Wo steckt eigentlich überall Tabak drin?

Dass die World Vapers Alliance (WVA) [1] eine von British American Tobacco (BAT) [2] finanzierte Astroturf-Kampagne ist, dürfte mittlerweile recht bekannt sein. Dass BAT dahintersteckt und es sich höchstwahrscheinlich um einen Scheinverband (Astroturf) handelt, hatten wir in der Redaktion bzw. als Interessenvertreter der ExRaucher-IG bereits Anfang 2020 herausgefunden als die WVA an die ExRaucher-IG herantrat und für eine „Partnerschaft“ warb. War keine große Kunst, denn es wurde nicht verheimlicht, dass die WVA durch Red Flag Consulting verwirklicht wird. Und Red Flag Consulting ist „berühmt“ dafür Astroturfing für gut zahlende Auftraggeber (und hier kommt BAT ins Spiel, denn die gehören zu ihren bedeutendsten Auftraggebern) zu organisieren [3]. Am bekanntesten dürfte eine solche Kampagne für Glyphosat gewesen sein, die durch Monsanto bezahlt wurde. Uns war da schon klar, dass das eine zwielichtige Sache ist und Big-T als Geldgeber dahintersteckt. Wir hatten dazu aber nichts veröffentlicht, weil die WVA zu dem Zeitpunkt noch nicht wirklich in Erscheinung getreten war.

Inzwischen wird die WVA unter diesem Gesichtspunkt auch innerhalb der ETHRA [4] diskutiert und herrschende Meinung ist, man solle von denen besser die Finger lassen.

Bekannt sollte auch sein, dass BAT Vollmitglied “Plus“ beim Branchenverband VdeH [5][6] ist („Plus“ bedeutet, dass sie über drei Stimmen verfügen und einen mehr als achtfach höheren Mitgliedsbeitrag leisten). Der Verband versichert zwar, dass BAT keinen wesentlichen Einfluss auf den Verband hat, aber das wird von vielen Seiten (auch nicht ohne Grund) bezweifelt. Gut ist es auf keinen Fall, wenn in einem E-Dampf Branchenverband ein Branchenriese der Tabakindustrie Mitglied ist.

Beim Branchenverband BfTG [7] ist eine Mitgliedschaft von Vertretern der Tabakindustrie ausgeschlossen. Das klingt zunächst gut. Aber trotzdem war man bereit, bei der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) „Let’s demand smarter vaping regulation!“ [8] Geld von Imperial Brands [9] zu nehmen und zudem noch einen Vertreter des Tabakriesens in das EBI-Komitee zu berufen. Damit war die offiziell verkündete Distanz zu Big-T auch beim BfTG dahin.

Allerdings ist es bei den Branchenverbänden nicht ganz so dramatisch, da sie eh mit den Branchenverbänden der Tabakindustrie in einen Topf geworfen werden. In Teilen der Öffentlichkeit und auch bei etlichen kleinen und großen politischen Entscheidungsträgern ist das alles eine Suppe.

Trotzdem bin ich der Meinung auch die Branchenverbände sollten sich von Big-T fernhalten, denn diese vertreten ganz andere Interessen und es ist ihnen nicht zu trauen. Ist aber nur meine Meinung als Privatmensch und Verbraucher/Konsument.

Was allerdings auffällt ist, dass BAT in Teilen der Szene als die Ausgeburt des Bösen betrachtet wird, Imperial nicht sonderlich kritisch gesehen wird, aber Philip Morris International (PMI) [10] als „die Guten“ eingeordnet werden. Damit sind Kooperationen mit oder Beteiligungen (auch im Hintergrund) von BAT eine ganz schlimme Sache, Beteiligungen von Imperial noch ganz ok und Beteiligungen von und Kooperationen mit PMI als völlig ok angesehen.

Das hat was mit guter PR von PMI zu tun. Sie präsentieren sich schon einige Zeit als die neuen Propheten der Tobacco Harm Reduction (THR), welche die Welt mit neuen, harmlosen Produkten retten möchten, ihre eigenen Tabakprodukte eigentlich verachten und dafür sorgen wollen, dass alle umsteigen. Aber PMI sind nicht die Erfinder des E-Dampfens und haben neben ein paar Forschungsprojekten die IQOS (Tabaktoaster), den anderen Tabaktoaster TEEPS (bei dem der Tabak durch glühende Holzkohle erhitzt wird) und ein paar völlig unbedeutende Verdampfer (Nicocig, Vivid, Solaris und MESH) auf dem Markt. Sie behaupten:

Dies ist die größte Umstellung in der Geschichte von Philip Morris International. Dank des Einfallsreichtums und der Beharrlichkeit von Tausenden von Menschen bei PMI haben wir rauchfreie Produkte entwickelt, die bessere Alternativen zu Zigaretten darstellen.

Warum tun wir das? Es ist das Richtige zu tun. Es gibt schätzungsweise mehr als eine Milliarde Raucher auf der Welt, und sie sollten ermutigt werden, mit dem Rauchen aufzuhören.Quelle: https://www.pmi.com/our-transformation

Ja sicher, der Branchenriese, der größte Hersteller von Tabakprodukten, der zahlreiche verbreitete Zigarettenmarken vertreibt und Milliarden damit einnimmt, will die Menschheit schließlich doch vom Rauchen befreien. Scheiß auf den Umsatz, scheiß auf die Einnahmen… wir sind die Guten!

Das glaubt auch nur jemand, der sich die Hose mit der Kneifzange anzieht!

Big-T ist Big-T ist Big-T… die nehmen sich alle nichts… vor allem bezüglich ihrer Interessen. Die tabakfreien Alternativen sind vermutlich nicht einmal in hundert Jahren geeignet, ihnen die Gewinne zu bescheren, die sie mit Tabakprodukten erzielen. Und Nikotin ohne Tabak mach nicht einmal annähernd so stark abhängig, dass man sich der Konsumenten auf Dauer sicher sein kann.

Und nun, wo ich das mal dargelegt habe, komme ich zu einem eher heiklen Punkt: INNCO [11].

Heikel deshalb, weil viele namhafte Verbraucherorganisationen in diesem Dachverband organisiert sind [12]. INNCO ist das, was die WVA zu sein vorgibt. Ein internationaler Zusammenschluss zahlreicher Verbraucherorganisationen im Bereich E-Dampfen. INNCO ist in der Szene anerkannt und eigentlich wird an der Integrität nicht gezweifelt. Wer aber die Webseite von INNCO aufruft und mal genauer hinschaut, stolpert ganz unten über eine Information in recht kleiner Schrift:

INNCO receives funding from the Foundation for a Smoke-Free World, a US nonprofit private foundation, which is independent from its funder, PMI.

INNCO wird von der Foundation for a Smoke-Free World, einer privaten Stiftung ohne Gewinnerzielungsabsicht in den USA, finanziert, die von ihrem Geldgeber, dem PMI, unabhängig ist.

Die Finanzierung von INNCO erfolgt also durch die Foundation for a Smoke-Free World (FSFW) [13]. Und die ist nun mal, da beißt die Maus kein‘ Faden ab, gegründet und finanziert von PMI [14]. PMI wird vorgeworfen, die FSFW als Umgehungsinstrument für Artikel 5. 3 FCTC zu nutzen, mit welchem die Politik vor Lobbyarbeit durch die Tabakindustrie geschützt werden soll. Dieser Gedanke ist nicht völlig abwegig [15][16][17][18].

Die Finanzierung von INNCO erfolgt also nicht unmittelbar durch PMI, sondern über die angeblich ach so von PMI unabhängige FSFW. Selbst wenn dem so sein sollte (kann meine Großmütter nicht mehr fragen, ob sie das glauben würden… sind beide längst verstorben), wirft das in der öffentlichen Wahrnehmung (und in der Wahrnehmung der politischen Entscheidungsträger, sowie der versammelten ANTZ) ein nicht so gutes Licht auf die Organisation. Und der Geruch von Big-T färbt ab… ggf. auch auf die Member-Organisationen. Das ist einer der Gründe, weshalb die ExRaucher-IG nicht bei INNCO dabei ist.

Ist schon erschreckend, wo überall Tabak drinsteckt. Zu Szene-Projekten, wie Blogs, Magazinen etc. sag ich mal besser nix. 😉


[1] https://worldvapersalliance.com/
[2] http://www.bat.com/
[3] https://tobaccotactics.org/wiki/red-flag-consulting/
[4] https://ethra.co/
[5] https://www.vd-eh.de/
[6] https://vd-eh.de/mitglieder/
[7] https://www.tabakfreiergenuss.org/
[8] https://europa.eu/citizens-initiatives/details/2019/000001_de
[9] http://www.imperialbrandsplc.com/
[10] https://www.pmi.com/
[11] https://innco.org/
[12] https://innco.org/members/
[13] https://www.smokefreeworld.org/
[14] https://www.smokefreeworld.org/wp-content/uploads/2020/10/Amended-and-Restated-Pledge-Agreement-28Sept2020.pdf
[15] https://www.theguardian.com/society/2017/sep/13/tobacco-company-launches-foundation-to-stub-out-smoking-philip-morris
[16] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30242044/
[17] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29047432/
[18] https://tobaccotactics.org/wiki/foundation-for-a-smoke-free-world/

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