Mein Artikel über die Unsichtbarkeit und Unhörbarkeit der Verbände zum brandgefährlichen Thema COP10 hat einiges an Kommentaren gesammelt.
Jetzt im Nachhinein und auch in den Antworten auf Kommentare ist nun noch einiges zusammengekommen, was ich in dem Artikel hätte unterbringen oder schärfer ausführen können. Drum schieb ich jetzt die Riesen und die Zwerge nach.
Politische Lobbyarbeit lebt von Größe, Macht und Geld. Von gewachsenen Verbindungen (böse auch Filz oder Vetternwirtschaft genannt), „Männer- und inzwischen auch Frauenfreundschaften“ und Selbstdarstellung.
Das erklärt dann auch, weshalb wesentliche Teile des Tabaksteuermodernisierungsgesetzes faktisch von der Tabakindustrie diktiert wurden, das erklärt, dass es zu Maskendeals durch Partner kam, obwohl die Masken nicht die günstigsten (eher im Gegenteil) waren oder gar die besten.
Große und mächtige Personen und Organisationen – insbesondere auch finanzstarke oder welche mit familiären Verbindungen – üben effektiv Einfluss auf die politischen Entscheider aus. Moralisch ist das auf jeden Fall verwerflich, aber intern wird das so hingenommen, weil irgendwie jeder da seine Fäden hat. Es wäre Aufgabe der Presse, solche Dinge aufzudecken, doch die wiederum hängt am Tropf oder sitzt am Katzentisch der Politik. Die Hand, die einen füttert, beißt man nicht.
Das ist aber ein Thema für sich und keines für die DDP.
Fakt ist, dass die großen Lobbys (Pharma, Tabak, Autohersteller, Energiewirtschaft, Klima) mächtig und finanziell potent genug sind,um ganz konkret Einfluss zu nehmen. Meist nicht im Interesse der Allgemeinheit, sondern dazu dienend, die eigene (finanzielle) Macht weiter auszubauen. DIE bestimmen, was politisch geschieht.
Und dann gibt es da die Möchtegern-Lobbys. Völlig oder nicht ganz völlig unbedeutend mit keinen gewachsenen Kontakten, keinen Pfroindschaften oder familiären Bindungen und (im Vergleich zu den mächtigen Akteuren) völlig unbedeutenden finanziellen Gewicht.
Beispiele? BfTG, VdeH, BVRA…
Auch die versuchen irgendwas zu bewegen… und sie knüpfen Kontakte. Leider unbedeutende Kontakte. Für sie selbst mag das ein tolles Gefühl sein und sie reden sich ein, den Fuß endlich in der Tür zu haben… und sie kommunizieren das so auch an ihre Mitglieder, damit diese das Gefühl haben, sie könnten gemeinsam was bewegen.
Schöner Nebeneffekt: Man hat einen „Backstage-Pass“ und darf mal ein wenig den Duft der großen weiten Lobbywelt schnuppern. Man reist, wohnt in Hotelzimmern, geht fein Essen und fühlt sich dazugehörig. Jetzt ist man endlich wer. Man bekommt Freikarten für Messen und wird hier und da auch mal von der Presse zu Statements gebeten (die letztlich aber keiner wirklich wahrnimmt).
Nur…das bringt nichts. Damit wird nur das Geld der Mitglieder für ein vergängliches Vergnügen der Verbandsfunktionäre verballert. Einfluss auf politische Entscheidungen ergibt sich daraus nicht.
Was die Politik rund um das E-Dampfen anbelangt, stecken wir in einem Dilemma. Die Lobbygruppen, die dem Dampfen schaden, gehören zu den Mächtigen… die Lobbygruppen, die (eigentlich) etwas für das Dampfen tun sollten, sind die kleinen, die keiner ernst nimmt. Und daran lässt sich auch nichts ändern. Dazu ist der Bereich – insbesondere die Branche – zu klein, zu unbedeutend und zu neu. Die Organisationen sind „Zwerge“.
Daraus ergibt sich, dass klassische Lobbyarbeit „pro Dampfen“ nicht funktionieren kann. Auch mittel- oder langfristig nicht (langfristig schon mal gar nicht, weil es das Dampfen in der Form, wie wir es heute pflegen, gar nicht mehr geben wird… durch die Lobbyarbeit der „Riesen“).
Schade ist, dass die Einsicht in diese Gegebenheiten bei den Verbänden fehlt. Und damit sind sie nicht offen für andere Möglichkeiten der Einflussnahme, die womöglich etwas erfolgversprechender sind.
Wenn also die Macht nicht reicht, weil wir Zwerge sind, müssen wir mit anderen Tricks agieren. Das hat auch schon mal funktioniert.
Es gab z.B. einmal eine geniale Aktion: Ich dampfe – ich wähle!
Dieser Spruch macht klar, wo die Macht der Zwerge liegt. Nämlich in der Angst der Politiker, nicht wieder gewählt zu werden (oder nicht zum ersten Mal gewählt zu werden). Wird man nicht gewählt, so bleibt einem der Zugang zum Futtertrog versperrt.
Und es steht immer irgendwo eine Wahl bevor. Eine Aktion in dieser Richtung hat also auch immer Saison. Und wer nun meint, wir seien viel zu wenige und von den wenigen würde wahrscheinlich noch weniger mitmachen… das könne keinen Erfolg haben: Unterschätzt nicht die Macht einer einzelnen Stimme. In Zeiten, in denen die etablierten Parteien im Schnitt kaum noch ein Fünftel der abgegebenen Stimmen erhalten, können wenige Stimmen den Ausschlag geben. Und würden einzelne Stimmen nicht zählen, würden Politiker im Wahlkampf wohl kaum von Tür zu Tür tingeln und sich auf Marktplätzen an Stehtischen präsentieren. Es zählen auch kleine Gruppen. Die können das Zünglein an der Waage sein.
Das kann aber nur funktionieren, wenn wir sichtbar und vernehmbar werden. Und wenn wir die Gefahr des Verlustes von Wählerstimmen dadurch erhöhen, indem wir zumindest klar machen, dass ggf. auch Raucher von falschen Entscheidungen enttäuscht sein könnten.
Untermauern könnte man solche (Dauer-) Aktionen durch ein Dingen, das viele für inzwischen überholt ansehen, obwohl sie auch heute noch ein wirksames und gern genutztes Instrument der PR sind: Testimonials.
Es gab mal eine Zeit, wo Dampfer gerne ihre persönliche Erfolgsgeschichte erzählt haben. 1 Leider ist das jetzt schon lange vorbei. Dabei ist das einer der Grundpfeiler, die den (kommenden) Entscheidungsträgern zeigen, dass es den Betroffenen wirklich wichtig ist und dass sie es als entscheidendes Moment in ihrem Leben ansehen.
Und Tingeln! Informationsstände außerhalb des eigenen Eintopfes. Wozu sowas auf Dampfermessen? Wer dort hingeht, braucht nicht mehr überzeugt zu werden. In der Fußgängerzone, auf dem Markt… da wird man wahrgenommen… nicht nur von der Bevölkerung, sondern auch von Kandidaten.
Es gäbe noch etliche weitere Möglichkeiten. Nur das kann nur in einer Art Organisation koordiniert werden. Leider gibt es keine solche mehr. Der letzte verbliebene Verband setzt mehr darauf, vermeintlich „seriös“ zu erscheinen, sich in knappe Anzüge zu pressen und Männchen bei irgendwelchen Abgeordneten zu machen, denen die Sache an sich am Arsch vorbeigeht, die aber damit heucheln, sie würden sich damit wohlwollend befassen… in der (leider korrekten) Annahme, dass die Vertreter der Gruppe solche Treffen als vielversprechenden Erfolg verkaufen und so für Stimmenzuwachs sorgen (da sind wir wieder bei der einzigen „Währung“, über die wir verfügen).
Weil die Zwerge aber nicht mehr aufgerüttelt werden können, haben die Riesen gewonnen.
- z.B. ExRaucher-Storys ↩︎
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