Am 9. Juni wurde ein Artikel zu einer Studie zu Disposables veröffentlicht. Ich hatte die Möglichkeit die Studie in Gänze zu lesen und war einerseits über die grundsätzlichen Erkenntnisse nicht sonderlich überrascht… die Details hingegen sind echt starker Tobak.
Von den Verbänden, die von den Ergebnisse ja ziemlich direkt betroffen sind, konnte man zu dem Thema bislang nichts lesen. Entweder brüten sie noch über eine anständige Ausrede oder sie haben die Brisanz schlicht nicht wirklich erfasst.
Bei BVRA wird es wahrscheinlich auch noch ne Weile dauern, bis sie sich dazu äußern oder endlich einmal im Sinne des Verbraucherschutzes aktiv werden, weil sie ja vor Aktivitäten und Arbeit nicht wissen, wo ihnen der Kopf steht.
Der Artikel, von dem ich hier spreche trägt den Titel
Amtliche Untersuchungsergebnisse von Einweg-E-Zigaretten aus dem Jahr 2022 in Deutschland und wurde bei Springer veröffentlicht (frei lesbar ist nur die Zusammenfassung – Abstract) (arch)
Im Jahr 2022 wurden 250 verschiedene Disposables im Handel erworben und auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben überprüft, um ihre Verkehrsfähigkeit beurteilen zu können.
Auch im frei verfügbaren Text kann man das Fazit lesen: Keine der untersuchten Einweg-E-Zigaretten erwies sich als verkehrsfähig, da mindestens bei einem beanstandungsfähigen Kriterium erhebliche Mängel festgestellt wurden.
Die Ergebnisse im Detail sind aber auch echt der Kracher. Untersucht wurden die Produkte auf
- Angabe des Nikotingehalts
- tatsächlichen Nikotingehalt
- Angabe des Füllvolumens
- tatsächliches Füllvolumen
- angegebene Zuganzahl
- Nikotinwarnhinweise
- Warnhinweise bezüglich Jugendlicher
- Beipackzettel
- Gefahrstoffkennzeichnung
- Kindersicherung
- Verbrauchertäuschung
und
- Anmeldung der Produkte
Knapp 12% der Produkte wies eine Angabe der Nikotinkonzentration in der falschen Einheit auf. Das mag man noch als Kavaliersdelikt ansehen, denn immerhin war die Menge angegeben. 3,3% der Produkte gab eine unzulässig hohe Nikotinkonzentration an. Der Wert überschritt die 20 mg/ml, die in der EU als Höchstwert festgeschrieben sind. Da wurde also knallhart draufgeschrieben, dass die Nikotinkonzentration höher ist, als erlaubt. Dreist! 😉 😀
Bei 229 Produkten wurde dann analytisch auch die konkrete Nikotinkonzentration bestimmt. Da gibt es sehr viele Abweichungen im Detail. Und das sogar unter Einbeziehung der Toleranz von 10 – 20% Abweichung. Insgesamt waren nicht tolerierbare Abweichung bei insgesamt 53% der Produkte nachweisbar. Bei nur 38,8% stimmte die gemessene Konzentration mit der angegebenen Konzentration überein. Bei drei Proben von Disposables mit einer Konzentrationsangabe von 20 mg/ml konnte gar kein Nikotin nachgewiesen werden. Huuups… Und bei 40 Proben betrug die Abweichung mehr als 50%.
Schrieb ich eben dreist? Nun, bei 30% aller Produkte war ein in der EU nicht zulässiges Füllvolumen von über 2 ml angegeben. Dreister! 😉 😀
Bezüglich der angegebenen Zuganzahl sage ich mal als Pepe: Es wurde festgestellt, die Angabe ist für’n Arsch! Bei vergleichbarem Füllvolumen und ähnlicher Akkukapazität gab es enorme Abweichungen. Das ist Verbrauchertäuschung und hätte längst unterbunden werden müssen.
Kindersicherung? Fehlanzeige! Keines der Produkte erfüllte die Vorgaben, die an die Kindersicherung gestellt werden.
Bei 63% der Produkte entsprach der Warnhinweis nicht den gesetzlichen Vorgaben, bei 44% waren die Warnhinweise bezüglich Kindern und Jugendlichen nicht korrekt… und bei 85% gab es Verstöße bezüglich des Beipackzettels. 77% wiesen Verstöße bei der Gefahrenkennzeichnung auf. Ach… und die Hälfte der Produkte (mindestens, denn 44% wurden gar nicht überprüft) waren nicht oder nicht korrekt angemeldet. Hut ab!
Das Fazit der Untersuchung:
Keine der untersuchten Proben war verkehrsfähig, da in jedem Fall mindestens ein Mangel hinsichtlich der Bereiche Nikotingehalt, Füllvolumen, Kennzeichnung oder Meldepflicht vorlag.
Disposables…
Probleme:
- keine Einhaltung des Jugendschutzes beim Verkauf
- Import und Vertrieb illegaler Produkte
- illegale Werbung insbesondere in den Sozialen Medien
- nicht vorhandene Nachhaltigkeit
- enorme Umweltbelastung
- und wie sich anhand der Studie feststellen lässt
- keinerlei Einhaltung gesetzlicher Vorgaben
Lösungen:
Obwohl für die Probleme eigentlich ausreichend gesetzliche Grundlagen vorhanden sind, der Staat aber nicht in der Lage ist, diese zu überwachen und durchzusetzen, gibt es eine ganz einfache Lösung: Kinder mögen leckere Geschmäcker. Erwachsene nicht, die mögen nur Tabak. Also Aromen verbieten, dann hört der Mist ganz schnell auf. So zumindest denkt der Staat. Und es wird so kommen!
Nun mag man denken, das ist zwei Jahre her… heute ist sicher alles ok… Ich fürchte dass das nicht der Fall ist. Mir ist jedenfalls noch keine Besserung zur Kenntnis gelangt… und man liest auch nichts bei „der Instanz“ für den Disposables-Markt, Vapers Insight, wo man sich dieser Produkte angenommen hat und diese seriös und kritisch unter die Lupe nimmt.
Die ganze Katastrophe inklusive der bald eintretenden Auswirkungen hätte aber vermieden werden können. Die Händlerverbände hätten von Anfang an die Gefahr erkennen müssen und mit ihren Möglichkeiten gegen den Boom entgegensteuern müssen. Immerhin sind sie als Verbände von Wirtschaftsteilnehmern abmahnfähig. Aber man hat die Produkte lieber ins eigene Portfolio aufgenommen, weil sich mit diesen schnell und einfach Geld verdienen lässt. Da nimmt man es dann hin, wenn es große Teile des Handels (außerhalb des Fachhandels) noch weniger ernst nimmt mit den gesetzlichen Vorgaben. Hauptsache die Kasse stimmt.
Und auch der einzig verbliebene Konsumentenverband ist untätig geblieben. Um effektiv, insbesondere auch unter Einbindung und Zuhilfenahme der Szene gegen die Disposables-Seuche vorzugehen, hätten sie gar keine Abmahnfähigkeit gebraucht… wenn – gesteuert und ggf. koordiniert durch den Verein – die Konsumenten entsprechende Anzeigen in großer Zahl bei den Marktüberwachungsbehörden erstattet hätten, dann wäre der Hype ganz schnell in sich zusammengebrochen.
So aber wurde von allen zugeschaut, wie die Sache durchstartet, ignoriert, dass gegen zahlreiche Gesetze verstoßen wird, und nun kommt die Quittung.
Die Disposables sind des Dampfens Tod!
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