Mir kommen die Tränen

oder (war einfach zu lang für einen Titel): Da erklärt einer, dass „die Leute“ in den Sozialen Netzwerken zur Steuer Bullshit erzählen, indem er selbst in den Sozialen Medien Bullshit erzählt

Da veröffentlichte „kapkasflava“ auf Instagram ein Video, in welchem erklärt werden soll, weshalb in den Shops die Regale leer sind. Filtert man die Schimpftiraden über Protagonisten in Sozialen Netzwerken und anderswo, die seiner Meinung nach Mist über Steuern und den Handel verbreiten, aus, dann bleibt sehr viel Mist übrig, den er verbreitet…in einem Sozialen Netzwerk.

Glashaus – Steine 😉

Einige Punkte sind so hanebüchen, dass ich dazu einfach mal was schreiben muss…

Er haut raus, dass die Großhändler jetzt gerade mit Steuerware beliefert würden. Da frag ich mich: Weshalb erst jetzt? Aber dazu später, denn das ist ein Kernthema seiner Tirade.

Und dann kommt der Hammer: Es gibt keine Maschinen, die Flaschen mit Banderolen versehen könnten. Die müssten erst völlig neu entwickelt werden. Das könne eh kaum wer listen… und wenn sich dann wer findet, dann bedeutet das sechs bis zwölf Monate Entwicklungs- und Bauzeit.

Echt mal… achtet er nicht drauf, was er sich eventuell abends reindreht? Jede verkackte Flasche mit Hochprozentigem (Spirituosen) ist mit einer Steuerbanderole versehen. Und die klebt auch keiner per Hand drauf. Und es gibt diese Banderolen nicht nur auf den großen Flaschen, sondern auch auf den kleinen, handlichen vom Kiosk… das Leckerchen für die Hosentasche. Und die Flaschen sind nicht alle gleich… nicht gleich geformt, nicht gleich groß. Die Abfüller haben aber nicht für jeden einzelnen Schnaps eine separate große Banderolendraufklebemaschine. Die Dinger sind anpassbar und nehmen alle möglichen Pülleken auf. Und den passenden Kleber für Banderole auf Pulle gibt es auch schon ewig. Auch der muss nicht erst erfunden werden.

Aber er meint, dieses „Rad“ müsse nun völlig neu erfunden werden, denn Steuerbanderolen an Flaschen habe es ja noch nie gegeben.

Bullshit!

Dann beklagt er sich, dass die Banderolen nicht auf Rolle geliefert werden, sondern als Bögen zum Ausschneiden. Klar, dass man das nicht mit der Schere machen kann. Muss man aber auch nicht. Und man muss die Bögen auch nicht, wie er fantasiert, gesichert in eine Schneidefirma schicken… das machen diese Maschinen zum Draufkleben selbst. Da wird ein Stapel Banderolenbögen wie in einen Drucker in eine Lade gegeben und die Maschine schneidet und klebt vollautomatisch.

Die ganze Jammerei klingt, als müsste jeder Händler selbst Banderolen anbringen. Musser nich und darfer nich. Dafür braucht es ein Steuerlager. Die Genehmigung bekommt er kaum und wenn, dann ist das eine grauenhafte Prozedur (wie der Video-Mann selbst, aufgrund eigener Erfahrung, jammert).

Für die Banderolenkleberei sind in erster Linie die Produzenten/Abfüller zuständig.

Er beklagt sich auch, dass er seinen ganzen Vorrat an unversteuerter Ware zum Banderolenkleben zurückschicken musste. Hat sich das denn gelohnt? War das Lager noch sooo voll? Dann spricht das nicht gerade für seinen unternehmerischen Instinkt. Die Steuer kam ja nicht überraschend. Da haben wir uns wohl verkalkuliert… 😉

Irgendwann kommt denn die Horrorgeschichte von der Steuerstraftat und den Bunkerern. Na? Sollen da die Selbstmischer verunsichert werden? Oder weiß er es einfach nicht besser? Ich schreib dazu nix… wer mag, liest sich meine einschlägigen Artikel zu dem Thema durch: Wird es eng in „Ulis Zelle“?Bitte nicht dicht machen!Reden über Selbstmischen bleibt erlaubt

Immer wieder erläutert er, dass die Shops leer sind, weil die Zeit einfach nicht gereicht hat. Und das ist der größte Bullshit überhaupt! Er spricht da von einem halben Jahr.

Ein halbes Jahr? Woher hat er die Zahl denn?

Ich spreche jetzt NICHT von der Nachversteuerung, sondern von der Steuer selbst.

Das TabStMoG stammt vom 10. August 2021. Sommer des Jahres Zweitausendeinundzwanzig. Jetzt schreiben wir Februar 2023… Zweitausenddreiundzwanzig. Seit über 550 Tagen ist die Steuer bekannt. Von der Verkündung des Gesetzes bis zum Ende der Abverkaufsfrist waren es 552 Tage. Kein halbes Jahr! Wesentlich länger!

Die Liquidsteuer ist im Juli 2022 in Kraft getreten… und in der Zeit von der Verkündung bis zu diesem Stichtag hat der Zoll Zeit gehabt, alles dafür in die Wege zu leiten… und die Hersteller und Großhändler hatten diese Zeit auch… um Banderolenaufklebemaschinenautomaten zu besorgen… das wurde aber verpennt.

Haben die echt gedacht, sie könnten bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag abverkaufen? Und keiner würde merken, dass ihre Lager gar nicht groß genug für einen unendlichen Abverkauf sind?

Hier wurde entweder eine notwendige Entwicklung und Organisation verpennt oder verdrängt. Beides nicht sehr professionell!

Dass die Abverkaufsfrist endlich ist, wurde durch das 7. Verbrauchsteueränderungsgesetz verkündet… am 30. März 2021. Dieses Gesetz legte fest, dass ab dem 13.02.2023 unversteuerte Ware nicht weiter verkauft werden darf.

Das Ende der Abverkaufsfrist war Herstellern, Großhändlern und Händlern also seit dem 10.08.2021 (durch die Verkündung des TabStMoG in Verbindung mit dem schon vorher verkündeten 7. Änderungsgesetz) bekannt.

Ab diesem Tag war Zeit und Gelegenheit, sich auf den 13.02.2023 vorzubereiten, Maschinen zu besorgen und die Lager mit Steuerware zu füllen… UND diese schon ein paar Wochen vor dem 13.02. an die Händler zu liefern, damit keine Lücke im Verkauf entsteht.

Und der Vogel will uns nun erzählen, es hätte zu wenig Zeit zur Verfügung gestanden… und jetzt aber, also bald jetzt gleich mal, da geht es aber auch schon los.

Da wurde also entweder von Herstellern/Abfüllern und Großhändlern geschlampt, es wurde verschlafen oder… ach was weiß ich…

Warum aber die Wirtschaftsverbände den Mitgliedern keinen Dampf gemacht hat, kapiere ich auch nicht.

Gebt zu: Ihr alle habt‘s versaut!

Den Einzelhandel trifft hier eher keine Schuld. Der ist der Leidtragende. Wer von ihnen zu viel unversteuerte Ware vorgehalten hat, muss mit der Fehleinschätzung klarkommen… aber das ist ganz normales unternehmerisches Risiko.

Aber dafür, dass er jetzt keine Steuerware geliefert bekommt, ist nicht Schuld des Einzelhandels.

Das Bullshit-Sahnehäubchen zum Verfeinern des Puddings setzt er kurz vor Ende noch mit der Faselei über das TabakerzG oben drauf.

Nein! Die teilweise Gleichsetzung nikotinfreier Flüssigkeiten durch das zweite Änderungsgesetz zum TabakerzG hat absolut nichts damit zu tun, dass unser Zeug jetzt „Substitut“ heißt und alles, was flüssig ist, versteuert werden muss. Bis kurz vor Beschluss des Gesetzes waren nur nikotinhaltige Flüssigkeiten zur Besteuerung vorgesehen. Im letzten Moment der Schließbewegung hat der Gesetzgeber schnell noch alle Komponenten – ob mit oder ohne Nikotin – mit in die Besteuerung genommen… wohl wegen der irren Idee, damit noch mehr Steuern einnehmen zu können.

Also…

Da erklärt einer, dass „die Leute“ in den Sozialen Netzwerken zur Steuer Bullshit erzählen, indem er selbst in den Sozialen Medien Bullshit erzählt!

6 Antworten zu „Mir kommen die Tränen“

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