Was ist erstrebenswert? Stöver: Nikotinabstinenz!
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Es wird Zeit für mich, mal die gelben Bücher aus dem Regal zu schmeißen. Die von und mit Dr. H. Stöver.
Ganz frisch in der Medical Tribune ist ein Artikel erschienen:
E-Zigaretten – Löst sich die Abhängigkeit in Rauch auf?
Dieser Artikel ist fein rund um einen Artikel von Stöver selbst gestrickt und spricht einige (aber nicht alle) für ihn wichtigen Kernpunkte zum Thema Raucherentwöhnung durch die E-Zigarette an.
Im Sinne der Schadensminderung ist es bereits heute tatsächlich vernünftig, auch auf die E-Zigarette zu setzen, anstatt die sofortige und totale Nikotinabstinenz erzwingen zu wollen.
Hier schwingt schon mit, dass in seinen Augen das eigentliche Ziel die Nikotinabstinenz ist. Weil die aber schwer sofort erreichbar sei, wäre es vernünftiger, das E-Dampfen als Ersatz für das Tabakrauchen zu empfehlen.
Das Beibehalten liebgewonnener Rituale, die vertraute Handhabung und die Gemeinsamkeiten der herkömmlichen Tabakerzeugnisse und elektronischen Zigaretten erleichtern den Rauchern den Umstieg, reduzieren Entzugserscheinungen und führen zu geringeren Abbruchquoten als etablierte Entwöhnungstherapien.
Damit spricht er die Punkte an, die beim Umstieg auf das Genussmittel E-Dampfen dazu führen, dass viele Umsteiger damit erfolgreich auf das Tabakrauchen verzichten können, also einen Rauchstopp im eigentlichen Wortsinn erreichen.
Diese eigentlich positive Aussage reißt er aber mit dem Hintern gleich wieder ein…
Genau diese Ähnlichkeiten können jedoch den endgültigen Ausstieg hinauszögern oder gar verhindern, gibt der Autor zu bedenken: Rund 80 % der Nikotinabhängigen dampfen nach einem Jahr noch immer E-Zigaretten und erreichen keine vollständige Karenz. Das habe – insbesondere bei fortgesetztem Gebrauch – gesundheitliche Folgen über die Nikotinaufnahme hinaus, betont der Kollege. Schließlich enthält der inhalierte Dampf aus den E-Zigaretten gleichfalls Schadstoffe.
Hier bedauert er, dass die meisten Umsteigen auf das E-Dampfen den Nikotinkonsum nicht einmal nach einem Jahr einstellen, sondern fröhlich (und ohne Gesundheitsschädigung) weiter dampfen. Gänzlich unwissenschaftlich dann der Hinweis auf „Schadstoffe“ im Aerosol. Herr Dr. Stöver… NICHTS ist frei von Schadstoffen. Nicht einmal die Luft, die Sie selbst ausatmen. Auf die Menge kommt es an. Und die liegt in Bereichen unter jeglichen spezifischen Grenzwerten.
Was Sie machen, nennt sich Framing. Einfach mal ein gefährlich klingendes Wort einstreuen, damit die Leute auch schön gehorsam sind und den Nikotinkonsum mittels E-Dampfen vielleicht doch einstellen.
Bisher besteht weder Klarheit über die genaue Zusammensetzung der Gemische, noch über die gesundheitlichen Gefahren, die von den Liquids ausgehen.
Jau, da ist noch gar nichts erforscht… und keiner weiß, was in den Liquids so drin ist. Klingt schon fast wie von „Monika“… und ist sehr retro!
Einige Studien zeigen, dass die E-Zigaretten die Rauchentwöhnung ähnlich effektiv begleiten können wie eine Nikotinersatztherapie mit Pflaster, Kaugummi oder Spray, erklärt der Wissenschaftler.
Die Studien gefallen ihm… E-Dampfen als medizinische Therapie mit ärztlicher Begleitung. Ein Traum…
Eigentlich reicht das schon… aber ich steh ja auf das Übelkeitsgefühl, das solche Ausführungen bei mir erzeugen… also habe ich mir seinen Artikel Diversifizierung der Rauchentwöhnungsprogramme – die Rolle der E-Zigarette, auf welchem der o.g. Artikel beruht, reinzuziehen.
Jetzt muss ich aufwischen! Vielen Dank!
Ich spare mir Kommentare zu folgenden ausgewählten Zitaten (Hervorhebungen durch mich):
Zwar besitzt die E‑Zigarette auch ein gewisses Schadenspotenzial, insbesondere dann, wenn der Nikotinkonsum unnötig verlängert wird.
Hier wird vor allem die Vergleichbarkeit von E‑Zigaretten mit anderen nikotinhaltigen Ausstiegsprodukten wie Nikotinersatztherapien (NET) diskutiert werden.
Um einen langfristig erfolgreichen Rauchstopp zu erreichen, erscheint es jedoch sinnvoll, in einem ersten Schritt die bisherige Nikotinquelle (in den meisten Fällen die Tabakzigarette) durch eine weniger schädliche Quelle (z. B. E‑Zigarette) zu ersetzen, anstatt eine unmittelbare Tabak- und Nikotinabstinenz anzustreben. Durch diese Vorgehensweise soll die gesundheitliche Belastung durch die Verbrennungsstoffe der Tabakzigarette umgehend reduziert werden. Nach dieser Handlungslogik werden auch Nikotinpflaster oder Nikotinkaugummis zeitlich begrenzt verschrieben: Nicht der Rauchstopp, sondern die Schadensminderung ist dabei das erste Behandlungsziel.
Grundsätzlich kann auch die E‑Zigarette auf diese Art und Weise funktionieren: Sie ersetzt die schädliche Nikotinaufnahme in Form der Tabakzigarette durch eine weniger schädliche Nikotinquelle. Auch sie könnte in einem klar definierten Zeitraum und innerhalb eines fest definierten Verfahrens eingesetzt werden.
Auch die Rituale des Rauchens können bei weniger Schadstoffaufnahme in Teilen übernommen werden. Dies wird allerdings auch teilweise kritisch gesehen, da durch die ähnliche Haptik eine vollständige Nikotinentwöhnung schwieriger werden könnte. Es besteht die Befürchtung, dass der Nikotinkonsum nur reduziert, aber nicht komplett aufgegeben wird.
Aktuell ist es jedoch noch unklar, welche gesundheitlichen Langzeitfolgen aus dem dauerhaften Konsum von E‑Zigaretten in Hinblick auf ihren Nikotingehalt resultieren. Zwei Metastudien zeigen auf, dass der langfristige Nikotinkonsum mit diversen negativen gesundheitlichen Effekten assoziiert ist.
Neben dem weiteren Konsum von Nikotin wird auch die fortgesetzte Schadstoffexposition in Form von Aerosolen kritisch gesehen.
Aber auch hier sind die Langzeiteffekte noch nicht ausreichend untersucht und verstanden worden. Die bisherigen Erkenntnisse am Menschen und am Tier deuten zumindest darauf hin, dass auch durch die Aerosole weiterhin eine gewisse Gesundheitsgefahr ausgehen kann.
Es lässt sich festhalten, dass die E‑Zigarette durchaus das Potenzial besitzt, als Instrument zur Schadensminderung eingesetzt zu werden. Ähnlich wie bei etablierten NET (z. B. dem Nikotinpflaster) wird dabei die schnellstmögliche Tabakabstinenz gegenüber der Nikotinabstinenz in der Behandlung priorisiert.
Es muss jedoch beachtet werden, dass die E‑Zigarette nicht schadstofflos ist und auch hier negative gesundheitliche Effekte möglich sind.
Die aktuelle Literatur deutet zudem darauf hin, dass E‑Zigarettennutzer sukzessive den Nikotingehalt ihres E‑Zigarettenliquids senken und somit langfristig ihre Nikotinexposition verringern.
Allerdings weisen einzelne Studien auch darauf hin, dass der reduzierte Nikotingehalt durch erhöhtes Dampfen ausgeglichen wird, wodurch keine lineare Senkung der Nikotinaufnahme erreicht wird. Gleichzeitig verursacht dies eine erhöhte Exposition gegenüber im Dampf enthaltenen Schadstoffen.
Die Ergebnisse werden jedoch dahin gehend von der Fachwelt kritisch eingeordnet, dass etwa 80 % der Personen, die mithilfe der E‑Zigarette den Tabakkonsum aufgegeben hatten, auch nach einem Jahr noch E‑Zigaretten konsumierten und somit keine vollständige Nikotinabstinenz erreicht wurde. Bei NET war der Prozentsatz mit 9 % der Probanden, die auch nach einem Jahr auf das Produkt (NET) zurückgriffen, deutlich niedriger.
Anhand der vorliegenden Forschungsergebnisse muss erneut die Frage gestellt werden, ob man aus gesundheitspolitischen Überlegungen weiterhin direkt eine komplette Nikotinabstinenz erreichen und dabei eine hohe Abbrecherquote riskieren möchte. Alternativ könnte man sich in einem ersten Schritt darauf konzentrieren, die Schadstoffexposition eines jeden Rauchers zu minimieren und erst anschließend einen kompletten Nikotinentzug anzustreben.
Es zieht sich wie ein roter Faden durch den gesamten Text: E-Dampfen als medizinische Therapie zur Rauchentwöhnung mit dem klaren Ziel, nach einer bestimmten (möglichst kurzen) Zeitphase zu einer kompletten Nikotinabstinenz zu gelangen.
Für mich ist er damit endgültig unten durch (sein Ruf war eh schon angekratzt)!
Also weg mit den gelben Büchern. Sowas möchte ich nicht im Regal zu stehen haben…
Die gehypten gelben Bücher – oh, zu ihnen verkneife ich mir besser jeden Kommentar. Ich glaube (Achtung, subjektive Annahme, es muss nicht stimmen und kann auch ganz anders sein), dass Stöver nur deswegen in Dampferkreisen gefeiert wurde, da er der erste nichtdampfende Mensch aus der Wissenschaft war (mal vom Bernd abgesehen, aber der dampft ja), der die Ex-Raucher mit ihren elektrisch leuchtenden Glimmstängel ernst genommen hatte. Da in der Anfangszeit des Dampfens bis 2016/18 herum die meisten, sagen wir mal höflich, aus prekären Bildungsschichten kamen, fielen sie auf die Bauchpinseleien vermeintlicher Verbundenheit leicht herein und freuten sich einfach wie kleine Kinder, mit Stöver endlich Verständnis aus der ihnen unbekannten bürgerlichen Welt gefunden zu haben.
Es gibt in Deutschland derzeit eigentlich niemanden mehr (bis auf Bernd als Hardcore-Dampfer-Ausnahme), der öffentlich Nikotin als gleichwertig und harmlos wie Koffein betrachtet. Für uns Dampfer wird es schier unmöglich, den um sich greifenden Öko- und Gesundheitswahn als mitlaufendes Schaf moralisch innerlich zuzustimmen und gleichzeitig das Nikotin zu lieben. Man redet es daher selber schlecht, indem betont wird, stets weniger davon zu gebrauchen, um an irgendeinem imaginären Ende dann ganz darauf verzichten zu wollen. Diese Methode der Selbstverleugnung funktioniert aber nur schlecht, grundsätzlich und bei allen Dingen des Lebens, so dass die Dampfer von ihrem Hobby allmählich die Finger lassen und man sie wieder in Grüppchen in Ecken und Winkel verstohlen Zigaretten rauchen sieht. Denn komischerweise wird das versteckte Rauchen gesellschaftlich nach wie vor nur als lässliche Sünde bis hin zur verschworenen Gemeinschaft echter Genussfreude empfunden, das Dampfen hingegen wird geradezu verteufelt.
Diese Schizophrenie findet sich heute bei vielen Themen. Der Anspruch einer sauberen Welt und die Realität passen halt meist genauso wenig zusammen, wie es eben auch keine rein guten und bösen Menschen gibt, da die guten oft in ihren hehren Absichten abgrundtief böse handeln und die bösen nicht selten hilfsbereit und gut sind. Der Mensch ist halt immer beides. Irgendwie. In diesem emotionalen und intellektuellen Wirrwarr war es von Anfang an für viele Dampfer schlicht zu schwierig, sich zurechtzufinden und selber mal genauer nachzulesen, was „der Freund“ Mr. Stöver eigentlich tatsächlich sagt und meint. Das hast du dankenswerterweise mit diesem Artikel nun für sie erledigt.
Papst Bernhardus M.™ hat aber auch keine Zeit und Muße mehr, sich ums Dampfen zu kümmern. Er ist vollauf damit beschäftigt, Impfwerbung zu betreiben und alle, die diesem Hype nicht folgen, als gefährliche Idioten zu labeln. Er macht auch vor Farsalinos (den man durchaus auch kritisch betrachten kann) nicht halt und meint, auch der sei „bei Covid – wie einige andere Wissenschaftler – irgendwann falsch abgebogen“. Deshalb würde er in puncto Dampfen wahrscheinlich zukünftig auch nicht mehr für voll genommen.
Oja, diesen Morast wollte ich bewusst umgehen, aber du hast natürlich völlig recht: wir stehen am Beginn einer Zeitenwende, an der die Wissenschaft sich spaltet in Glaube und Ketzerei. Wie, wann und unter Einbeziehung welcher zukünftiger Irrungen und Wirrungen dieser Weg beschritten wird, ist heute nicht klar abzusehen. Am Ende könnte es aber genau andersherum geschehen, wie von Papst Bernhardus prognostiziert. Beide Fälle wären eher schlecht fürs Renommee des Dampfens – allerdings ist eh fraglich, ob das Dampfen langfristig überhaupt überleben wird. Eine Dampfergemeinschaft wird es sicher nicht.
Hallo Pepe,
erstmal danke für den spannenden Beitrag. Ich würde gerne die Quelle dazu mal nachlesen wo das Stöver sagt. Hast du dazu einen Link?
Dass mit Bernd ist mir auch aufgefallen. Das Thema ist halt lukrativ. Wo hat Bernd Mayer denn was gegen Farsalinos gesagt? Das habe ich gar nicht mitbekommen. Natürlich kann man Farsalinos in einigen Punkten Kritisch betrachten. Das ist bei Bernd aber mit seinem World Vaper Day und paar anderen Dingen nicht anders. Das hast du ja in deinem anderen Blogbeitrag über den Pabst ganz gut dargelegt warum.
Den Artikel von Stövet aus dem Oktober findest Du hier: Diversifizierung der Rauchentwöhnungsprogramme – die Rolle der E-Zigarette (Memento).
Die Aussage zu Farsalinos fand — ganz nebenbei — bei Facebook statt.
„Beide Fälle wären eher schlecht fürs Renommee des Dampfens – allerdings ist eh fraglich, ob das Dampfen langfristig überhaupt überleben wird.“
Ich mach es mal kurz, extrem kurz….
Ja, äh NEIN es wird nicht überleben… Die Zeichen dafür sind klar erkennbar. Nur der ganz harte Kern wird sich dafür noch interessieren. Und dann nur noch im Keller, in der Waschküche auf dem Dachboden…. 😉
Bombus
Die ersten beiden Titel hatte ich damals gekauft, um sie vorzustellen und falls ich sie mal jemandem in die Hand drücken sollte, der Fragen hätte. Gelesen habe ich sie nicht, nur grob überflogen.
Mit mir hatten sie nichts zu tun. Ich wollte eine Alternative ohne Gilb und Gestank und das hatte ich mit der Dampfe gefunden. Punkt.
Die Bücher sind hier im Regal schlichtweg Relikte aus der damaligen Zeit, ebenso wie das schöne Steampunk-Poster (DM 3 2015).
Dort stehen neben funktionierender Reserve auch ein paar Dampfen, die defekt sind, aber irgendwie besonders waren.
@PepeCyb, dass Stöver so tickt, ist uns ja nicht neu. Er wird – passend zum Zeitgeist – noch deutlicher.
Ich meine, uns wurde massiv eine Suchtkrankheit eingeredet. Und das Therapierenwollen begründet allerhand Jobs. …
„Und das Therapierenwollen begründet allerhand Jobs.“ – Des Pudels Kern!
Was habt Ihr erwartet?
Heino Stöver ist … Hochschullehrer. Sozialwissenschaftler. Und Suchtforscher – was auch immer das bei dieser Qualifikation bedeuten mag. Was also habt Ihr von ihm erwartet?!
Die gelben Bücher … jo, Altpapier. Aber doch vor auch deshalb, weil der Mann nicht schreiben kann. Wer langweilt sich denn freiwillig?
Das Dampfen: wird bleiben. Ganz sicher nicht in der Form, wie wir es heute kennen. Aber es ist zu gut und auch zu groß, um einfach unterzugehen.