Wir leben in interessanten Zeiten

Vor ein paar Tagen herrschte Empörung über einen Vorstoß der Grünen bezüglich eines umfassenden Werbeverbots für Tabakwaren, das auch E-Dampf-Produkte einschließen soll. Ich frage mich nur, haben denn alle (einige mögen erst jetzt auf diese Ideen aufmerksam geworden sein… die sind entschuldigt) die letzten Jahre geschlafen?

Altes Thema aufgewärmt

Das ist doch kein neues Thema und schon lange in Vorbereitung. Grund für das geplante Verbot der Außenwerbung und der Ausspielung ist das FCTC-Rahmenabkommen. Wer sich hier Artikel 13 zu Gemüte führt, muss feststellen, dass Unterzeichnerstaaten (Deutschland gehört dazu) früher oder später dafür sorgen muss, dass JEGLICHE Werbung für Tabakprodukte verboten wird. Und COP6, sowie COP7 haben klar gemacht, dass dies ganz speziell AUCH für ENDS (electronic nicotine delivery systems = E-Dampfgeräte) umgesetzt werden muss, denn die sind das Werk des Teufels und verhindern die Eindämmung des Tabakkonsums. ‘luja!

Im ersten Entwurf für das Änderungsgesetz zum TabakerzG (Drucksache18/8962 vom 28.06.2016) standen die nun von den Grünen erneut erhobenen Forderungen drin. Dass das nicht durchkam, lag am Widerstand bestimmter Fraktionen im Bundestag infolge erfolgreicher Lobbyarbeit der Tabakindustrie. Die Grünen holen das also jetzt nur wieder neu aus der Schublade und streben einen erneuten Versuch der Umsetzung an.

Was die nun geritten hat (ich halte das in Bezug auf die Gleichstellung der E-Dampf-Produkte für falsch und verwerflich), darüber kann man nur spekulieren. Vermutlich wollen sie damit wieder mal einen Finger in die Wunde legen und aufzeigen, dass unsere Gesetzgeber (ich sag‘s mal milde) „empfänglich für gut gemeinte Ratschläge der Tabakindustrie sind.“

Ob es nun im nächsten Anlauf durchkommt (ein entsprechender Gesetzentwurf wird sicher demnächst mal kommen… jetzt darf ja wieder regiert werden), wird man sehen.

Aber der Entwurf 2016 kam nicht von den Grünen… der kam von der BUNDESREGIERUNG… also der damaligen Koalition… jetzt haben wir ja ne völlig „neue“ Koalition, die unsere Geschicke lenken darf.

Also man kann sich vielleicht aufregen, dass die Grünen das jetzt wieder ausgegraben haben und hier gewohnt bigott (bezüglich ihrer Vorstellungen z. B. zu Marihuana) agiert… aber eine Erfindung der Grünen ist das nicht. Und neu auch nicht.

Ich bin sicher, früher oder später wird das eh umgesetzt… und dann auch für unsere E-Dampf-Produkte. Es wird den Markt für letztere aber nicht sonderlich erschüttern, denn was z. B. die Außenwerbung anbelangt, findet man aus „unserer Produktsparte“ eh nur Werbung von Big-T und sehr wenigen – nicht besseren – Big Playern aus der E-Dampf-Branche.

Bin gespannt, wie sich dieses Thema weiter entwickelt…

Posh

Und dann schlug jetzt die Sache mit Posh ein. So wie es aussieht, haben die wohl Geräte (soll wohl nur genau ein Produkt gewesen sein, das betroffen ist) importiert und nicht selbst gemeldet, weil sie der Auffassung waren, dass das Produkt bereits vom Hersteller entsprechend gemeldet wurde. Und da hat InnoCigs mal gleich reagiert und abmahnen lassen. Das Hinterlegen einer Schutzschrift hat nix gebracht, sie verfahren aber einfach weiter so, geben das Produkt an ihre Händler zum Verkauf weiter und lassen es wohl auf eine gerichtliche Auseinandersetzung ankommen.

Nun ist die Sache nicht ganz so eindeutig, wie es teilweise dargestellt wird. Fakt ist, dass Posh der Importeur im Sinne des Gesetzes ist. Damit kann sich die Firma tatsächlich nicht darauf zurückziehen, das Produkt sei (im konkreten Fall soll es so nicht einmal gewesen sein… das war wohl innerhalb der EU noch gar nicht gemeldet… weder von einem Importeur, noch vom Hersteller) vom Hersteller gemeldet.

Trotzdem könnte es interessant sein, wenn Posh die Sache bis zum bitteren Ende durchzieht (finanziell sollten sie dazu durchaus in der Lage sein), denn hier sind noch einige andere Punkte wichtig.

Gängige Praxis ist derzeit, dass jeder, der ein Produkt importiert, dieses melden muss und dass für jeden, der das tut, ab diesem Zeitpunkt die „sechsmonatige Frist des Nichts“ beginnt. Dass so verfahren wird, liegt einerseits daran, dass die gesetzliche Regelung in genau DIESEM Punkt einmal nicht sonderlich eindeutig ist und deshalb jeder Importeur aus Sicherheitsgründen lieber selbst nochmal ganz frisch registriert und sechs Monde wartet. Andererseits liegt es aber auch am derzeitigen Verfahren der Meldung. Es sollte eigentlich für jeden Händler mit Zugang zur Registrierung die Möglichkeit bestehen, abzufragen, ob das betroffene Produkt bereits registriert und mit einer eindeutigen ID versehen ist. Damit würden sich Mehrfacherfassungen in Hinblick auf das Produkt erledigt haben und es wäre nur noch nachvollziehbar, wer alles ein bestimmtes Produkt als Verantwortlicher auf dem Markt handelt.

Der Staat kommt seinen Pflichten nicht nach

Der Verpflichtung auf die Zugänglichmachung der gemeldeten Produkte sind die Verantwortlichen bislang nicht nachgekommen. Auf Druck von InnoCigs wurde diesen aber nun wohl der Datenbestand zugänglich gemacht. Und nicht weil sie so ritterlich sind, hat nun auch das BfTG die Daten, sondern, weil das eh alles eine große Pampe ist… gibt der eine D. dem anderen D. die Daten… wie selbstlos. Und damit kann der Verband nun hausieren gehen und versuchen, weitere Mitglieder zu bekommen, die auch gerne sehen würden, was denn schon alles schon gemeldet wurde. Eigentlich ein Anspruch, den JEDER Wirtschaftsakteur in dem Bereich hat. Ich schätze, es wird nicht lange dauern, bis die Daten auch tatsächlich jedem zugänglich gemacht werden, denn da werden einige Player deftig nachhaken. Es kann auch nicht angehen, dass man Daten, auf die man einen Anspruch hat, nur dann bekommt, wenn man einem bestimmten Verband angehört.

Und wenn DAS dann endlich geschehen ist, wird es auch nicht lange dauern (vielleicht macht Posh da den nächsten Schritt), bis gerichtlich mal geklärt wird, wie es denn mit der sechsmonatigen Frist aussieht, wenn ein Produkt unter Wahrung dieser Frist schon gemeldet war. Denn im Gegensatz zu der Verpflichtung, die für Importeure gilt und die recht eindeutig im Gesetz geregelt wurde, ist die Sache mit der Frist nicht so glasklar.

Wartefrist?

Es geistert ja immer noch (auch bei vielen Händlern und kleineren Importeuren) das Gerücht umher, jeder, der ein Produkt importiert und verkaufen will, müsse das nicht nur melden, sondern auch die sechs Monate warten… das stünde so in der TabakerzV. Nun, so klar ist das eben nicht. Die Wartefrist wird von Händlern/Importeuren derzeit vor allem deshalb immer wieder neu eingehalten, weil diese keine Möglichkeit haben, zu schauen, ob und wann das Produkt erstmals gemeldet wurde… und aus purer Verunsicherung.

Was nämlich die Wartefrist anbelangt, wird von „Inverkehrbringen“ gesprochen. Dieser Begriff ist aber weder durch das TabakerzG, die TabakerzV oder die TPD2 wirklich konkret definiert. In der TPD2 wird es zwar in Artikel 2 Nr. 40 angerissen, dort aber nur in Hinblick auf den Wirkungsort konkretisiert.

Inverkehrbringen

„Inverkehrbringen“ ist aber kein einheitlich und klar definierter Begriff, sondern wird (sowohl in EU Richtlinien, als auch in nationalen Gesetzen) unterschiedlich definiert bzw. ausgelegt. Dabei überwiegt die Definition, die unter anderem aussagt, dass das Inverkehrbringen die erstmalige entgeltliche oder unentgeltliche Bereitstellung eines neuen Produkts auf dem europäischen Binnenmarkt im Rahmen einer Geschäftstätigkeit ist. So ist es beispielsweise beim ProdSG aufgrund verschiedener Definitionen von EU Richtlinien festgelegt. Das würde bedeuten, wenn die Auslegung entsprechend für die TabakerzV angewendet werden würde (was logisch wäre, geht es doch um verwandte Rechtsgüter), dass ein E-Dampf-Produkt in Verkehr gebracht wurde, sobald es erstmalig (dann natürlich unter Wahrung der Frist) auf dem Markt angeboten wurde. Für alle Händler/Importeure, die das Produkt später selbst anmelden, würde dann keine neue Wartefrist mehr beginnen. Ganz so unwahrscheinlich wäre es nicht, dass so entschieden wird, denn für eine andere Sichtweise müsste begründet werden, wozu denn die Frist überhaupt dient und weshalb sie bei jeder Meldung neu beginnen soll.

Es kann aber durchaus auch so sein, dass genau anders entschieden wird. Dann wäre alles beim alten… gegen die Frist scheint eh keiner vorgehen zu wollen. Die Händlerverbände jedenfalls nicht (bietet ja auch Optionen, um auch außerhalb des Kerngeschäfts Kohle zu generieren)… und kleinere Händler sind einfach nicht finanzstark genug, um sowas alleine durchzufechten.

Mal schauen, was so kommt in nächster Zeit… sind auf jeden Fall interessante Zeiten.

 

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2 Antworten zu „Wir leben in interessanten Zeiten“

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