Art 17 GG
Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.
Dieser Artikel des Grundgesetzes gehört zu den Grundrechten und räumt uns ein Petitionsrecht ein. Es ist uns erlaubt, uns mit solchen Petitionen an die zuständigen Stellen zu richten… auch an den Bundestag. Nicht mehr und nicht weniger. Es verspricht (und garantiert) nicht, dass unser Anliegen gehört oder unseren Wünschen gar entsprochen wird. Es garantiert auch nicht, dass man sich mit unserem Anliegen überhaupt befasst. Was es uns garantiert: Wir haben keine negativen Folgen zu befürchten, wenn wir ein Anliegen äußern. Wir dürfen das ungestraft tun.
In der ersten Vorlesung in Verfassungsrecht lernt jeder Student: Grundrechte sind in erster Linie Abwehrrechte gegen den Staat. Wir dürfen ungestraft Petitionen einreichen. Das war nicht immer so und das ist nicht überall so. Aber jetzt und in Deutschland gilt das.
Art. 17 GG legt nicht fest, in welcher Form das zu geschehen hat und wie viele Unterstützer (bei „in Gemeinschaft mit anderen“) erforderlich sind. Es legt aber auch, wie gesagt, nicht fest, welche Folgen eine Petition haben muss.
Nun stellt sich die Frage, wozu man überhaupt eine Petition einreichen sollte, wenn es doch für den Staat gar keine Verpflichtung gibt, sich überhaupt mit der Bitte(!) oder Beschwerde zu befassen.
Nun, man könnte jetzt sagen, dass es eh nichts bringt und man sich die Mühe dann besser sparen sollte. Das ist aber zu kurz gedacht.
Obwohl es nicht explizit im Grundgesetz steht, hat der Petent (also derjenige, der eine Petition einreicht) Anspruch auf eine sachliche Prüfung und einen Bescheid (es gibt aber keinen Anspruch auf Begründung) über das Ergebnis der Prüfung. Das wurde vom Bundesverfassungsgericht so entschieden: BVerfGE 2, 225 – Petitionsbescheid
1. Das Grundrecht des Art. 17 GG verleiht demjenigen, der eine zulässige Petition einreicht, ein Recht darauf, daß die angegangene Stelle die Eingabe nicht nur entgegennimmt, sondern auch sachlich prüft und dem Petenten zum mindesten die Art der Erledigung schriftlich mitteilt.
Damit das Petitionsrecht aus dem Grundgesetz überhaupt einen Sinn ergibt, wurde im Grundgesetz an anderer Stelle festgelegt, dass zumindest der Bundestag einen Petitionsausschuss einzurichten hat, der sich um Petitionen kümmert… und auch dass ein Bundesgesetz erlassen werden muss, in welchem die Behandlung von Petitionen geregelt wird.
Art. 45c GG
(1) Der Bundestag bestellt einen Petitionsausschuß, dem die Behandlung der nach Artikel 17 an den Bundestag gerichteten Bitten und Beschwerden obliegt.
(2) Die Befugnisse des Ausschusses zur Überprüfung von Beschwerden regelt ein Bundesgesetz.
Das garantiert noch immer nicht, dass man tatsächlich mit jedem Anliegen Gehör findet und erst recht nicht, dass dem Anliegen nachgegeben wird. Dieser Artikel und das daraus resultierende Bundesgesetz regeln lediglich die Grundlagen für Petitionen am Bundestag.
Im einzelnen sind das folgende Regelungen:
- Gesetz über die Befugnisse des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages (Gesetz nach Artikel 45c des Grundgesetzes)
- Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages §§1-8-112 (IX. Behandlung von Petitionen)
- Grundsätze des Petitionsausschusses über die Behandlung von Bitten und Beschwerden (Verfahrensgrundsätze)
Inzwischen können Petitionen beim Bundestag auf dem Online-Petitionsportal eingereicht werden. Sie werden dann, nach Prüfung, ggf. in dem Portal veröffentlicht und es besteht dort die Möglichkeit der Mitzeichnung durch Dritte. Werden mindestens 50.000 Mitzeichnungen erreicht, so erwirbt man weitere Rechte, die über die Prüfung und den Bescheid hinausgehen. Man erringt damit den Anspruch, als Petent in einer Ausschusssitzung gehört zu werden. Das gilt aber nicht uneingeschränkt. Der Ausschuss kann mit 2/3-Mehrheit beschließen, dass von der Anhörung abgesehen wird.
Fakt ist aber, dass auch eine außerhalb des Portals durchgeführte Petition und eine mit weniger Unterstützungen, geprüft und beschieden werden muss. Nicht nur, aber auch, wenn sie sich an den Petitionsausschuss des Bundestages richtet. Das gilt also auch für alle anderen Petitionen, die sich an andere staatliche Stellen richten.
Trotzdem könnten nun Zweifel aufkommen, ob es sich überhaupt lohnt, Petitionen durchzuführen bzw. nach „Unterschriftensammlung“ einzureichen, wenn es doch eh keinen Anspruch und vielleicht auch kaum eine Chance darauf gibt, dass der Bitte entsprochen wird.
Nun, das kann man so sehen… und/oder sich auch gleich zum Sterben hinlegen. Man kann aber auch den gesunden Hausverstand einschalten und darüber nachdenken, welche Wirkungen und Funktionen Petitionen haben bzw. haben können.
Zunächst wäre da einmal die Funktion, dem Bürger eine Stimme zu geben. Wenn niemand Wünsche oder Bitten äußert, dann erfährt die Politik überhaupt nicht, was das Volk bewegt. Dementsprechend kann sie auch nicht auf die Bedürfnisse der Bürger eingehen.
Mag ja vielleicht sein, dass die Politik sich erstmal gar nicht dafür interessiert, wo den Bürger der Schuh drückt. Aber trotzdem kann eine Petition (in welcher Form auch immer) etwas bewirken. Petenten und Unterstützer sind nämlich Wähler. Nehmen wir nun einmal an, die Dampfer würden eine sachliche, ordentlich formulierte und nachvollziehbare Petition einreichen… sogar außerhalb des offiziellen Online-Portals… bei der die Unterstützer auch nachvollziehbar sind… und es würden alle Dampfer in Deutschland mitzeichnen (nein, nicht die vermeintlichen zwei bis drei Millionen, sondern nur die eher realistischen 500.000). Und nun stehen ja bald Bundestagswahlen an. Die Partei XY hängt in den Umfragen bei 4.5%, würde also an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Derzeit gibt es ca. 60 Millionen Wahlberechtigte in Deutschland. Der Partei fehlen also im Höchstfall (bei der fiktiven Wahlbeteiligung von 100% 😀 ) 300.000 Stimmen, um in den Bundestag einzuziehen. Für sie wären also die Dampfer durchaus eine relevante Masse.
Klar… sie müssen mitbekommen, dass es die Petition überhaupt gab. Das liegt in der Verantwortung der Petenten. Das ist kein Selbstläufer. Man muss schon ein wenig Lärm um die Sache machen… selbst, wenn eine eingereichte Petition negativ beschieden wird… egal. Diejenigen, die (wieder-) gewählt werden wollen, haben schon offene Augen und Ohren, denn es geht mit einer Wahl auch immer um gut bezahlte Jobs. Und um Macht. Und um Einfluss und Kontakte, die einem nach einer späteren Abwahl ggf. auch ein sorgenfreies Leben garantieren.
Selbst wenn sich nun eine Partei auf die Sache stürzt, die letztlich bei der Wahl doch durchfällt oder die nicht in Regierungsverantwortung kommt… das Anliegen ist erstmal dort angekommen, wo es ankommen soll… z.B. im Parlament. Und damit erhöht man die Wahrscheinlichkeit, dass man auch von anderen dort mir seinem Anliegen wahrgenommen wird.
Klar… das sind alles keine Garantien, aber gute Argumente, es ggf. doch zu versuchen. Es nicht zu versuchen, bedeutet, dass man schon „verloren“ hat.
Und… NEIN, man braucht keine Rechtsanwälte, um eine ordentliche Petition an den Start zu bringen. Grundrechte gelten für alle und gemäß Art. 3 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Niemand darf benachteiligt werden. Es wäre ja schlimm, wenn sie nur Petitionen von hochgebildeten Menschen entgegennehmen und sachlich prüfen würden. Sofern das Anliegen verständlich formuliert ist, sind die Grundvoraussetzungen erfüllt. Es gibt auch keine Rechtschreibnoten. Wäre es anders, hätten ja eh nur noch sehr wenige überhaupt die Möglichkeit, Petitionen einzureichen… denn nicht ohne Grund gibt es immer mehr Texte in einfacher Sprache. 😉
Also… Petitionen — auch zum Thema Dampfen — können sinnvoll sein und etwas bewirken. Selbst wenn sie auf alternativen Plattformen durchgeführt werden (z.B. openpetition.org… aber nicht change und Konsorten). Und auch dann, wenn sie ein bestimmtes Quorum nicht erreichen. Wichtig ist, dass die Verantwortlichen davon erfahren, dass es da etwas gibt. Petitionen sind sinnvoll, auch wenn es gestammelte Videos gibt, in denen das Gegenteil behauptet wird.
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