Einmal Murks und einmal unzulässig

Die Sucralose ist wieder im Gespräch. Aber nicht besser, als vor einigen Jahren.

Der Professor hat sich mit Videos zurückgemeldet und auch ein Video zu Sucralose im Liquid veröffentlicht. Er bezieht sich dabei auf eine Studie1 (von Wissenschaftlern, die er für gut hält, weil er sie kennt und sie dann auch noch aus Österreich sind), bei der entstehende Schadstoffe beim Verdampfen sucralosehaltiger Liquids quantifiziert wurden.

Was haben sie gemacht? Nun… sie haben zwei kommerzielle sucralosehaltige Liquids gekauft und selbst zwei Liquids angemischt. Eines mit 1% Sucralose und eines mit 7,5% Sucralose.

Dann wurde das Zeug (in vernünftiger realitätsnaher Art und Weise) verdampft, das Aerosol aufgefangen, kondensiert und konzentriert.

Mit den so erhaltenen Aerosol-Konzentraten wurde dann einmal eine mögliche zelltoxische Wirkung überprüft (Resazurin-Test) und einmal per Gaschromatografie nach chlorierten toxischen Schadstoffen gesucht (quantitativ, also die Menge wurde bestimmt).

Sowohl bei der 1%igen, wie auch bei der 7,5%igen selbstgemischten Flüssigkeit wurden im Kondensat bedenklich hohe Schadstoffwerte nachgewiesen. Bei den kommerziellen sucralosehaltigen Liquids wurde nichts festgestellt!

Keine der chlorierten Verbindungen wurde in Kondensaten aus handelsüblichen E-Liquids nachgewiesen, und auch mit dem Resazurin-Test wurde keine Toxizität festgestellt.

Die Studie bestätigt also den bisherigen Kenntnisstand, nämlich dass kommerzielle Liquids mit Sucralose kein irgendwie belegbares Gesundheitsrisiko bergen.

Die Tests mit den selbst angesetzten Liquids zeigen nur eins: Bei hoch konzentrierten Sucralose-Liquids entstehen toxische chlorierte Verbindungen, die auch Auswirkungen auf Zellen haben.

Sie zeigen aber nicht, dass man beim Dampfen relevanten Mengen dieser Verbindungen ausgesetzt ist.

Denn – ich habe das schon einmal erwähnt – Liquids mit dieser Sucralose-Konzentration dampft kein Mensch. Sie sind schlicht undampfbar. Nach ganz fest kommt ganz schnell ganz locker. Und nach ganz süß kommt ganz schnell unerträglich und un-ge-nieß-bar übersüß.

Ich wiederhole mich also:

Die wenigen handelsüblichen Liquids mit Sucralose enthalten aber sehr wenig Süßstoff. Sucralose süßt wirklich extrem. 0.1 bis 0.15% sind häufige Konzentrationen. Sehr süße enthalten 0.2%. Fast unerträglich süße liegen bei 0.25%. Alle drüber ist selbst für Disposable-Junkies nicht mehr erträglich.

Eine vorherige andere Studie hat ergeben, dass bei Liquids unter 0,5% Sucralose die toxischen Chloride unterhalb der Nachweisgrenze liegen.

Nun erwähnt der Professor in seinem Video, dass es wohl Hersteller gibt, die für sich selbst eine Obergrenze von 1% festgelegt haben, weil nach ihrer Meinung bis dahin kein Risiko bestehe. Damit liegen sie falsch, das ist klar. Aber diese selbst gesetzte Obergrenze bedeutet ja auch nicht, dass sie nun Liquids mit 1% auf den Markt bringen. Denn die würde keiner kaufen, weil nach dem ersten Kauf und den ersten ein, zwei Zügen klar wäre: Das Zeug ist widerlich undampfbar süß. Und dann wird es nie wieder gekauft und der Rest ins Klo gekippt.

Auch die Ein-Prozent-könnten-wir-dürfen-tun-Hersteller werden die üblichen Konzentrationen in ihren Liquids verwenden… nämlich in der Regel 0,1 – 0,15%… vielleicht mal an die 20% für Disposables-Saft… aber mehr nicht.

Die Schlüsse, die der Prof aus der Studie zieht sind Murks. Solche Liquids, die relevante Mengen Toxine erzeugen, gibt es nicht.

Dass die beiden Liquids aus dem Handel zu gar keinen Ergebnissen führten, bestätigen das ja auch. Das muss er wohl überlesen haben.

Allerdings muss man auch im Hinterkopf behalten, dass der Prof von Anfang an Anti-Sucralose-Anwalt war und er vielleicht nicht zugeben mag, dass er eigentlich keinen Grund zu einer Warnung hat… selbst nicht mit den Ergebnissen seiner neuen Lieblingsstudie.

So viel zum Murks… kommen wir jetzt noch zum „unzulässig“.

Das von mir geschätzte Blog Vapers Insight hat aufgrund des Videos nun verkündet2, dass die Faktenlage jetzt noch klarer sei und man (fett und groß) unbedingt die Finger von Sucralose lassen soll.

Als Begründung wird dann angeführt, dass ja selbst bei 0,1% Sucralose, die Grenzwerte bereits nach dem Konsum von 0,5 ml Liquid erreicht seien.

Da wurde also einfach von den Ergebnissen der beiden hohen Konzentrationen linear runtergerechnet.

Kann man so machen… ist aber unzulässig!

Rechnet man nämlich solchermaßen runter, dann hätte die sich dabei ergebende Menge der Schadstoffe durch Chromatografie quantifizieren lassen müssen. Es wäre also so viel, dass es mit den Methoden der Wissenschaftler nachweisbar – auch in der Menge – gewesen wäre.

Die haben aber nichts gefunden. Also nichts in dem Sinne, dass es durch ihre Analysemethoden nicht nachweisbar war. Sicher wird es auch in dem Aerosol ein paar chlorierte Moleküle der toxischen Art geben… aber halt so wenig, dass es mit der Gaschromatografie gar nicht erfassbar ist. Die Menge, die beim linearen Runterrechnen nach VI-Art zu erwarten war, wäre aber noch relativ hoch und durchaus nachweisbar und quantifizierbar gewesen.

Die Entstehung von Schadstoffen bei sucralosehaltigen Liquids verläuft demnach aber nicht linear, sondern exponentiell.

Das leuchtet auch ein, wenn man mal drüber nachdenkt.

Ich habe ja mal erklärt, dass unsere Atomizer keine Kochtöpfe sind. Es wird nicht die gesamte Menge Liquid an der Heizwendel auf 200 oder 300° C erhitzt, sondern nur ein winziger Bruchteil. Die Menge an Aerosol entsteht durch Zerstäubung, die durch diesen winzigen Teil, der aufgrund der Erhitzung mächtig beschleunigt, verursacht wird. Bei einer sehr geringen Konzentration von Sucralose sind so wenig Sucralose-Moleküle im Liquid verteilt, dass die Wahrscheinlichkeit einer großen Anzahl unmittelbar am Heizdraht sehr gering ist. Mit höherer Konzentration steigt die Wahrscheinlichkeit. Außerdem wäre der Dampf, wenn viele der sehr wenigen Moleküle zersetzt würden, auch gar nicht mehr süß.

Also: Runterrechnen ist wissenschaftlich unzulässig, solange man die mathematische Funktion nicht kennt. Man müsste vielmehr empfindlichere Analysemethoden finden und dann sehr niedrig dosierte Liquids zum Testen nehmen und versuchen, die tatsächliche Menge an Schadstoffen zu ermitteln. Dann kann man irgendwann auch auf die Funktion schließen, die halt nicht linear ist. Und man könnte ausrechnen, wie viel Liquid man täglich wegdampfen darf, ohne sich einem Risiko auszusetzen.

Fazit: Auch jetzt gibt es keinen belegbaren Grund, sucralosehaltige Liquids als ernstes Gesundheitsrisiko anzusehen!

Sollte sich das mal ändern, bin ich gerne bereit, das auch so zu schreiben. Bis jetzt ist das aber eher Religion und Glauben und nicht Wissenschaft und Wissen.


  1. Quantification and cytotoxicity of degradation products (chloropropanols) in sucralose containing e-liquids with propylene glycol and glycerol as base ↩︎
  2. Sucralose und das Fazit (arch) ↩︎

6 Antworten zu „Einmal Murks und einmal unzulässig“

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