Ich hatte und habe immer ein ungutes Gefühl, wenn selbst eingefleischte Gegner des E-Dampfens plötzlich „einlenken“ und äußern, dass Liquidverdampfer für „schwerst-abhängige“ Raucher durchaus eine Möglichkeit wären, vom Tabakrauchen zu lassen.
Diese Äußerungen wurden in der Dampfer-Szene teilweise ein wenig „gefeiert“ und so eingeordnet, als hätten die Dampf-Gegner endlich ein Einsehen und begriffen, welche Chancen im Umstieg vom Rauchen auf das Dampfen liegen.
Mir hat das nie gefallen, denn ich sehe den Liquidverdampfer nicht als Therapiemittel, sondern als gesundheitlich unbedenkliches Genussmittel mit dem positiven Nebeneffekt, dass man damit auch noch das schädliche Tabakrauchen sein lassen kann.
Der Aspekt des harmlosen Genussmittels findet bei den ANTZ nämlich immer noch absolut nicht statt, selbst wenn sie ihre „therapeutischen Zugeständnisse“ machen. Sowas muss einen immer misstrauisch machen, denn dass das E-Dampfen ausschließlich auf eine Entwöhnungstherapie reduziert wird, ist nicht gut. So können sich die Gegner darin sonnen, dass sie ja ein Einsehen haben, mit dem tollen Effekt, dass es eher als „Therapeutikum“, denn als Genussmittel erscheint.
Bei der Podiumsdiskussion eGarage Insight [1 ]wurde genau diese Angelegenheit immer wieder thematisiert. Nach dem Motto: E-Dampfen nur für „Schwerstabhängige“ unter ärztlicher Aufsicht und nach ärztlicher Beratung.
Nun könnte man sich zurücklehnen und auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. November 2014 (BVerwG 3 C 25.13; BVerwG 3 C 26.13; BVerwG 3 C 27.13 [2][3][4]) verweisen, in welchem geurteilt wurde, dass nikotinhaltiges Liquid kein Arzneimittel sei und damit die Liquidverdampfer kein Medizinprodukt.
Man muss dabei allerdings auch die Urteilsbegründung anschauen. Und die besagt, dass die Verneinung der Medizinprodukteigenschaft darin begründet ist, dass es keine evidenzbasierten wissenschaftlichen Studien gibt, die nikotinhaltige Liquids als Arzneimittel belegen.
Das hat sich aber inzwischen geändert. Es gibt inzwischen etliche Studien, die zeigen, dass Liquidverdampfer mit nikotinhaltigem Liquid bei der Raucherentwöhnung helfen. Und Gerichtsurteile sind nicht in Stein gemeißelt, sondern können auch später kassiert werden, wenn sich die Grundvoraussetzungen maßgeblich geändert haben.
Die Urteile sind also keine „Versicherung“ dagegen, dass die E-Dampferei irgendwann doch als Medizinprodukt eingestuft werden könnte.
Diese Entwicklung alleine wäre aber noch kein Grund, die dunklen Wolken aus dem Titel zu sehen.
Aber: Der EU-Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Vytenis Andriukaitis, kündigte für die kommende TPD3 eine deutliche Verschärfung der Regulierung an… und das nicht nur für Tabakprodukte, sondern auch für Liquidverdampfer. [5]
Genau DER Andriukaitis, der kürzlich den Konsum von Liquidverdampfern allen Ernstes mit der Einnahme von Gift verglichen hat. [6]
Die Kritik an dieser Äußerung wischt er mit „Schaden ist Schaden. Egal, ob es sich um weniger oder mehr handelt“, vom Tisch. Dann schiebt er noch nach, dass Nikotin, in Form des Konsums durch Rauchen, erst von Columbus nach Europa gebracht worden sei, der Alkoholkonsum hingegen eine 10.000-jährige Kultur ist, weshalb Nikotin „böse“ sei, Alkohol hingegen „auch ein bisschen böse“, aber schon so „alt“, dass es nicht so schlimm wäre. Hut ab! Das ist mal ne „gewagte“ Argumentation.
Er kommt dann ebenfalls mit dem Argument, dass vielleicht schwerst-abhängige Tabakraucher eventuell mit Liquidverdampfern vom Rauchen loskommen könnten, aber: „Wenn man elektronische Zigaretten als Methode benutzt, um mit dem Rauchen aufzuhören, müssen sie von Ärzten und Spezialisten verwaltet werden, um in Apotheken und nicht in Supermärkten verkauft zu werden.„
„Aber in Wirklichkeit sieht man ein anderes Bild. Die Industrie schlägt gefährliche Produkte vor, und sie nutzt verschiedene Lücken in der Richtlinie. Und sie benutzen verschiedene Fürsprecher, um zu behaupten, dass sie weniger schädlich sind. Junge Jugendliche, die noch nie geraucht haben, versuchen, elektronische Zigaretten zu rauchen. Es ist lächerlich„, sagte Andriukaitis.
Andriukaitis sagt, das Recht auf Gesundheit sei grundlegend: „Es wurde mit dem Vertrag von Lissabon eingeführt, und alle unsere Politiker sollten bedenken, dass die Gesundheit der Menschen geschützt werden muss. Es ist ein Grundrecht, Kinder vor Risikofaktoren zu schützen und von Ländern weltweit unterzeichnete Kinderrechtskonventionen umzusetzen.„
Also: Liquidverdampfer in die Apotheke, verschreibungspflichtig machen…uuuund… denkt an die Kiiinder.
So zeigt sich, dass der Ansatz, Liquidverdampfer seien nur als Raucherentwöhnungmittel zu befürworten, ein großes Gefahrenpotential in Bezug auf die kommende TPD3 birgt. Da nützt es auch nichts, sich eine drittklassige Oppositionspartei in Deutschland auf die eigene Seite zu ziehen und zu hoffen, man könne drohendes Unheil abwenden. In „Europa“ wird die Politik gemacht… und dort muss man ansetzen, das Ungemach abzuwenden.
[1] https://web.archive.org/web/20190403195034/https://www.egarage.de/4-egarage-insight-wissenschaft-und-politik-im-gespraech/
[2] https://www.bverwg.de/201114U3C25.13.0
[3] https://www.bverwg.de/201114U3C26.13.0
[4] https://www.bverwg.de/201114U3C27.13.0
[5] https://www.euractiv.com/section/all/news/eu-health-chief-next-commission-will-strengthen-tobacco-rules/
[6] https://www.euractiv.com/section/health-consumers/news/european-commission-compares-e-cigarettes-to-poison/
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