Das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 30.09.2025 (Az. 4 K 2085/24 VTa) zeigt, dass der Zoll (und das Finanzministerium) mit der Festlegung, dass Vorprodukte von Substituten ebenfalls der Tabaksteuer unterliegen, weil auch sie Substitute seien, wohl übers Ziel hinausgeschossen sind.
Anlässlich einer Kontrolle eines Shops wurden neben tatsächlich steuerpflichtigen Produkten auch etliche nicht versteuerte Gebinde Glycerin gefunden. Und für eben dieses Glycerin wurden Steuern in Höhe von fast 16.000 Euro nachgefordert.
Dagegen legte der Shop Widerspruch ein, der abgelehnt wurde. Und so beschritten sie den Rechtsweg und bekamen beim Finanzgericht Düsseldorf letztlich recht.
Dabei ist die Begründung des Gerichts ausgesprochen beachtenswert, denn sie stellen klar, dass die Exekutive Gesetzestext und Begründungstext übermäßig strapazieren bzw. wissentlich falsch auslegen.
Der Kernsatz des Urteils lautet in meinen Augen:
Der Begriff „Substitute für Tabakwaren“ macht deutlich, dass die von § 1 Abs. 2c TabStG erfassten Erzeugnisse andere Tabakwaren substituieren, d.h. ersetzen sollen.
Die Falschauslegung ist zumindest nachvollziehbar, denn damit will die Exekutive das Ausweichen auf das Selbstmischen erschweren. Denn die Handlung selbst, also das Selbstmischen mit unversteuerten Komponenten, ist in der Praxis absolut nicht zu verfolgen.
Das Gericht hingegen setzt sich diese Brille nicht auf, sondern betrachtet den Gesetzestext und die Begründung zum Gesetz nüchtern und stellt fest, dass besagtes Glycerin einfach kein Substitut für Tabakwaren ist, selbst wenn es in einem Shop angeboten wird, welches tabaksteuerpflichtige Produkte anbietet. Das Gericht sagt knallhart, dass das Glycerin kein tauglicher Steuergegenstand ist, weil es alleine kein Tabakprodukt ersetzen kann.
Glycerin ist jedoch nicht geeignet, als Ersatzstoff für Zigaretten, Wasserpfeifentabak oder diesen gleichgestellte Erzeugnisse zu fungieren.
Wie der Kläger unwidersprochen dargelegt hat, ist reines Glycerin sowohl aufgrund seines Aggregatzustandes als auch aufgrund des Geschmacks und der fehlenden pharmakologischen und psychoaktiven Wirkung nicht als Ersatzstoff im oben genannten Sinne geeignet.
Selbst wenn das Produkt zu einem Substitut weiterverarbeitet werden kann und ggf. dafür auch bestimmt ist, ist es zum Zeitpunkt des Verkaufs als Einzelprodukt noch kein Substitut und unterliegt auch nicht der Tabaksteuer.
Indes kann die Bestimmung eines Produkts, zu einem Steuergegenstand weiterverarbeitet zu werden, nicht darüber hinweghelfen, dass das Produkt zuvor gerade noch kein Steuergegenstand ist.
Ohne die maßgebliche Herstellungshandlung – hier die Vermischung mit weiteren Komponenten – erfüllt das Glycerin objektiv nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 2c Satz 1 TabStG.
Diese Feststellung lässt sich natürlich auch auf andere Mischkomponenten, wie Propylenglycol, Aromen oder Wasser übertragen, denn auch diese Einzelprodukte sind keine geeigneten Produkte, um Tabakprodukte zu ersetzen. Anders dürfte es nur bei Nikotinshots aussehen, weil diese durchaus auch ohne weitere Zutaten konsumiert werden können und eine pharmakologische Wirkung, welche dem Tabakkonsum entspricht, entfalten.
Dadurch, dass das Gericht der Argumentation des Klägers folgt, der bemängelt, dass Produkte, die für sich allein genommen keine Substitute sein können (aufgrund ihrer Eigenschaften), was dem Gesetzestext und der Gesetzesbegründung im Wortlaut auch nicht so vorgesehen ist, stellt es damit klar, dass Vor- und Teilprodukte grundsätzlich erst einmal keine Steuergegenstände sind.
Die wirklich interessante Frage, die sich daraus ergibt, ist, ob denn dann nikotinfreie Fertigliquids selbst überhaupt Steuergegenstand sein können. Das Gericht stellt in der Begründung zwar fest, dass der Gesetzgeber Zubereitungen auch ohne Nikotin als Ersatz für Tabakwaren ansieht und damit zum Steuergegenstand gemacht hat, aber es stellt auch fest, dass es auch auf die pharmakologische und psychoaktive Wirkung ankommt, die bei nikotinfreien Liquid definitiv nicht gegeben ist. Damit würde nikotinfreien Fertigliquids eine wesentliche Eigenschaft eines Tabaksubstituts fehlen. Hier wurde ein Fehler in der Systematik des Gesetzes offenbar.
Ob und wie weit sich nun der Wind dreht, was Vorprodukte und Teilkomponenten betrifft, ist noch nicht abschließend zu beurteilen. Es bleibt abzuwarten, was das parallel noch betriebene Revisionsverfahren zu diesem Thema beim Bundesfinanzhof letztlich ergibt und wie dort entschieden wird. Sollte man dort entsprechend urteilen und argumentieren, so würde die Steuerpflicht für Mischkomponenten fallen.
Es bliebe dann zwar immer noch Steuerhinterziehung und unerlaubtes Herstellen von Substituten, wenn man mit diesen nun steuerfreien Komponenten sein nikotinhaltiges Liquid herstellt, aber das ist eine Sache, die definitiv nicht verfolgbar ist.
Sollte es so kommen, wäre das einerseits eine Erleichterung für den Handel, aber auch eine wesentliche Entlastung für die Konsumenten, für welche der Großteil der Komponenten ohne eklatanten Steueraufschlag zu erwerben wären.
Hier trifft also die ideologische Sicht der Exekutive, die immer mehr dem Wahn der ANTZ (insbesondere der WHO) zu folgen scheint, auf den neutralen und sachlichen Blick der Judikative, die in diesem Fall einmal nicht dem politischen Druck folgt (was beachtenswert ist, denn in anderen Bereichen wirken Urteile in den letzten Jahren immer mehr politisch motiviert).
Hoffen wir, dass der Bundesfinanzhof dieser Linie treu bleibt und der Steuerwahnsinn in Deutschland vielleicht doch noch in halbwegs normale Bahnen geleitet wird. Um die Steuer für nikotinhaltige Produkte werden wir nicht herumkommen, aber die Einzelkomponenten ohne Nikotin und – das wäre wirklich zu hoffen, denn schließlich können auch diese die Tabakprodukte nicht ersetzen – auch die nikotinfreien Fertigliquids könnten aus dem Mist rausfallen, den Erwerb erschwinglicher machen und es dem Handel auch ermöglichen, wieder preislich konkurrenzfähige Komponenten anzubieten.


