BfTG und BVRA haben auf Vorfälle vor ein paar Wochen (Juni 2023) in NRW reagiert. Dort (und in etlichen anderen Bundesländern) war ein „Merkblatt über tabakrechtliche Vorgaben für E-Zigaretten und Nachfüllflüssigkeiten“ (arch) herausgegeben worden, das die ansässigen Händler und wohl auch die Ordnungsämter erreichte.
So weit, so gut… die Informationen waren auch ok… und zwar ALLE!
Der BVRA hat sich in einer Pressemeldung (arch) explizit darüber beschwert, dass in dem Merkblatt nach ihrer Auffassung „fälschlicherweise“ unter Punkt 6., „Welche weiteren Vorgaben gelten für die Kennzeichnung (§ 18 TabakerzG)?“ stand:
Verbraucher dürfen durch Angaben auf der Verpackung nicht getäuscht werden. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn:
…
– mit Informationen geworben wird, die sich auf Geschmack, Geruch und Zusatzstoffe oder auf deren Fehlen beziehen (Ausnahme: Nennung der chemischen Bezeichnung von
Aromastoffen in der Liste der Inhaltsstoffe, z. B. „Menthol“; Nennung der Geruchs- bzw.Geschmacksbeschreibung eines Aromas ist jedoch unzulässig, z. B. „Minze“),
…
Das verunsicherte natürlich den Handel. „Wie jetzt? Jetzt darf nicht mehr draufstehen, wonach das schmeckt?“
Und das gab der Ordnungsbehörde Informationen, anhand derer diese einschritt. Es soll wohl zu Maßnahmen inklusive der Beschlagnahme von Produkten gekommen sein, weil auf der Außenverpackung stand, wonach das enthaltene Liquid schmeckt.
Der BVRA schrieb in seiner Pressemitteilung, dass das Verbot der Nennung des Geschmacks für „Nachfüllbehälter und E-Zigaretten“ in Absatz 4 des § 18 TabakerzG „explizit und völlig unmissverständlich“ ausgenommen sei.
Ok, schauen wir mal…
Abschnitt 4 des TabakerzG bestimmt „Gemeinsame Vorschriften für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse“. Und in § 18 Absatz 2 Nr. 3 findet man tatsächlich eine Vorschrift, welche die Nennung des Geschmacks verbietet:
(2) Es ist verboten, Tabakerzeugnisse unter Verwendung irreführender werblicher Informationen auf Packungen, Außenverpackungen oder auf dem Tabakerzeugnis selbst in den Verkehr zu bringen. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor,
…
3. wenn sich die werblichen Informationen auf Geschmack, Geruch, Aromastoffe oder sonstige Zusatzstoffe oder auf deren Fehlen beziehen,
…
Aha, stimmt also doch, was in dem Merkblatt steht, oder?
Oder nicht? Diese Regel gilt doch nur für Tabakerzeugnisse. Liquids (also Nachfüllbehälter) sind aber keine Tabakerzeugnisse, sondern „verwandte Erzeugnisse“.
Liest man den Paragrafen weiter, dann kömmt nach Absatz 2 der Absatz 3 und nach Absatz 3 der Absatz 4. In dem wird es interessant. Der legt nämlich fest, dass die Bestimmungen der Absätze 2 und 3 auch für „elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter“ gelten:
(4) Für elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter gelten die Verbote der Absätze 2 und 3 mit Ausnahme der Informationen über die Aromastoffe und den Nikotingehalt entsprechend.
Aha! Damit gelten die Regelungen aus Absatz 2 Nr. 3 also doch auch für „elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter“. Ausgenommen sind hier nur(!) die Informationen über die Aromastoffe.
Verboten sind also Informationen, die sich auf Geschmack, Geruch oder sonstige Zusatzstoffe oder auf deren Fehlen beziehen. Nur die Informationen über Aromastoffe sind zugelassen. Informationen über den Geschmack sind also „explizit und unmissverständlich“ NICHT ausgenommen.
Da gibt es auch nix dran zu deuteln oder zu interpretieren. Steht so im Gesetz… und damit gilt es.
Klar ist das völlig blödsinnig in Bezug auf Liquids. Da hat der BVRA ja recht. In Bezug auf Tabakerzeugnisse ist es eh egal, weil Aromen und damit spezifische Geschmäcker ohnehin verboten sind. Aber in Bezug auf Liquids ist es widersinnig und in der TPD2 so auch nicht vorgegeben (was aber nicht bedeutet, dass diese Regelung nicht erlaubt wären). Ein Liquid, das nach Käsekuchen mit Rosinen schmeckt, sollte man so auch bezeichnen dürfen, denn aus der Nennung der verwendeten Aromastoffe kann der Kunde eben nicht auf die Konditorware schließen. Und bei anderen Produkten gibt es solche Verbote nicht. Ja klar. Aber bei Liquids gibt es sie halt. Egal wie bekloppt… es steht exakt so im Gesetz und damit ist es verboten, „Käsekuchen mit Rosinen“ auf die Packung zu schreiben.
Wie der Kunde nun sein Lieblings-Liquid finden soll? Keine Ahnung… wohl eher gar nicht. Aber das juckt den Gesetzgeber auch nicht. Der hat es so beschlossen und alle müssen sich dran halten. Was geht ihn das Elend der Konsumenten (und natürlich auch des Handels) an?
Tja… leider ein wenig daneben gehauen… mit der Beschwerde und den damit verbundenen Forderungen.
Nun hat das Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen reagiert (arch) und mitgeteilt, dass besagter Punkt des Merkblatts vorerst nicht „vollstreckt“ werde. Der Punkt werde auf der nächsten Sitzung des ALB-PG Tabaküberwachung (dieses Gremium zeichnet für das Merkblatt verantwortlich… das auch in Bayern und etlichen anderen Bundesländern im Umlauf ist) besprochen und erörtert.
Der BVRA hofft nun, dass der Punkt dann endgültig gestrichen oder umformuliert wird und erwartet noch immer eine Erklärung der „absurden Fehlentscheidung“ (die keine war).
Das BfTG teilt diesen Sachstand ebenfalls mit. Es habe sich auch sofort um die Sache gekümmert und reklamiert den „Erfolg“ für sich.
Das BfTG habe ein Rechtsgutachten erstellen lassen, das zu dem Ergebnis käme, dass die Nennung der Aromatisierung zulässig sei. Und sie meinen, dass man diesem Gutachten nun gefolgt sei.
Na ja… der Begriff „Aromatisierung“ ist hier ein wenig unscharf. Gesetz und Merkblatt sprechen von „Geschmack“. Die Nennung von Aromen ist ausgenommen. Wie kleinlich nun bei der Nennung von Aromen verfahren wird, das wird sich zeigen (man wird es im nächsten Merkblatt nachlesen können). Ich kann mir theoretisch vorstellen, dass hier wirklich in der Formulierung nachgebessert wird.
Es könnte darauf hinauslaufen, dass auf dem als Beispiel genannten Käsekuchen-mit-Rosinen-Liquid dann zwar nicht einfach nur „Käsekuchen mit Rosinen“ draufstehen darf, sehr wohl aber „Liquid mit Käsekuchen-mit-Rosinen-Aroma“. Hirnrissig. Könnte aber gesetzeskonform sein. Könnte! Könnte aber auch nicht! Das hängt von der Absicht des Gesetzgebers in diesem Punkt (§ 18) ab. Womöglich soll der Geschmack nicht einmal durch eine vereinfachte (und für den Konsumenten verständliche) Aromennennung kenntlich gemacht werden. Dann würde der „Trick“ nicht funktionieren.
Ich halte letzteres für nicht unwahrscheinlich. Man liebäugelt ohnehin mit Aromenverboten. Würde die Regelung weiter so angewendet werden, wie es jetzt im Merkblatt steht, dann wäre das zwar kein Aromenverbot, hätte aber schon mal eine ähnliche Wirkung. Woher soll man denn wissen, was man dampfen möchte?
Ach ja… und schaut man sich die Absicht des Gesetzgebers bezüglich § 18 an, dann ist es tatsächlich so, dass auch bei Liquids keinerlei Hinweis auf den Geschmack gegeben werden soll. Es geht hier darum, die „Attraktivität“ für diese Produkte (Tabakprodukte UND verwandte Produkte)nicht zu „erhöhen“. Die Nennung der Aromastoffe wurde auch nur deshalb ausgenommen, weil diese zwingend als Inhaltsstoffe aufgeführt werden müssen (siehe Regierungsentwurf zum TabakerzG, Besonderer Teil, zu § 18; Drucksache 18/7218 (arch)). Ich fürchte, der Punkt im Merkblatt bleibt so bestehen.
Und wenn tatsächlich ein Aromenverbot kommen sollte, dann ist der Punkt eh hinfällig.
Ein Sturm im Wasserglas mit mindestens zwei verwirrten Verbänden und einer verwirrten Behörde… Verwirrte unter sich… 😀
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