Erinnerung tut not

Die TPD3 wirft ihre düsteren Schatten voraus. Seit Monaten vernimmt man, wenn man genau zuhört, seltsame Ideen für eine weitere Regulierung des E-Dampfens. Teilweise subtil in Aussagen eingeflochten, teils recht direkt formuliert, werden direkt oder indirekt die Vorstellungen der WHO zu ENDS/ENNDS (so nennen sie unsere mobilen Liquidzerstäuber… mit und – bei der Abkürzung mit dem extra „N“ – auch ohne Nikotin) ausgesprochen, die man in einem, im Vorlauf zur FCTC COP-9 erstellten, Dokument nachlesen kann.

Als Sahnehäubchen wurde nun auch noch der SCHEER-Report zum E-Dampfen veröffentlicht. Dieser Report ist quasi die Arbeitsgrundlage für die Überarbeitung der TPD2 (im Volksmund „TPD3“) und lässt nichts gutes ahnen.

Nun gab es einige gut geschriebene Artikel, die auf die drohenden Gefahren und die offensichtliche Gleichgültigkeit innerhalb der Dampfer-Szene aufmerksam machen und durchaus geeignet sind, die Leute vielleicht aufzurütteln.

Ich schnappe aber hier und dort auf, dass bei vielen die Meinung vorherrscht, man könne ohnehin nichts machen, nichts abwenden. Das jedoch ist ein Trugschluss.

In einem ansonsten wirklich gut geschriebenen (würde ich glatt so unterzeichnen) Artikel wurde auf die Entstehung der TPD2 hingewiesen und behauptet, es sei seinerzeit zu schwarz gemalt worden und fälschlich von einem faktischen Verbot des E-Dampfens geredet wurden. Es sei alles nicht so schlimm gewesen und die TPD2 sei dementsprechend nicht vernichtend geworden.

Nun, hier irrt der Verfasser, es sei denn er verwechselt dies mit der Aufregung über die Umsetzung der TPD2 in den EU-Mitgliedsstaaten (insb. in Deutschland) oder die Erinnerung ist getrübt bzw. nicht vorhanden. Während die TPD2 auf den Weg gebracht wurde, drohte tatsächlich das Ende des E-Dampfens. Es ist nicht so, dass die TPD2 in annähernd der Form, in der sie dann erlassen wurde, die ursprüngliche Regulierung war. Bereits Dezember 2012 wurde ein Vorschlag für die Richtlinie ins EU-Parlament gebracht. Und die hatte genau das o.g. Potenzial.

Der Begriff „elektronische Zigarette“ tauchte in dem Vorschlag noch gar nicht auf. Trotzdem waren unsere Dampfgeräte erfasst. Sie fielen unter die Gruppe der „nicotine-containing products (NCP)“.

’nicotine-containing product‘ means a product usable for consumption by consumers via inhalation, ingestion or in other forms and to which nicotine is either added during the manufacturing process or self-administered by the user before or during consumption;

„nikotinhaltiges Erzeugnis“: ein Erzeugnis, das vom Verbraucher durch Einatmen, Verschlucken oder in anderer Form konsumiert werden kann und dem Nikotin entweder während des Herstellungsprozesses zugesetzt oder vom Verbraucher vor oder während des Konsums selbst beigegeben wird;

Article 18

Nicotine-containing products

1. The following nicotine-containing products may only be placed on the market if they were authorised pursuant to Directive 2001/83/EC:

(a) products with a nicotine level exceeding 2 mg per unit, or
(b) products with a nicotine concentration exceeding 4 mg per ml or
(c) products whose intended use results in a mean maximum peak plasma
concentration exceeding 4 ng of nicotine per ml.


2. The Commission shall be empowered to adopt delegated acts in accordance with Article 22 to update the nicotine quantities set out in paragraph 1 taking into account scientific developments and marketing authorisations granted to nicotine- containing products pursuant to Directive 2001/83/EC.


3. Each unit packet and any outside packaging of nicotine-containing products below the thresholds set out in paragraph 1 shall carry the following health warning:

This product contains nicotine and can damage your health.


4. The health warning referred to in paragraph 3 shall comply with the requirements specified in Article 10(4). In addition, it shall:

(a) be printed on the two largest surfaces of the unit packet and any outside packaging;
(b) cover 30 % of the external area of the corresponding surface of the unit packet and any outside packaging.


That proportion shall be increased to 32 % for Member States with two official languages and 35 % for Member States with three official languages.

5. The Commission shall be empowered to adopt delegated acts in accordance with Article 22 to adapt the requirements in paragraphs 3 and 4 taking into account scientific and market developments and to adopt and adapt the position, format, layout, designand rotation of the health warnings.

Dazu wird ausgeführt:

Nicotine containing products (NCP)

NCP fall outside the scope of Directive 2001/37/EC and Member States have so far taken different regulatory approaches to address these products, including regulating them as medicinal products, applying certain provisions that are used for tobacco products or having no specific legislation.

The proposal stipulates that NCP that either have a nicotine level exceeding 2 mg, a nicotine concentration exceeding 4 mg per ml or whose intended use results in a mean maximum peak plasma concentration exceeding 4 ng per ml may be placed on the market only if they have been authorised as medicinal products on the basis of their quality, safety and efficacy, and with a positive risk/benefit balance. NCP with nicotine levels below this threshold can be sold as consumer products provided they feature an adapted health warning. The nicotine threshold identified in this proposal has been established by considering the nicotine content of medicinal products (Nicotine Replacement Therapies, NRTs) for smoking cessation which have already received a market authorisation under the medicinal products‘ legislation.

The proposal removes current legislative divergence between Member States and the differential treatment between Nicotine Replacement Therapies and Nicotine Containing Products, increases legal certainty and consolidates the on-going development in Member States. It also encourages research and innovation in smoking cessation with the aim of maximising health gains. Given the novelty and rapid increase of the NCP market as well as their addictive and toxic character there is an urgency to act, before more people – unaware of the content and effects of these products – inadvertently develop a nicotine addiction.

The labelling requirement set out in this proposal for NCP containing nicotine below the identified threshold will better inform consumers about the health risks associated with the products.

Damit wurde klargestellt, dass nikotinhaltige Produkte (also insbesondere auch unsere E-Dampfgeräte bzw. die Liquids) mit mehr als 2 mg Nikotin pro Einheit, mehr als 4 mg Nikotin pro ml Liquid oder die für eine maximale Plasmakonzentration von 4 ng pro ml sorgen, Medizinprodukte sind und nur Produkte unterhalb dieser Grenzen frei als Kosumentenprodukte verkauft werden dürfen. Letztere müssen dann auch noch einen Warnhinweis tragen und es besteht die Möglichkeit, einzelne Produkte per delegiertem Rechtsakt zu verbieten.

Heute könnte man mit 4 mg/ml Nikotin durchaus den Umstieg schaffen. Die Geräte sind inzwischen leistungsfähig genug, aber 2012/2013 steckte die Entwicklung noch in den Kinderschuhen. Das durchschnittliche Einsteigergerät bot eine Leistung von fünf bis sieben Watt und die Mehrzahl der E-Dampfgeräte erlaubte „restriktives MTL“. Nicht lachen jetzt… ist nicht komisch… aber bei vielen Dampfgeräten hatte man das Gefühl, eine Erbse durch einen Strohhalm zu ziehen. Es kam nicht viel Dampf und der Throat-Hit hing auch von der Nikotinkonzentration ab. Die gängigsten Liquids kamen in den Stärken 32 mg/ml, 24 mg/ml, 18 mg/ml, 16 mg/ml und 8 oder 9 mg/ml daher. Es gab zwar auch geringer dosierte. Die aber waren wohl eher für dies endgültige „Ausschleichen“ und den kompletten Nikotinverzicht gedacht.

Dass wir heute über leistungsfähige und erfolgversprechende Produkte verfügen, liegt darin begründet, dass das E-Dampfen eine Erfolgsgeschichte wurde. Es klappte mit dem Umstieg, es entstand ein wachsender Mark, der für die rasante Weiterentwicklung gesorgt hat. Wäre es nicht möglich gewesen, mittels E-Dampfgeräten das Tabakrauchen einzustellen, wäre dieser Markt nicht entstanden und es hätte, mangels Nachfrage und Umsatzmöglichkeiten, keine Weiterentwicklung gegeben.

Und mit den 4 mg/ml aus dem ersten Entwurf zur TPD2 wäre genau das eingetreten! Mit der damaligen Hardware wäre es bei der geringen Nikotindosis ein Reinfall geworden. Es wäre damit genau das erreicht, was als erstrebenswert angesehen wurde… das E-Dampfen wäre zum Rohrkrepierer geworden.

Nun war zu der Zeit schon eine recht aktive Dampfer-Szene entstanden, die das nicht so hinnehmen wollte. Es gab auch andere Protagonisten, die sich dafür stark gemacht haben, die Katastrophe abzuwenden (Wissenschaftler, politisch Aktive und Konsumentenvereinigungen). Sie führten damals schon Aufklärungsarbeit durch, machten sich öffentlich stark und kontaktierten von allem Mitglieder des Europaparlaments, wodurch es gelang auch einige Parlamentarier auf unsere Seite zu ziehen. Das führte letztlich dazu, dass der Vorschlag bei der Abstimmung am 08.10.2013 durchfiel und an den Trilog (Trilog ist ein Dreiertreffen der Europäischen Kommission, dem Rat der Europäischen Union und dem Europaparlament) übergeben wurde, um ihn kompromissfähig zu überarbeiten.

Während der Trilog-Gespräche führten die Interessensgruppen ihre Arbeit weiter und es kam letztlich 2014 zu dem TPD2-Entwurf, der beschlossen wurde. Auf dem Weg dahin wurden noch einige andere, untragbare Regelungen abgewendet.

Also… es ist NICHT so, dass wir nichts gegen solche Regulierungen machen können. Klar ist die TPD2 in der gültigen Form voller (teilweise widersinniger) Einschränkungen, aber es konnte auf jeden Fall verhindert werden, dass das Dampfen in Grund und Boden gestampft wurde. Und das gelang damals aus einer wesentlich schwächeren Position heraus. Es wurde sehr viel auf der emotionalen Ebene argumentiert, weil seinerzeit die Studienlage nicht so gestaltet war, dass man viele handfeste Gegenargumente gehabt hätte. Die meisten Studien waren gegen das Dampfen gerichtete Bullshit-Studien. Korrekt durchgeführte Studien, die letztlich die Argumente gegen das Dampfen widerlegten, musste man mit der Lupe suchen. Also wurde einfach Aufmerksamkeit erzeugt und mit Testimonials gearbeitet. Und das hat gefruchtet.

Heute befinden wir uns in einer weitaus komfortableren Situation. Die Studienlage ist weitaus besser geworden und in vielen wichtigen Bereichen ist es inzwischen angekommen, welche Chance das E-Dampfen im Sinne der Tobacco Harm Reduction ist… auch in der Wissenschaft und der Politik.

Nun aber steht das E-Dampfen wiederum vor dem Aus. Nikotinfreie Produkte sind nikotinhaltigen inzwischen weitgehend gleichgestellt. Die Werbung steht vor dem Verbot (schon beschlossen), was sich aber nicht nur auf die Werbung im „klassischen Sinne“ (auf die könnte man verzichten… die findet, wenn überhaupt, eh nur durch Big-T statt) bezieht, sondern auch ernsthafte Auswirkungen auf die gesamte Szene haben wird.

Es drohen Leistungsbeschränkungen (bei 25 Watt ist Schluss), sowie ggf. massive Aromeneinschränkungen. Zustätzliche Steuern sind ebenfalls angedacht und eine weitere Gleichstellung des Dampfens mit dem Rauchen… um vor „Passivdampf“ zu schützen. Auch das Verbot des grenzüberschreitenden Versandhandels (Privatimport… auch aus der EU) ist angedacht. Insgesamt kann das die Szene, aber vor allem auch die Wirtschaft im Bereich des Dampfens durcheinanderwirbeln und dafür sorgen, dass das Dampfen auf seine Erfolgsweg nun doch noch zur Strecke gebracht wird.

Gestützt werden diese Pläne nun durch den erwähnten SCHEER-Report.

Damit wird die größte Chance für viele Raucher, die Tabaksucht loszuwerden, beseitigt. Gesundheitspolitisch blanker Irrsinn. Die eingefleischten Dampfer werden immer Mittel und Wege finden, ihren Genussmittelkonsum weiterzuführen. Eine wesentlich größere Gruppe aber wird dadurch wahrscheinlich zurück zum Rauchen getrieben und unzähligen Tabakrauchern wird die Chance auf einen Tabakstopp genommen.

Aber… wir haben gesehen… wir können DOCH etwas tun. Ganz so hilflos sind wir nicht… und wir sollten es unbedingt versuchen, denn wer jetzt schon aufgibt, hat auch jetzt schon ver-lo-ren.

Ich hoffe, dass die Szene endlich aufwacht, sich an „alte Schlachten“ (ja… klingt blöd… soll es auch… volle Absicht 😀 ) erinnert und aktiv wird. Einzeln, gemeinsam mit anderen oder in einer Organisation. Diejenigen, die letztlich über das Dampfen entscheiden sind erreichbar… also lasst sie uns auch erreichen! Schaut mal hier… ein „historischer“ Artikel, der vom Grundprinzip aber gerade jetzt wieder aktuell ist… und ein (nicht der einzige) Weg, der erfolgreich war: EU draft Tobacco Products Directive- who to write to and what to say (a short guide) von Clive Bates

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