Im Jahr des Herrn 2014 gab es Grund zum Feiern für die noch junge Dampfer-Gemeinde. Damals ergingen mehrere Gerichtsurteile, die klärten, ob Liquids Arzneimittel sind und ob Atomizer Medizinprodukte sind.
Die Angelegenheit begann zwar schon Jahre früher, aber 2014 erging dann eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts: E-Zigarette ist kein Arzneimittel oder Medizinprodukt
Das war das Sahnehäubchen auf der Angelegenheit, nachdem schon 2013 das EU-Parlament per Abstimmung klargestellt hat, dass „E-Zigaretten“ nach damaligem Stand keine Arzneimittel sind.
Das war prima.
In den folgenden Jahren bis heute wurde das Dampfen dann immer mehr in Richtung Entwöhnungsmittel aufgebaut. Das ist an sich ja auch nicht schlimm und entspricht der Realität. Dann kam auch noch der Begriff der Tobacco Harm Reduction (THR) dazu. Auch positiv.
Lange Zeit wurde von „Experten“, ANTZ-Organisationen und einzelnen ANTZ, sowie von Entscheidungsträgern, die am Tropf der Pharmaindustrie hängen, widersprochen, dass das E-Dampfen gesundheitliche Schäden minimieren kann oder zur Raucherentwöhnung taugt. Erst seit kürzerer Zeit hat sich das geändert. Die Studienlage dazu ist einfach zu erdrückend geworden. Und auch die Möglichkeit der THR durch Pfrunzeln wird (immer schön eingeschränkt auf die ganz schlimm Tabakabhängigen) eingeräumt.
Ein großes Problem bei dieser an sich positiven Entwicklung ist, dass hier Begriffe nicht exakt aufgefasst und oft falsch verwendet werden.
Raucherentwöhnung wird gerne gleichgesetzt mit der Nikotinentwöhnung. Das eine sind aber Äpfel und das andere Birnen.
Raucherentwöhnung
E-Dampf Wiki
Methode zur Erreichung des Rauchstopps. Der Nikotinkonsum und/oder auch das Inhalationsverhalten muss dafür nicht aufgegeben werden.
Nikotinentwöhnung
E-Dampf Wiki
Methode zur völligen Beendigung den Nikotinkonsums, unabhängig von der Konsumform.
Sicherlich kann man das Dampfen auch zum Zweck einer Nikotinentwöhnung nutzen, aber die überwiegende Mehrheit der Dampfer (die fast ausschließlich vorher Raucher waren) nutzt das Dampfen als Methode der Raucherentwöhnung und der THR.
Tobacco Harm Reduction (THR; Tabak-Schadensminimierung) stellt ein Konzept dar, das die Abnahme der mit den durch den Konsum von Tabakrauch verbundenen Risiken und Gesundheitsgefährdungen zum Ziel hat. Unter den Begriff Tabak-Schadensminimierung fallen Maßnahmen, die diese Risiken senken, ohne dass sie unmittelbar oder unbedingt zur Substanzfreiheit beitragen müssen.
THR ermöglicht den Substanzkonsum des Nikotins ohne die mit dem Tabakrauch verbundenen enormen gesundheitlichen Risiken. Prominentestes Produkt für THR ist der mobile Liquidzerstäuber („E-Zigarette“; E-Dampfgerät; Verdampfer), der durch die inhalative Nutzung die Hürde für einen Umstieg auf ein sichereres Nikotinprodukt besonders leicht macht. Er erlaubt eine schadstoffärmere Nikotininhalation. Weitere Produkte der THR sind HNB-Geräte (Tabakerhitzer), Snus und Nikotinbeutel (Pouches).
Während Protagonisten aus den Bereichen der Medizin und der Pharmaindustrie oder ANTZ bei THR von einer befristeten Nutzung mit dem Ziel der Inhalations- und Nikotinabstinenz ausgehen, wird die THR im wissenschaftlichen und soziologischen Kontext sowie von den Konsumenten als alternative Möglichkeit des auch dauerhaften Nikotinkonsums ohne bedeutendes Schadenspotential angesehen.
E-Dampf Wiki
Sie konsumieren weiterhin Nikotin (selbst wenn sie ursprünglich einmal die Idee hatten, irgendwie ganz auf Nikotin verzichten zu wollen), vermeiden aber die schädlichen Auswirkungen des Tabakrauchens.
An dieser Tatsache ändert sich auch nichts, wenn man persönlich eine Hand voll oder gar ein Dutzend Menschen kennt, die letztlich das Dampfen auch aufgegeben haben.
Die damalige Einstufung, dass Pfrunzeln kein Arzneimittel oder Medizinprodukt sind, ist aber nicht in Fels gemeißelt. Sie erfolgte, weil zu der Zeit dem Dampfen noch deutlich abgesprochen wurde, dass es beim Rauchstopp (BEACHTE: nicht Nikotinstopp) helfen könnte. Die Funktion fehlte in den Augen der Entscheider und Richter (kein Funktionsarzneimittel) und auch die Präsentation, dass es als Mittel zum Rauchstopp dienen kann (Präsentationsarzneimittel) gab es nicht in der Breite. [1]
Wenn sich diese Parameter aber ändern (durch wissenschaftliche Studien, Anerkennung oder Präsentation als Entwöhnungsmittel), dann kann sich auch die Einstufung ändern. Und damit besteht auch weiterhin die Gefahr, dass das Dampfen bzw. Liquids und Atomizer irgendwann doch zumindest als Präsentationsarzneimittel eingestuft werden. Und die Gefahr ist gar nicht so gering. Derzeit wird ganz massiv gegen das Dampfen gearbeitet. Horrende Steuern, mögliche Aromenverbote, Ideen von Leistungsbeschränkungen oder der Einschränkung offener Systeme werden das Dampfen mittelfristig ins absolute Schattendasein verbannen. Wenn es denn dann erstmal nahezu verschwunden ist, wäre es blöd, wenn die Pharmaindustrie daraus nicht noch einen weiteren Nutzen ziehen kann. Das Big-P-Pfrunzel aus der Apotheke, das noch viel besser wirkt, als Pflästerchen, Kaumimis oder Sprühflaschen. Das wäre dann der „Endsieg“ für alle ANTZ und für Big-P.
Deshalb reagiere ich misstrauisch oder allergisch, wenn ein vermeintlicher Befürworter offen oder durch die Blume… beabsichtigt oder versehentlich durchblicken lässt, dass es ihm letztlich doch um die totale Nikotinentwöhnung geht. Denn genau das ist der letzte Baustein, aus dem Dampfen doch noch ein apothekenpflichtiges Mittelchen zu machen.
Es gibt die offenen ANTZ… die vor Dir stehen, Dir die Mündung der Knarre auf die Stirn halten und abdrücken… und es gibt die heimlichen ANTZ, die sich vertrauensvoll neben Dich stellen und den Arm um Dich legen… und dann das Messer in ihrer Hand ganz genüsslich langsam von hinten durch die Rippen ins Herz schieben.
Wer immer nur von Entwöhnung oder THR spricht und niemals von Genussmittel, der ist zumindest verdächtig, zur zweiten Art zu gehören.
Deshalb lege ich allen Dampfern ans Herz, mehr zu betonen, dass das Dampfen für sie Genussmittelkonsum ist… der den schönen Nebeneffekt hat, dass sie damit auch noch das Tabakrauchen einstellen konnten.
Und achtet drauf, wie sich vermeintlich „gute“ Protagonisten öffentlich äußern… habt ein Auge auf die Messer in den Händen!
[1]: Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel
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