Selbstwickler tot?

Hier und da in der Dampfer-Szene wird die Frage gestellt, ob das Selbstwickeln gerade einen langsamen, nachhaltigen Tod stirbt. Am intensivsten wurde es gerade kürzlich in der Dampferzuflucht diskutiert… und da gab es viele Aussagen, die ich locker unterschreiben könnte.

Weil sich das Thema aber an vielen Ecken findet, hier einmal meine Gedanken dazu und auch ein paar Anregungen.

Wir entwickeln uns in weiten Teilen, was Selbstwickler betrifft, auf den Stand von 2014/2015 zurück. Damals gab es eine sehr überschaubare Auswahl an Selbstwicklern und die meisten waren MTL-Verdampfer. DTL war im Kommen, aber man bekam fast nur rDL Atomizer zum Selbstwickeln… abgesehen von Tröpflern für den“Pinoy-Style“.

Die Auswahl an Selbstwicklern ist auch jetzt noch etwas besser, aber es scheint sich auf besagten Stand zurück zu entwickeln. Der Unterschied ist, dass die eingefleischten Selbstwickelnutzer der Blase schon einen reichhaltigen Fundus im Schrank haben. Damit sind sie nicht so dringend auf neue Produkte angewiesen.

Der Rückgang der Verfügbarkeit von Selbstwicklern hat nach meiner Einschätzung verschiedene Gründe.

Einer davon ist, dass eine natürliche Gesundschrumpfung des Marktes stattfindet. Von dem oben erwähnten Zeitpunkt bis ungefähr 2017/2018 fand eine kontinuierliche Weiterentwicklung mit besonderen Fortschritten in Technik, Bedienung und Komfort statt, die zum Ende hin, als keine großen Entwicklungsschritte mehr stattfanden, in ein Überangebot verschiedenster Selbstwickler gipfelte, die sich eigentlich nur noch in Form und Preis unterschieden. Der Markt wurde mit immer gleichen Selbstwicklern überschwemmt und der letzte Schwung des alten HWV-Effekts wurde durch zahlreiche Hersteller so ausgenutzt. Irgendwann hatten aber auch die irrsten Jäger und Sammler ihren Hunger gestillt und das Verlangen nach neuen Produkten nahm ab, sofern keine bedeutenden Weiterentwicklungen stattfanden. Der Kaufrausch verebbte. Und damit verebbte auch das Engagement der Hersteller und Händler.

Selbstwickler sind kein wirklich lohnendes Geschäft für den Handel, sobald die Kunden nicht wie irre alles wegkaufen, was – durch Influencer gehyped – in den Shops landet. Ein Selbstwickler bringt nur einmal Kohle… nämlich beim Verkauf. Mit den Verbrauchsmaterialien kann der Handel nicht überleben, denn Drähte und Watte sind zu billig, um damit ordentliche Einnahmen zu generieren.

Der Zeitpunkt war gekommen, die „Neuentwicklung“ (was man so Neuentwicklung nennt) zu drosseln.

Hinzu kam, dass die Fertigkopfverdampfer auch weiterentwickelt wurden… und hier gab es in dem Zeitraum wirklich enorme Fortschritte. Anfangs waren Selbstwickler in Hinblick auf Geschmack und Leistungsfähigkeit den Fertigverdampfern haushoch überlegen. Wer viel Dampf, dichten Dampf, enormen Geschmack haben wollte, der musste zwangsläufig irgendwann anfangen, selbst zu wickeln.

Doch die Fertigverdampfer haben da über die Jahre mächtig aufgeholt. Sicherlich ist mit Selbstwicklern noch immer ein bisserl mehr rauszuholen, aber der Abstand ist wesentlich geringer geworden. Das führte dazu,dass selbst eingefleischte Dampfer – aus verständlicher Bequemlichkeit – gerne immer öfter zu Fertigverdampfern griffen. Damit sank die Nachfrage nach eh immer gleichen Selbstwicklern noch weiter. Und der Handel reagiert dann natürlich auch mit einer Verlagerung des Warenangebots.

Ich schätze, dass das Käuferpotential für SWVD heute ungefähr genauso groß ist, wie es zu Beginn der Reise war. Es kommen aber nur noch wenige Neukunden dazu. Das Angebot ist geschrumpft… und die eklatant gestiegenen Kosten für Flüssigkeiten führen auch eher dazu, sparsamere Systeme, wie z.B. Pods zu nutzen, um dauerhaft weiterdampfen zu können. Damit ist das Geschäft… und daraus folgend auch das Angebot auf dem absteigenden Ast.

Selbstwickler werden sicher nicht völlig verschwinden, aber sie werden immer mehr zu einen Nischenprodukt. Und Nischenprodukte haben meist den Nachteil einer geringen Vielfalt.

Ich sehe das aber auch gar nicht als so problematisch an. Es gibt eine Hand voll Verdampferprinzipien und es gibt da auch kein Rad mehr, dass man unbedingt neu erfinden müsste. Und es gibt für jedes der Systeme auch ein paar Angebote auf dem Markt. Keiner wird auf Selbstwickler verzichten müssen, sofern diese Produkte nicht irgendwie wegreguliert werden. Es ist nur aus mit den seitenlangen Angebotslisten sich frappierend ähnelnder Selbstwickler. 😉

Und es wird auch weiterhin „Nachwuchs“ geben. Halt auch wieder etwas weniger… wahrscheinlich nur solche Dampfer, die das Dampfen auch als Hobby entdecken.

An der Stelle sind wir „Altgedienten“ gefragt. Ich beobachte immer wieder mal, dass Neueinsteiger ins Selbstwickeln schon nach kürzester Zeit mit fortgeschrittenen Tipps und Empfehlungen, es doch mal mit der Alien-Coil zu versuchen. Dabei steht der Beratene noch ganz am Anfang und ich halte es für sinnvoller, sie erstmal mit den Basics machen zu lassen, bevor man sie an die fortgeschrittenen Techniken heranführt.

Wichtig ist es doch, die Grundlagen des Selbstwickelns aus dem Effeff zu beherrschen… selbst Coils aus Rund- und Flachdraht bauen… mit verschiedenen Innendurchmessern… optimales Verlegen des Trägermaterials… etc.

Hat man das verinnerlicht, dann gehen die fortgeschrittenen Techniken auch besser von der Hand… und man hat Erfahrungen gesammelt und ein Gefühl dafür entwickelt, wie sich verschiedene Wicklungen auf das Dampferlebnis auswirken.

Viele Einsteiger lassen es wieder sind, wenn sie gleich zu Anfang mit allen möglichen Spezialwicklungen überfordert werden.

Dies sollten wir, wenn wir Tipps geben und beim Einstieg helfen, im Hinterkopf behalten.

Nein, das Selbstwickeln ist nicht tot… es ist nur auf ein normales Maß zurückgeschrumpft.

„Normales“? Ja, „normales“… Selbstwicken ist keine Breitensportart. 😉

Eine Antwort zu „Selbstwickler tot?“

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