Raucher, die darauf umsteigen, das Gesundheitsrisiko auf ein Minimum reduzieren.

Dabei muss man aber unbedingt noch einen weiteren Aspekt im Auge behalten…

Überall muss man lesen, muss man hören, dass das Dampfen nur etwas für Menschen ist, die Raucher sind. Wer nicht raucht, solle doch bloß nicht mit dem Dampfen anfangen.

Damit aber, wird es wieder ausschließlich auf Entwöhnungstherapie und THR-Mittel reduziert. Und ich weiß nicht, weshalb das so gepredigt wird. Wenn ich als erwachsener, mündiger Mensch das Dampfen ausprobieren oder anfangen möchte, dann sollte das doch meine freie Entscheidung sein. Und niemand muss mich davor warnen. Würde denn irgendwer auf die Idee kommen, jemanden, der noch nie Kaffee getrunken hat und sich nun die erste Tasse seines Lebens im Kaffee bestellt hat mit den Worten zu warnen: „Nein, mach das nicht. Wenn Du noch nie Kaffee getrunken hast, dann fang bloß nicht damit an…“? Klingt doch völlig irrsinnig, oder?

Weshalb also Nichtraucher vor dem Dampfen warnen? Es handelt sich um ein Genussmittel mit sehr, sehr überschaubaren Risiken.

Wenn wir als Konsumenten selbst und auch die Händlerverbände und der verschlafene Konsumentenverband nicht langsam mal anfangen, den Genussmittelaspekt in den Vordergrund zu rücken, sehe ich für die Zukunft sehr schwarz.

Denkt doch mal fünf Minuten drüber nach…


Teile im Fediverse
Teile im Fediverse

  1. BfTG fragt nach – Wahlprüfsteine zur Europawahl 2024 Teil 1 (arch) ↩︎
  2. Großbritannien plant schrittweises Rauchverbot: Eine rauchfreie Generation bis 2027 (arch) ↩︎

11 Antworten zu „Denkt bitte mal 5 Minuten nach“

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