Einer der Gründe für den Erfolg des E-Dampfens sind faktische Standards, die sich im Markt quasi von alleine herausgebildet haben.
Einer dieser Quasistandards wird mit der Bezeichnung 510er“ bedacht. Das gilt für Driptips und für den Verdampferanschluss (männlich am Verdampfer, weiblich am Akkuträger). Spricht man von einem 510er Driptip (Mundstück), so meint man ein solches, das eine Einstecktiefe von ca. 5 mm und einen Einsteckdurchmesser von ca. 8,0 (mit O-Ringen bis zu 8,5 mm) aufweist. Diese Maße stammen aus den absoluten Anfängen der Dampferei und gehen auf die Entwicklung einer der ersten verbreiteten E-Dampfen von der Firma Janty zurück, die „510“. Vertrieben und bekannt wurde diese aber insbesondere durch die Firma Joyetech mit der „Joyetech 510“.
Gleiches gilt für den Verdampferanschluss. Dieser weist ein metrisches ISO-Feingewinde nach DIN 13-1 – M7x0.5 – auf mit einem isolierten zentrierten Pluspol.
Weil in der Ursuppe des Dampfens die Auswahl an Akkus (meist Kombiakkus) mehr als nur übersichtlich war, war es für andere Hersteller sinnvoll, z.B. ihre Verdampfer mit 510er-Anschluss und Aufnahme für ein 510er-Driptip auszustatten. So mussten sie keine eigene Energieversorgung entwickeln und konnten ihre Atomizer für die ohnehin auf dem Markt befindlichen Akkus anbieten oder selbst solche in Lizenz herstellen. Gleiches galt für die Mundstücke (Driptips). Auf der anderen Seite konnten auch Hersteller oder sogar private Bastler Akkuträger bauen und anbieten, die mit den auf dem Markt befindlichen Atomizern kompatibel waren.
Jeder konnte sich eine eigene Kombi aus Verdampfer und Akku zusammenstellen… es passte… es war kompatibel.
Das ist nun schon weit über zehn Jahre her… und ist noch immer Standard. Driptips, die ich 2012 gekauft habe, passen auch heute noch auf moderne Atomizer… und ein ebenso alter Cartomizer-Tank lässt sich auch heute noch prima auf meinen modernen Akkuträger schrauben. Es funktioniert.
Bei den Driptips hat sich neben dem 510er auch noch der 810er Standard gehalten (Einstecktiefe ebenfalls ca. 5 mm und Einsteckdurchmesser 12,0, mit O-Ring 12,5 mm). Diese weisen einen größeren Innendurchmesser auf und werden gerne bei Atomizern verwendet, die für DTL genutzt werden. Ein etwas seltenerer Standard… aber ein Standard.
Klar gab es auch Verdampfer und Akkus/Akkuträger die andere, selbst entwickelte Anschlüsse aufwiesen, die waren dann aber entweder eine Nische oder es wurden (vom Hersteller selbst oder von Fremdherstellern) Adapter angeboten, um die Kompatibilität wiederherzustellen.
Generell wurden aber Produkte bevorzugt, die eben kompatibel waren (und das ist auch heute noch so). Man ist damit einfach nicht von einem einzelnen Hersteller abhängig… und man muss seine Geräte nicht wegwerfen, wenn solch ein Hersteller einmal vom Markt verschwindet.
Die nahezu absolute Kompatibilität endete mit dem Aufkommen von Podsystemen. Hier kocht jeder Hersteller wieder sein eigenes Süppchen. Die Geräte verbreiteten sich auch schnell, weil sie halt sehr einfach zu nutzen und zu bedienen sind. Erkauft werden musste das aber mit der faktischen Abhängigkeit von einem bestimmten Hersteller und der Gefahr, dass man Ersatzteile oder Verbrauchsmaterialien irgendwann nicht mehr bekommt.
Viele Umsteiger, die mit Podsystemen den Einstieg geschafft haben, stiegen oder steigen dann irgendwann doch auf offene kompatible Systeme um… nicht nur, aber auch wegen eben der Kompatibilität (und wegen der meist größeren Leistungsfähigkeit und Variabilität).
Im Juli gab es nun ein paar sorgfältig gestreute Info-Schnipsel einer allseits bekannten und beliebten E-Dampf-Schmiede, nämlich SmokerStore.
Es sei „die Revolution“ in Entwicklung. Sie würde den Nutzern ein völlig neues Dampferlebnis bieten. Die würde durch eine völlig neu entwickelte Steuerung erfolgen, die vom Zugverhalten des Nutzers abhängt und diesem immer einen konstant guten Genuss bieten soll.
Sowas macht in der Szene natürlich neugierig. Es gab halt ein paar Infos, aber insgesamt haben sie es gut geschafft, das Projekt ziemlich geheim zu halten.
Das hat sich mit der Messe InterTabac 2023 aber geändert. SmokerStore stellte den Entwicklungsstand des neuen Systems „Taifun A.I.R“ vor.
Der Atomizer wird mit einem speziellen Sensor ausgestattet, der dann seine Daten in Echtzeit an den geregelten Akkuträger überträgt und ebenfalls in Echtzeit nachregelt.
Im Messeartikel (Teil 1) im Dampfer-Magazin (arch) wird über den Taifun A.I.R berichtet. Und es wird recht deutlich klargestellt, dass das System schonmal nix für Selbstwickelverdampfer ist, weil der Anschluss des Sensors hoch-sensibel ist und sich nicht für DIY eignet. Das bedeutet, das System wird für Fertigverdampfer, wahrscheinlich Podsysteme kommen. Es soll in Lizenz gebaut werden dürfen. Dabei fällt auch der Begriff „Convenience“, der mich immer sofort schüttelt, weil ich sofort an Dosenravioli oder 5-Minuten-Terrine denken muss.
Aber sicher mag es einen Markt dafür geben.. die Kunden, die es einfach haben wollen und denen Kompatibilität und Nachhaltigkeit eher egal sind.
Denn Fakt ist… es wird höchstwahrscheinlich keine System-Verdampfer und System-Akkuträger mit diesem Prinzip geben. Dazu mangelt es eben genau an der Kompatibilität, die das Dampfen über die Jahre so erfolgreich gemacht hat. Ein solcher Verdampfer funktioniert halt nur auf dem dazugehörigen und passenden Akkuträger… und der Akkuträger funktioniert nur mit dem dazugehörigen und passenden Verdampfer. Macht die Hersteller-Buchte dicht, muss man komplett auf ein anderes System umsteigen. 510er? Unmöglich.. man braucht ja mindestens vier Kontakte. Mit einem einschraubbaren Anschluss nicht zu machen.
Die Zielgruppe ist also klar. Und auch die Zielgruppe der Entwicklung an sich. Ich bin nicht sicher, vermute aber, dass SmokerStore sicher auch ein eigenes System herausbringen wird. Gedacht ist das aber, wie im o.g. Artikel und in den bisherigen gestreuten Informationen zu erkennen, eine Lizenzfertigung. Da fragt sich nur, wer denn eine solche Lizenz erwerben soll. Der Markt wird von einer Hand voll Hersteller dominiert, die fast ausschließlich in Shenzhen sitzen… der Kram kommt aus China. Ob SmokerStore da einen Fuß in die Tür bekommt? Und ob die Lizenz für längere Zeit in Anspruch genommen wird…die Chinesen sind ja auch nicht blöd und werden mit dem Know-how, dass sie mit dem Lizenzerwerb bekommen, sehr schnell in der Lage sein, ein vergleichbares System nachzubauen, das für sie sicherlich billiger ist.
Ich sehe zwar den Markt im Consumer-Bereich für solche Systeme… den gibt es ja auch für den Disposable-Dreck und die Walled-Garden-Podsysteme… aber ich sehe den Markt im Bereich der Hersteller einfach nicht.
Na ja… solange sich SmokerStore treu bleibt und auch weiter Produkte für kompatible Geräte anbietet und entwickelt, ist für mich alles in Ordnung. Ein Schwenk auf den Convenience-Markt wird für sie eher keine Zukunft haben… dafür sind sie einfach ein zu kleines Licht und sitzen im falschen Land.
Nicht falsch verstehen. Ich war immer ein „Fan“ von SmokerStore und seinen Produkten. Vom Ur-Taifun (der mit dem Watte-Tank… ein geniales Ding) über den ersten GT, den kleinen GT, bis zum GT IV habe ich alle Verdampfer der Hardware-Schmiede geliebt. Der GT IV ist bei mir noch immer in täglicher Benutzung. Und auch der Skarabäus-Akkuträger läuft bei mir regelmäßig. Einige habe ich ausgelassen, weil sie mich nicht ansprachen und den GT V hab ich zu meinem Glück verpasst… da wurde wohl zu viel gewollt und zu wenig auf die Praktikabilität geachtet… aber sowas gibt es immer und ab und an mal bei fast jedem Hersteller. Insgesamt lasse ich auf SmokerStore nix kommen.
Aber das jetzt, so befürchte ich, wird nicht zünden. Die Kompatibilität über den Haufen zu werfen und von Lizenzen zu träumen ist in meinen Augen eine schlechte Entscheidung. Hoffentlich geht das spurlos an der Firma vorbei.
Und beim Marketing sollten sie auch aufpassen. Da wird mir zu viel in Hinblick auf die Verbrauchersicherheit geschwurbelt. Der Erfolg des Dampfens ist nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen, dass man immer recht autonom und eigenverantwortlich agieren konnte (aber nicht musste). Ein Gerät, das mich wegen der Sicherheit in meiner Freiheit einschränkt… quasi bevormundet, das ist nicht meins. Das wieder klingt nach Apple oder dem Gnome-Desktop, wo der Hersteller meint, mir vorschreiben zu müssen, was gut für mich ist und wie ich zu dampfen habe. Das ist auch ein ganz gefährliches Terrain, was die Kommunikation in der Öffentlichkeit anbelangt, denn das impliziert, dass die bisherigen Systeme nicht „sicher“ genug sind. Auf solche Argumente springen Politik und ANTZ-Organisationen allzu gerne an.
Bin gespannt, wie sich das mit dem A.I.R entwickelt…
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