Aus zuverlässiger Quelle (ganz unverbindlich und allgemein: rund um den Bundestag) wurde uns nun bestätigt, dass die Aussage des Zolls und damit auch die Faktenangabe des BVRA tatsächlich doch richtig ist: Produkte (also Fertigliquids, aber auch Teilprodukte, wie Base, Aroma, Nikotinshots oder gar Fertigliquids), die vor dem Inkrafttreten des Tabaksteuermodernisierungsgesetzes (TabStModG) oder während der sich aus dem 7. Änderungsgesetz in Verbindung mit dem TabStModG ergebenden faktischen (wenn auch nicht so explizit genannten) Abverkaufsfrist als noch steuerfreies Substitut (also mit entsprechender Zweckbestimmung) erworben wurden, werden ab dem 13.02 2023 wohl doch steuerpflichtig. Auch im Privatbesitz. Also jegliche Substitute, die als Bunkerware bei den Selbstmischern irgendwo lagern, werden ab Mitte Februar kommenden Jahres steuerpflichtig. Und wenn man selbst mischt und auch nur eine Komponente unter diese Regelung fällt (also wenn man z.B. ein, zwei Pülleken Shots, die legal noch steuerfrei gekauft wurden, zu einem legal gekauften und schon versteuerten Shortfill kippt, dann stellt man ein neues Substitut her, was 1. nicht erlaubt ist (fehlende Genehmigung für ein Steuerlager) und 2. zur Verpflichtung führt, das Produkt nun zu versteuern.
Wieso das jetzt? Hatte Pepe nicht das Gegenteil behauptet? Ja, hatte er… aber mit den neuen Informationen und einer bestimmten Interpretation des dann (13.02.) geänderten Gesetzestextes, ändert sich die Beurteilung ganz einfach.
Bei jedem Gesetz kommt es auch immer auf die Absicht des Gesetzgebers an. Man kann in einem Gesetz kaum sämtliche Eventualitäten haarklein ausdefinieren. Gesetzestexte sind so schon (auch aufgrund ihres Umfanges) kaum lesbar… und das feinkörnige Abarbeiten jeder denkbaren Eventualität würde sie komplett unlesbar und nahezu unverständlich machen.
Wenn Zweifel aufkommen, dann muss man sich auch immer die Frage stellen, was der Gesetzgeber für eine Absicht verfolgt hat, um das dann mit dem Zweifelsfall abzugleichen. Hilfreich dafür ist auch immer der besondere Teil im Gesetzentwurf. Der ist zwar nicht Teil des letztlich beschlossenen Gesetzes, erläutert aber Absichten und Zwecke des Gesetzgebers bezüglich einzelner Regelungen.
Schaut man sich nun also nicht den beschlossenen und am 13.02.2023 in Kraft tretenden Text des siebten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen an, sondern den Regierungsentwurf (über den letztlich abgestimmt und der angenommen und beschlossen wurde), dann findet man im besonderen Teil auf Seite 105 zum § 23f die Angabe
In Absatz 1 Nummer 4 werden die Bestimmungen des Artikels 6 Absatz 3 Buchstabe b (Anm. d. Verfassers: EU-Richtlinie 2020/26) umgesetzt.
Das 7. Änderungsgesetz dient nämlich der Umsetzung der EU-Richtlinie 2020/262 (zur Festlegung des allgemeinen Verbrauchsteuersystems). Und da wird in Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe b festgelegt, dass die Verbrauchsteuer auch dann fällig wird wenn die Ware, für die noch keine Steuer erhoben wurde, in Besitz gehalten wird:
(2) Der Verbrauchsteueranspruch entsteht zum Zeitpunkt und im Mitgliedstaat der Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr.
…
(3) Als Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr im Sinne dieser Richtlinie gilt
…
b) das Inbesitzhalten oder die Lagerung verbrauchsteuerpflichtiger Waren, einschließlich Fällen von Unregelmäßigkeiten, außerhalb eines Verfahrens der Steueraussetzung, wenn keine Verbrauchsteuer gemäß den geltenden Bestimmungen des Unionsrechts und des einzelstaatlichen Rechts erhoben wurde;
Der deutsche Gesetzgeber setzt diese Regelung nun in § 26f um. Handwerklich (insbesondere in Hinblick auf die Systematik des zu ändernden TabStG) ne glatte 6! Was hat diese Regelung im Abschnitt 4 zu suchen? „Beförderung von Tabakwaren des steuerrechtlich freien Verkehrs aus anderen, in andere oder über andere Mitgliedstaaten“ ist jetzt nicht der passende Ort, eine völlig davon losgelöste (also die nix mit Beförderung in, aus über andere Mitgliedsstaaten zu tun hat) Regelung, wie das Inbesitzhalten unterzubringen. Wer in ein Gesetz schaut, um sich Klarheit zu verschaffen, ob denn die eigene gelagerte Ware nun steuerpflichtig wird, der schaut in § 15 TabStG. Und da steht nichts von „Inbesitzhalten“. Vielleicht sieht er noch, dass die Punkte „Steuerentstehung, Steuerschuldner“ auch nochmal in § 23f irgendwie behandelt werden, er sieht aber auch, dass es in dem Bereich eben um „Beförderung von Tabakwaren des steuerrechtlich freien Verkehrs aus anderen, in andere oder über andere Mitgliedstaaten“ geht, was auf seinen Lagerbestand nun wirklich nicht zutrifft. Nur… die Knallköppe habe eben diesen Fall, nämlich den des Inbesitzhaltens, der nichts mit Beförderung in, aus und drumherum zu tun hat, genau da, recht versteckt, reingebastelt.
Korrekt, sinnvoll und eindeutig nachvollziehbar wäre es gewesen, für die Umsetzung von Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe b der Richtlinie, § 15 TabStG zu ändern! Denn es geht ganz allgemein um die Steuerentstehung. Hier hätte man § 15 Absatz 2 um eine Nummer 5 ergänzen müssen, in welcher dann stehen müsste: „mit demInbesitzhalten von Tabakwaren des steuerrechtlich freien Verkehrs, wenn die Steuer im Steuergebiet noch nicht erhoben wurde.“
Damit wäre die Sache eindeutig und unmissverständlich gewesen. So, wie es jetzt aber durchgeführt wurde, könnte man noch argumentieren, dass sich das Inbesitzhalten nur auf Waren bezieht, die nach, aus und drumherum befördert wurden.
Nur wenn man die Absicht aus dem besonderen Teil des Gesetzentwurfes im Zusammenhang mit dem entsprechenden Artikel der Richtlinie und den in der Richtlinie dargelegten Erwägungsgründen in Zusammenhang bringt, dann folgt daraus, dass es um eine allgemeine Steuerentstehung durch Inbesitzhalten geht, die einfach nur, weil handwerklich Unbegabte da was zusammengezimmert haben, in einen damit gar nicht zusammenhängenden Paragrafen in einem Abschnitt zu einem ganz anderen Thema gelandet ist.
Es ist durchaus denkbar, dass das gerichtlich mal gerügt wird… aber bis dahin ist es nun anscheinend wirklich so:
Legal gekaufte, aber noch unversteuerte Produkte (auch Teilprodukte) werden ab dem 13.02.2023 steuerpflichtig und das Selbstmischen damit zu einer Straftat!
Klar ist… das kann nicht verfolgt werden und wird in der Praxis sicher nicht verfolgt, solange man privat mischt. Da braucht man sich keine Sorgen zu machen. Aber… und deshalb ist es gut, das zu wissen und auf der anderen Seite erschreckend… man wird mit dieser Regelung in die Illegalität gedrängt, obwohl man das ggf. ja vermeiden wollte.
Diese Regelung wurde wohl (laut unserer Quelle) in erster Linie deshalb vom Rat in die Richtlinie und vom deutschen Gesetzgeber in das Änderungsgesetz aufgenommen, um „die Besteuerung aufgefundener verbrauchsteuerpflichtiger Waren, wie zum Beispiel Schmuggelware, zu vereinfachen“. Hut ab! Da geht es also darum, die Versteuerung von Schmuggelware zu vereinfachen… und das macht man so, dass der brave, gesetzestreue Bürger, der sich ein paar Vorräte angelegt hat… und gar nix geschmuggelt… zum Steuerstraftäter wird.
Das alles gilt derzeit nur unter dem Vorbehalt, dass auch das 8. Änderungsgesetz noch rechtzeitig, wie im Regierungsentwurf vorgesehen, beschlossen wird (inzwischen beschlossenes Gesetz). Denn ohne dieses sind wir bei Substituten noch(!) im Kaffeesteuergesetz (KaffeeStG) und das beinhaltet (auch nach Inkrafttreten des 7. Änderungsgesetzes) kein Inbesitzhalten. Aber geht mal davon aus, dass auch dieses Gesetz durchgewunken wird… steckt ja ne „Absicht“ dahinter.
Deutschland hat echt fertig! Da sitzen nur noch Laien und Honks, die dann Gesetze schreiben. Na ja… heute reicht es ja auch, mal irgendwie was mit Regie bei einem Schülertheater gemacht und sonst aber nichts geleistet zu haben, um einen Sitz im Bundestag über einen Listenplatz abzugreifen. Was erwarte ich denn auch von dieser Laienspielgruppe, von diesem Kuriositätenkabinett…?
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